Wertheim. Die einzelnen Bundesländer sollen in Zukunft wesentlich mehr Flächen als Standorte für Windkraftanlagen (WKA) bereitstellen. Das Bundeskabinett brachte vor wenigen Tagen einen Gesetzesentwurf auf den Weg, der zum Ziel hat, dass im Jahr 2032 zwei Prozent der Fläche in Deutschland für die Nutzung von Windenergie ausgewiesen sind. Bis 2026 sollen es bereits 1,4 Prozent sein.
Am Montagabend beschäftigte sich der Gemeinderat mit einer möglichen Form des Ausbaus auf Wertheimer Gemarkung. Den Mitgliedern des Ausschusses für Bauwesen und Umwelt wurde das Modell eines Bürgerwindparks am Heegwald vorgestellt.
Die Volta Windkraft GmbH mit Sitz in Ochsenfurt hat für diesen Standort erste Vorschläge zusammengetragen, die der Geschäftsführer Karsten Schuster dem Gremium offerierte. Das Unternehmen hat sich auf die Umsetzung der Nutzung von Windenergie spezialisiert und betreibt bereits mehrere Projekte, darunter auch drei Windkraftanlagen im Windpark Höhefeld.
110 000 Megawattstunden im Jahr
Rund um die Mülldeponie Heeg könnten in Zukunft auf rund 120 Hektar dem Entwurf entsprechend mindestens drei und bis zu neun Windkraftanlagen errichtet werden.
„Diese Fläche bietet sich an. Durch die Deponie und ein Photovoltaikfeld wird die Infrastruktur gebündelt“, so Schuster. Die Höhe der Anlagen soll etwa 250 Meter betragen, die Nabenhöhe würde dann in 170 Metern Höhe sein und der Rotor einen Durchmesser von 170 Metern haben. Die Leistung der Anlage bezifferte Schuster auf 4,2 Megawatt bei sechs Anlagen und maximal sechs Megawatt. Bei sechs Anlagen könnte der Windpark bis zu 70 000 Megawattstunden pro Jahr und insgesamt etwa 110 000 Megawattstunden liefern.
Beteiligung ab 2500 Euro
Die Kosten für die sechs Anlagen bezifferte Schuster am Montagabend auf rund 36 Millionen Euro, wovon rund acht Millionen Euro an Eigenkapital aufgebracht werden müssten. Die Finanzierung könne über eine Beteiligung der Bürger oder auch Wertheimer Firmen passieren. Sollten weitere Investoren nötig sein, könnten dies unter anderem die Stadtwerke Wertheim oder auch Kommanditisten aus bisherigen Windparks und Partner der Volta GmbH sein.
Auf Nachfrage teilte Schuster mit, dass eine Finanzbeteiligung beispielsweise ab 2500 Euro möglich sei und man bis zu acht Prozent Eigenkapital-Rendite erhalten könne. „Wir werden einen Weg für kleine und große Anleger finden.“ Als mögliche Geschäftsform schlug er eine GmbH und Co KG vor.
Baudezernent Armin Dattler fügte an, dass im Moment der Bau von Windkraftanlagen nur auf den ausgewiesenen Vorrangflächen möglich sei, sich aber aufgrund des kommenden neuen Gesetzes einiges ändern werde. Auch wies er darauf hin, dass die von Volta vorgeschlagene Fläche bereits 2012 einmal zur Disposition stand.
Die Bedenken zur Lärmbelästigung räumte Schuster mit dem Argument aus, dass sich die Schallquelle 160 Meter über dem Boden befinden würde. Auch der Schutz der vorhanden großen Milanpopulation wurde im Gremium debattiert.
„Warum müssen wir eigentlich immer Vorreiter sein?“, fragte Sachsenhausens Ortsvorsteher Udo Beck. Er erinnerte daran, dass die Milan-Population vor Jahren das Ausschlusskriterium für die Fläche an der Deponie war. Beck versteht nicht, wieso dieses Ausschlusskriterium nun nicht mehr gelte. Folgt man Schusters Argumentation, so würden die Vögel in ihrem Flug aufgrund der Höhe der WKA nicht beeinträchtigt werden.
Die Bedenken hinsichtlich einer ausreichenden 110-KV-Leitung konnte Schuster teilweise ausräumen. Notfalls würde man, wie in anderen Bundesländern, neue Erdkabel ziehen. Sonderriets Ortsvorsteher Udo Kempf kritisierte den zu geringen Abstand der vorgesehenen Anlagen beispielsweise zur Denkmalsiedlung. Er erzählte außerdem von Ungereimtheiten in Sachen Vertragsunterzeichnung. Patrick Schönig sprach später im übertragenen Sinn vom „Elefanten, der im Raum stehe“. Wie Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez beteuerte, sei noch nichts unterschrieben. Patrick Schönig (SPD): „Ich will, dass der kleine Mann die Energiewende trägt, aber auch daran partizipieren kann.“ Die Mitglieder der SPD-Fraktion wollen, dass dieses Projekt gelingt, „aber nicht um jeden Preis“, so Schönig.
Horizont nicht verbauen
„Wir dürfen uns den Horizont nicht verbauen lassen“, mahnte Johann Vogeltanz (FBW). Er sagte weiter: „Wenn wir hier zustimmen, wann kommt dann die nächste Anfrage.“ Vogeltanz sieht die Bürgerbeteiligung nur als „Etikett um Zustimmung zu erhalten“.
Michael Althaus (CDU) betonte, dass man sich mit den Ortschaftsräten in der Haltung abstimmen wolle.
Am Ende der Debatte forderte Herrera Torrez die Räte auf, dieses Modell mit der Bürgerschaft zu diskutieren.
Nach der Sommerpause will die Verwaltung mit einem konkreten Vorschlag auf den Gemeinderat zukommen.
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