„Wellcome-Paten“ - Projekt sorgt seit neun Jahren in Wertheim für Hilfe und Unterstützung in Familien mit Neugeborenen / Weitere Paten gesucht

Wertheim: Diakonisches Werk sucht „Wellcome-Paten”

„Wellcome-Paten“ sind Menschen, die Familien ehrenamtlich nach der Geburt eines Kindes unterstützen. Das Diakonische Werk im Kreis sucht weitere Engagierte für dieses besondere Angebot.

Von 
Birger-Daniel Grein
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Ehrenamtliche Paten von „wellcome“, wie Monika Diez (rechts), unterstützen junge Familien in den ersten Lebensmonaten ihres Kleinkinds. Für diese schöne Aufgabe sucht die hauptamtliche Koordinatorin Elke Hauenstein weitere Helfer. © Birger-Daniel Grein

Wertheim. Sie wachen über den Schlaf des Babys, während die Mutter sich erholt, sind Ansprechpartner für beide Elternteile, kümmern sich um Geschwisterkinder oder begleiten den frisch gebackenen Vater oder die Mutter von Zwillingen zum Beispiel zum Arzt. Die ehrenamtlichen Helfer von „wellcome“ entlasten Eltern von Neugeborenen ganz individuell und je nach Anforderung praktisch im Alltag. Mit ihrem Einsatz begleiten sie Familien durch die ersten Monate nach der Geburt des Babys.

In Wertheim startete das „wellcome-Projekt“ vor neun Jahren. Von Anfang an als Ehrenamtliche dabei ist die heute 67-jährige Monika Diez. Im FN-Gespräch berichtete sie, wie sie und ihr Mann ihre vier Kinder ohne Unterstützung von Großeltern großgezogen haben.

„Als eine Freundin mir anbot, meine Kinder zeitweise zu betreuen, war das für mich eine Erleichterung“, blickte sie zurück. Sie liebe ihre Kinder, doch manchmal wünschte man sich eine Entlastung. „Ich habe gespürt, wie gut mir die Hilfe meiner Freundin tat. Dieses Gefühl wollte ich auch anderen Familien ermöglichen“, sagt Diez über die Gründe ihres Engagements bei „wellcome“.

Das „wellcome-Projekt“

Gründer und bundesweiter Koordinator des „wellcome-Projekts“ ist die gemeinnützige wellcome gGmbH mit Sitz in Hamburg. Diese unterstützt beim Aufbau der „wellcome-Angebote“ vor Ort, schult die hauptamtlichen Koordinatoren, unterstützt deren Arbeit beratend und durch die Bereitstellung von Informationsmaterial.

„Wellcome-Pate“ kann jeder Volljährige werden, der Spaß am Umgang mit Kindern hat und offen gegenüber neuem ist, unabhängig vom Geschlecht.

Für den Einsatz muss ein erweitertes Führungszeugnis vorgelegt werden.

Die Paten werden durch Treffen und Beratung unterstützt. Zudem gibt es regionale Fachvorträge zu verschiedenen Themen rund ums Kind. Die wellcome gGmbH bietet unterschiedliche Fachvorträge online an. Fahrtkosten werden übernommen.

Projektträger im Main-Tauber-Kreis ist das Diakonische Werk. Die Finanzierung der Personalkosten der hauptamtlichen Koordinatorin sowie der Sachkosten erfolgt durch mehrere Geldgeber. Das Projekt wird über den Fachbereich „Frühe Hilfen“ des Landratsamt Main-Tauber-Kreis unterstützt, die Familien zahlen einen einkommensabhängigen geringen Anteil und das Diakonische Werk im Main-Tauber-Kreis übernimmt Kosten. Zudem gibt es eine Spendenbox über den Flaschenpfand im Edeka Bestenheid für das Projekt.

Seit neun Jahren gibt es das „wellcome-Projekt“ in Wertheim. Seither wurden insgesamt 56 Familien mit insgesamt 86 Kindern durch das Projekt unterstützt. bdg

Der erste Einsatz

An ihren ersten Einsatz kann sie sich noch gut erinnern: eine alleinerziehende Mutter von Zwillingen kurz nach der Geburt. „Ich habe auf die Kinder aufgepasst, so dass die Mutter mal Zeit für sich hatte einfach mal ruhig schlafen konnte.“ Das war natürlich nicht der einzige Einsatz von Monika Diez. Eine Familie, die nach und nach vier Kinder bekam, hat sie jahrelang unterstützt. „Die Eltern, denen ich geholfen habe, waren unendlich dankbar einmal Zeit für sich zu haben, zum Beispiel um einfach einmal in Ruhe die Wäsche zu bügeln oder duschen zu können – ohne sich Sorgen um das Kindmachen zu müssen.“

Auch um ältere Geschwisterkinder habe sich Diez im Lauf der Jahre gekümmert. „Die Kinder freuen sich immer über den Besuch der Paten, weil sie Zeit mit ihnen verbringen.“ Sie selbst habe die Erlebnisse mit den Kindern natürlich auch genossen. So habe sie beim Kakao trinken mit einem fünfjährigen Geschwisterkind den Alltag kurz vergessen und beim „Räuber und Gendarm“ spielen wieder Kind sein können.

Bei ihrem Engagement sei sie mit ganzem Herzen dabei, so Diez. „Es tut gut, jemandem Freude zu bereiten und die Dankbarkeit für meine Hilfe zu spüren.“ Zu manchen der unterstützten Familien habe sie auch heute noch, lange nach der eigentlichen Unterstützung, gute Kontakte.

Elke Hauenstein ist beim Diakonischen Werk im Main-Tauber-Kreis hauptamtliche Koordinatorin des „wellcome-Projekts“. „Viele der Ehrenamtlichen berichteten, sie haben Freude daran, einen Säugling zu versorgen.“ Außerdem sei es ein schönes Gefühl, Müttern beim ersten Kind mit der eigenen Erfahrung helfen zu können, zitierte Hauenstein weitere Rückmeldungen.

Die verantwortungsvolle Aufgabe als „wellcome-Pate“ geht auch mit einigen Herausforderungen einher. „Man muss sich auf jede Familie und deren Ansicht einstellen“, so Diez. Hauenstein fügte hinzu: „Für diese Bereitschaft, sich auf die immer neuen Herausforderungen einzulassen, bewundere ich meine Ehrenamtlichen.“ Die Helfer werden von der hauptamtlichen Koordinatorin unterstützt.

Wie hilfreich diese Unterstützung ist, davon konnte Monika Diez berichten. Gut gefallen ihr neben den Fachvorträgen vor allem auch die Treffen der Ehrenamtlichen, die nicht nur der Begegnung dienen sondern zum regen Austausch genutzt werden.

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Die Paten erhalten für ihre Einsätze eine Fahrtkostenerstattung. Zudem sind sie über das Diakonische Werk unfall- und haftpflichtversichert. Die Koordinatorin betonte: „Der Wunsch nach Unterstützung durch ’wellcome-Paten’ kommt von den Familien selbst.“

Aktuell gehören dem „wellcome-Team“ in Wertheim fünf Frauen an. Die meisten davon sind über 50 Jahre, eine Patin ist sogar unter 30 Jahre. Die Mehrheit hat oftmals schon erwachsene Kinder. „Selbst Kinder zu haben ist aber keine Voraussetzung für einen Pateneinsatz“, betonte Hauenstein. In Wertheim unterstütze man aktuell drei Familien. „Allerdings sind die Hilfen auch erst seit diesem Sommer wieder möglich. Wegen der Corona-Einschränkungen hatten wir eine lange Zwangspause.“ Elke Hauenstein gehe nun von einer steigenden Zahl an Anfragen nach Unterstützung aus.

„In den letzten Jahren haben wir durchschnittlich sechs Familien betreut.“ Damit dies möglich ist, sucht „wellcome“ dringend weitere Ehrenamtliche. „Insgesamt acht bis zehn Personen, die sich einbringen wollen, wären gut.“ Zum einen sei das Einsatzgebiet regional recht groß, so dass man gern Ehrenamtliche aus verschieden Orten hätte. Zum anderen hätten die Paten auch nicht ständig Zeit. „Im Regelfall betreut jeder Pate nur eine Familie und jede Familie hat einen Paten.“

Willkommen seien Ehrenamtliche unabhängig vom Geschlecht. Sie sollten an ein bis zwei Tagen pro Woche insgesamt zwei bis sechs Stunden wöchentlich für die Einsätze Zeit haben. „Die Ehrenamtlichen werden nach ihren Möglichkeiten eingesetzt.“ Ein Einsatz in der Familie erstreckt sich normaler Weise über drei bis sechs Monate. Die konkreten Einsatzzeiten stimmen die Helfer und Familien miteinander ab.

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