Die Alte Münz wird derzeit von ihren Besitzern liebevoll restauriert – am Tag des offenen Denkmals kann das Gebäude besichtigt werden.
Wertheim. Wer im Moment an der Alten Münz vorbeigeht, erkennt am riesigen Gerüst natürlich sofort, dass hier gearbeitet wird. Doch auf die Straße dringen nur sehr leise Geräusche. Frank Teicke, Harald Brode und Hans Müller-Rodenbach sind gerade auf dem Dach zugange. „Nein, guck, das sind die Ziegel mit nur einer Nase“, während Teicke die alten Ziegel genau unter die Lupe nimmt, bauen die anderen beiden eifrig an einer Fehlstelle. Das Dach dicht zu kriegen, hat gerade oberste Priorität. Die Männer sind nicht nur drei der sechs Eigentümer, sondern ein „bisschen verrückt“, wie sie selbst lachend von sich behaupten. Während andere ihren Urlaub am Strand verbringen, opfern sie jede freie Minute oder gerade ihren Urlaub für die Sanierung der Alten Münz.
Dabei dürfen sie auf den großen Erfahrungsschatz von Harald Brode bauen, der als „Altbau-Enthusiast“ bekannt ist und bereits mehrere Häuser, wie beispielsweise das ehemaligen Beginenkloster in der Mühlenstraße oder das Häuschen in der Schlossgasse, vor dem Verfall rettete und mehrfach mit dem Denkmalschutzpreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde.
Die Alte Münz haben die neuen Besitzer letztes Jahr im Juni gekauft und wollen sie innerhalb der nächsten drei Jahre denkmalgerecht restaurieren und daraus ein echtes Schmuckstück machen, in dem die historische Substanz wieder freigelegt ist. „Wir hoffen damit ein Vorbild zu sein, für den Erhalt anderer Häuser in der Stadt“, sagt Brode. Die Alte Münz scheint eines der ältesten Hauser in Wertheim zu sein. Es dürfte zeitgleich mit der Burg um 1261 gebaut worden sein.
Zurück zum Original
Derzeit werden von den Eigentümern alle Räume wieder in den Originalzustand zurückversetzt. Dabei kommen jeden Tag neue Überraschungen zum Vorschein, beispielsweise wurde beim Ablösen der alten Wandverkleidung noch ein großes Stück des Originalputzes aus dem 13. Jahrhundert entdeckt.
Die in „Pietra Rasa“-Technik ausgeführten Arbeit ist nur eines der Höhepunkte der kostenlosen Führungen zum Tag des offenen Denkmals an diesem Sonntag. An fünf Stationen wird auf die Besonderheiten des Hauses eingegangen, das ein einziges Geschichtslexikon ist. 650 Jahre Baugeschichte spiegeln sich in den Räumen wider und sind damit ein einmaliges Abbild der Stadt. Mit viel Herzblut und Eigenregie wird das Gebäude von den Eigentümern seit April dieses Jahres behutsam zurückgebaut.
Dabei werden sie vom Denkmalschutzamt unterstützt. Brode sieht in der Arbeit der Behörde eine Bereicherung und keine Behinderung. „Die Wohlfühlatmosphäre in so einem Altbau ist viel höher, als in einem neu gebauten Haus, dessen Baumaterialien vielfach über Sondermüll entsorgt werden müssen.“
Bei der Wiederherstellung der Alten Münz achten die Eigentümer deshalb auf die Wiederverwendung alter Baustoffe. So wurden beispielsweise für das Dach historische Ziegel gekauft, zum einen um Schadstellen reparieren zu können und Betondachsteine gegen hart gebrannte Ziegel auszutauschen. Wo so etwas nicht möglich ist, werden natürliche und neutrale Materialien verwendet.
40 bis 50 Anhänger mit Schutt haben die Besitzer schon aus dem Haus entfernt, und noch ist kein Ende abzusehen. Die Mülldeponie in Dörlesberg könnte uns eigentlich einen Jahresrabatt einräumen“, scherzt Brode.
Inzwischen ist vieles sichtbar, was vor einem Jahr noch von dicken Tapetenschichten oder Gipsplatten verdeckt war. Ein Beispiel dafür ist die Säule im früheren Empfangszimmer, die von Peter Vogel geschaffen wurde und ein Paradebeispiel für hervorragende Steinmetzarbeiten der Renaissance ist. „Die Säule war nur zur Hälfte zu sehen, und wir dachten erst sie sei aus Guss“, erzählt Teicke. Das dabei auch freigelegte Stuckelement präsentiert sich mit alten Zunftzeichen. „Eventuell Tuchmacher“, vermutet Teicke.
Das Disco-Zimmer
Das ehemalige „Disco-Zimmer“ im zweiten Stock wurde vollkommen entkernt und zeigt wieder das Originalfachwerk seiner Entstehungszeit.
Die Renovierung so eines Hauses ist gar nicht so teuer, wie es immer vermutet wird, sagt Besitzerin Cornelia Sachs. Wer sich auf das alte Gemäuer einlässt und nicht versucht, ein neues „Regelraster“ einzubringen, könne sogar noch kostengünstiger renovieren.
Inzwischen sind die drei Männer auf dem Dach ein gutes Stück vorangekommen. Doch Zeit, die Aussicht aus schwindelerregender Höhe zu genießen haben sie nicht, denn das nächste Gewitter kündigt sich gerade mit lautem Grollen an.
Der Tag des offenen Denkmals
Die Alte Münz Wertheim, Münzgasse 2, 97877 Wertheim ist am Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 9. September um 10.30, 11.30, 12.30, 14 und 15 Uhr mit kostenlosen Führungen durch die Eigentümer geöffnet.
In Wertheim können im Rahmen des Tages des offenen Denkmals noch der Eichler Hofgarten und das Schlösschen besichtigt werden, sowie das Rathaus, ehemalige Hofhaltung der Fürsten von Löwenstein. Auch hier werden fachkundige Führungen angeboten. mae
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