Wertheim. Von außen ist kaum zu erkennen, dass die Sanierungsarbeiten in der Mühlenstraße in und an den Häusern mit den Nummern 17 und 19 bereits begonnen haben. Doch in Bälde wird die Öffentlichkeit davon Kenntnis nehmen, denn in etwa 14 Tagen wird die Straße für zwei bis drei Wochen nur einspurig befahrbar sein, da die Sicherungsarbeiten an der Außenmauer anstehen. Eine Ampelanlage regelt dann den Verkehr. Wenn keine Frostgefahr mehr besteht, kommt es später erneut zu einer einspurigen Sperrung.
Anker für Stabilität
Im Inneren, das wird bei einem kleinen Rundgang klar, wurde schon kräftig gearbeitet. Schutt und Müll sind ausgeräumt. Vieles ist vorbereitet für den Fortgang. Damit die Häuser in ihrer Stabilität nicht beeinträchtigt werden, folgt im nächsten Schritt eine Stabilisierung der Außenwand zur Straße hin: meterlange Stahlanker werden von dort bis in den rückwärtigen Berg getrieben. Damit wird auch die Ausbuchtung an der Fassade beseitigt, die bei Harald Brode für Sorgenfalten sorgte.
Brode hatte vor knapp zwei Jahren dafür gesorgt, dass die Häuser nicht – wie geplant – abgerissen wurden. Ein norddeutscher Investor hatte die marode Immobilie für wenig Geld erworben und plante nach dem Abbruch den Bau eines Mehrfamilienhauses (wir berichteten). Harald Brode, der sich auf die Rettung von historischen Gebäuden spezialisert hat, wollte das nicht zulassen. Er suchte zusammen mit Edgar Beuchert, dem Chef der Stadtentwicklungsgesellschaft, nach einer Lösung und bekam Unterstützer zusammen, die schließlich eine Interessensgemeinschaft bildeten: In der eigens gründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) namens „IG Winzerhaus“ sind sieben Personen vereint.
Die GbR ist im Grundbuch als Eigentümer eingetragen, so dass die Anteile an dem Objekt einfacher den Besitzer wechseln können – was die Dinge beispielsweise in einem Erbfall vereinfacht.
Immer informiert sein
Bei dem Rundgang durch die heruntergekommenen Häuser wird schnell deutlich, dass Brode selbst kleinste Details bedenkt. Sein Ziel, historische Substanz zu erhalten, plant er akribisch. So befinden sich in einem Zimmer Einbauschränke aus der Barockzeit (Ende des 16. Jahrhunderts bis etwa 1760/70), die von einem Schreiner restauriert werden sollen.
Der untere Teil des Hauses mit der Nummer 19 stammt aus dem Jahr 1349, die beiden Keller seien sicherlich genauso alt, erklärt Brode. Die Kellerräume seien ursprünglich eine Einheit gewesen, im Laufe der Zeit hätten die Nutzer den Keller mit einer Mauer aufgeteilt. Beide Häusern seien zu Beginn ein gemeinsames „Winzerensemble“ gewesen. Den Bau des jetzigen Hauses mit der Nummer 17 datiert Brode auf die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, genauso wie das Obergeschoss des Hauses 19. Hier sind stufige Mansarddächer der Barockzeit aus Frankreich aufgebaut. „Das war damals der letzte Schrei“, erläutert Brode, „ist aber heute nur noch ganz selten“ anzutreffen.
Die aufwendige Dachkonstruktion belege, dass die Weingärtnerhäuser von einigermaßen wohlhabenden Leuten bewohnt wurden. Mit Hilfe des Staatsarchivs werde man hoffentlich Genaueres über die Bewohner auch zu früheren Zeiten erfahren, ergänzt Dieter Kuhnmünch, der sich in der Interessensgemeinschaft um kaufmännische und rechtliche Angelegenheiten kümmert.
Armut konserviert Bausubstanz
Ein großer Vorteil sei, dass die Häuser später eher ärmeren Leuten gehörten. Denn ähnlich wie heute würden reichere Eigentümer historische Elemente entfernen und durch moderne ersetzen. Das spiegele übrigens die Entwicklung in der Main-Tauber-Stadt wider. Vieles sei in Wertheim so gut erhalten, weil während der Renaissancezeit die Stadt mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hatte, meint Brode.
Wann die Sanierung der Häuser abgeschlossen sein wird, kann Harald Brode noch nicht prognostizieren. Zu groß sind die Unwägbarkeiten wegen der derzeitigen Herausforderungen im Baugewerbe. Auf jeden Fall werden dem Wohnungsmarkt über 300 Quadratmeter an zusätzlicher Wohnfläche zur Verfügung stehen.
Das Haus Nummer 19 werde einen Einheit bleiben und fast 130 Quadratmeter bieten. Im Nachbargebäude entstehen drei Einheiten: eine kleine Wohnung mit etwa 36 Quadratmeter plus zwei weitere mit 80 bis 90 Quadratmetern – alles ausgestattet mit schallisolierenden Verbundfenstern.
Hinter dem Haus, am Burgberg, befindet sich ein Garten mit etwa 2000 Quadratmetern, auf drei Terrassen verteilt, mit gutem Boden, „auf dem alles wächst“ und der einen „tollen Ausblick“ bietet, so Brode. Das mache die Wohnsituation attraktiv, so dass es nicht schwierig sein dürfte, Mietinteressenten zu finden.
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