From Farm to Table“ ist so eine markante Phrase, die gerade überall, nun ja, in aller Munde ist. Es ist natürlich ein Wunschtraum, dass Gemüse direkt vom Feld ohne große Umwege auf dem Tisch landet. Und dass jede Köchin und jeder Koch weiß, wie das Vieh aufwuchs und was es gefüttert bekam.
In Südtirol, diesem Sehnsuchtsfleckchen so einiger Deutscher, gibt es viele kulinarische Vordenker, die Wege gehen, die eine Zukunft haben. Das Publikum weiß immer mehr, wird immer gescheiter, interessiert sich für Zusammenhänge. Für die Schwestern Brigitte, Christina und Daniela Aichner ist das Modewort Nachhaltigkeit eine Selbstverständlichkeit. Der große Gemüsegarten ihres Papas Hans versorgt ihre Gäste in ihrem Hotel Petrus im kleinen Örtchen Reischach mit frischer Ware. Mit Salaten und Radieschen, aber auch mit Gojibeeren und Berg-Artischocken. Und die 500 Rosenstöcke, die die Seniorchefin Gerti hegt und pflegt, sorgen für blumig duftende Dekoration im Haus.
Südtirol
Anreise: Mit dem Zug ab München bis Franzensfeste, weiter mit dem Regionalzug nach Bruneck, www.bahn.de.
Unterkunft: Im Hotel Petrus lädt Seniorchef Aichner einmal die Woche die Gäste in seinen Garten und zeigt, wo das Gemüse und die Blumendeko des Hauses wachsen. DZ ab 280 Euro, www.hotelpetrus.com.
Auch empfehlenswert: Historic South Tyrol Hotel Pragser Wildsee, DZ ab 130 Euro, www.historicsouthtyrol.com
Essen und Einkaufen: Restaurant mit No-Waste-Konzept: Alpinn, alpinn.it/de;
Einen Besuch wert sind das Messner Mountain Museum Corones, www.mess-ner-mountain-museum.it/de, und das Museum für Bergfotografie Lumen auf dem Kronplatz, www.lumenmuseum.it.
In der Natursennerei Unterhuber in Reischach ist Graukäse die Spezialiät, atursennerei-unterhuber.it.
Speck in Bruneck, www.typischtoni.com
Allgemeine Informationen: Südtirol Tourismus, www.suedtirol.info NJA
Der ambitionierte Jungkoch Hannes Baumgartner im Restaurant Kaminstube weiß die kurzen Wege sehr zu schätzen: „Frischer geht es nicht. Und wir wissen hier genau, was wir verarbeiten.“ Auch bei den anderen Lebensmitteln verwendet er nur solche, bei denen er die Produzenten persönlich kennt. Die Forellen für seine grandiose Südtiroler Ceviche kommen aus dem Passeiertal, die Bauernbutter vom Unterhuberhof, die Pilze aus dem eigenen Wald, und der Sauerteigstarter heißt Sammy.
500 Meter entfernt vom Haus sind die Kühe beheimatet
Die Schwestern Aichner, zwischen 36 und 41 Jahre alt, haben sich hier im Pustertal nach und nach ein Netzwerk geschaffen, um Bauern vor Ort zu stärken, um Produkte zu haben, die es eben nur hier gibt - und um die Wege kurz zu halten. Am Beispiel des Joghurts auf dem Frühstückstisch lässt sich dieser kleine Kreislauf gut nachvollziehen. Die Gläschen kommen direkt vom Unterhuberhof in die Küche. Nur 500 Meter entfernt vom Haus sind die Kühe beheimatet. Schönes Tiroler Grauvieh, das noch seine Hörner hat. Es ernährt sich nur von Heu und Wasser, ist an der frischen Luft, die Kälber werden ihren Müttern nicht entzogen. Die Familie Tasser verkauft Milch und Käse nicht mehr an die Industrie, vermarktet alles selbst ab Hof und beliefert das Hotel Petrus mit den Joghurt-gläschen. Rund 1600 im Monat sind das mittlerweile. Eine Erfolgsgeschichte der kleinen Kreislaufwirtschaft.
Noch so eine nachhaltige Erfolgsgeschichte lässt sich hoch oben auf dem Hausberg Kronplatz erzählen, diesem beliebten Skigebiet, wo das Restaurant Alpinn nicht nur einen famosen Bergblick bietet, sondern auch eine Küche, die man an einem solch touristischen Ort nicht erwarten würde: Cola oder Pommes stehen nicht auf der Karte, dafür aber Zwiebeln! Als die Zwiebelernte eines Bauern einmal viel üppiger als sonst ausfiel, dachte man sich ein Gericht aus, damit der Produzent nicht auf der Ware sitzen bleibt. Die Zwiebeln wurden hoch auf den Berg transportiert und dort lässt man sie über Nacht in Asche garen. Und voilà: Eines der bekannten Gerichte des Alpinn ward geboren.
Hier gibt es viele Menschen, die sich dem Genuss verschrieben haben. Einer von ihnen ist Toni Mair unter der Eggen, den alle nur Toni nennen. In Bruneck, diesem schönen Städtchen, das mehr-fach zur „lebenswertesten Kleinstadt Italiens“ gekürt wurde, hat er einen Verkaufsstand am Graben, wo es neben Kastanien und Pilzen vor allem auch seinen Speck gibt. Von den eigenen Schweinen, die im Freien aufwachsen und auch dort geschlachtet werden. Wieder so ein Paradebeispiel von einem kleinen Kreislauf.
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