Wertheim. „Mit ein bisschen Bauchweh“, so Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez, stelle er den Haushalt für 2025 vor. Das Wertheimer Stadtoberhaupt präsentierte am Montag dem Gemeinderat sozusagen die Rechnung für den Betrieb des Bürgerspitals, das mit bis zu 2,75 Millionen Euro pro Jahr bezuschusst werden soll, damit dort eine auskömmliche Notfallversorgung gewährleistet werden kann. Hinzu kommt die Belastung durch Forderungen der Zentralen Versorgungskasse (ZVK) in Höhe von bis zu 1,8 Millionen Euro jährlich, für welche die Stadt aufkommen muss, weil die Rotkreuzklinik unter der Ägide der Münchner Schwesternschaft in Insolvenz gegangen ist. Ob die Schwesternschaft selbst einen Teil dieser Forderungen begleichen muss, wird in einer juristischen Auseinandersetzung geklärt. Sowohl der Umfang der Summe, die auf die Stadt zukommt als auch der Zeitpunkt, wann sie konkret fällig wird, sei „bisher noch vollkommen unklar“, sagte Herrera Torrez.
Unterstützung notwendig
Hintergrund: Streichliste bei Investitionen
Folgende Projekte sollen wegen der Belastungen in Bezug auf das Projekt Bürgerspital und den Forderungen aus der Zentralen Versorgungskasse gestrichen werden – in Klammern die Höhe der vorgesehenen Investitionssumme in Millionen Euro:
Neubau Kita Hofgarten (4,2), Auffrischung Rathaus (1,85), Ortsdurchfahrt Nassig Begleitmaßnahmen (1,77), Genossenschaftsmodell Wohnungsbauförderung Knackenberg (1,6), Erweiterung Kita Reicholzheim (1,0), Erwerb Feuerwehrgebäude Mondfeld (0,7), Ampellösung statt Kreisverkehr zur Verkehrserschließung Norma Bettingen (0,7), Genossenschaftsmodell Wohnungsbauförderung Mondfeld (0,32), Klimaanlage Sitzungssaal (0,12). In der Summe ergibt dies Einsparungen von 12,26 Millionen Euro. wei
Die Haushaltsexperten um den Finanzchef Helmut Wießner jedenfalls gehen zunächst vom schlechtmöglichsten Szenario aus. „Um die Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes und die Finanzierung des Defizitausgleichs bei der Notfallversorgung des Bürgerspitals Wertheim zu erreichen, sind wir zwingend auf Unterstützung angewiesen“, spielte Markus Herrera Torrez auf die Bemühungen an, den Landkreis in die Pflicht zu nehmen, weil dieser eigentlich für die stationäre medizinische Versorgung zuständig ist. Das Regierungspräsidium habe dies Ende vergangener Woche „deutlich bestätigt“ (siehe weiteren Artikel auf dieser Seite).
Man führe auch mit den Nachbarkommunen Gespräche über einen solidarischen Beitrag, so Herrera Torrez. Derzeit könnten allerdings „noch keine verlässlichen Annahmen getroffen werden“.
OB Herrera Torrez führt die Schieflage bei den Finanzen auch auf die allgemein schwierige Lage für die Kommunen zurück. Als Beispiel nannte er den Main-Tauber-Kreis, der zum Ende des laufenden Haushaltsjahres mit einer Verschuldung von 31 Millionen Euro rechne sowie das bayerische Marktheidenfeld, wo die Schulden bis Ende 2028 auf 26,8 Millionen Euro (ohne die Darlehen für das Erlebnisbad Wonnemar) steigen. Die Nachbargemeinde habe indes nur die Hälfte der Einwohner der Main-Tauber-Stadt. In Wertheim plant man für den gleichen Zeitpunkt mit einem Schuldenstand von knapp 25 Millionen Euro.
Steuererhöhungen
Der Hebesatz der Gewerbesteuer soll um 35 Punkte auf 405 steigen. Zum Vergleich die Steuersätze anderer Gemeinden im Landkreis (Stand 30. Juni laut Statistischem Landesamt): Tauberbischofsheim –360, Lauda-Königshofen – 360, Bad Mergentheim – 370.
Konjunkturprognosen wiesen darauf hin, so OB Herrera Torrez, dass die Gewerbesteuereinnahmen bei gleichbleibendem Hebesatz 2025 zurückgehen würden. 2024 erwarte man gut 27 Millionen Euro. 2025 hoffe man, 25,39 Millionen Euro erreichen zu können.
Die Hebesätze der Grundsteuer A und B werden zweimal verändert: Einmal, um nach dem neuen System Aufkommensneutralität zu erzielen.
Ein zweites Mal, um Mehreinnahmen zu erzielen. Für die Grundsteuer A und B sollen die Sätze um jeweils 35 Punkte steigen. Mehreinnahmen aus der Grundsteuer A: 15 000 Euro, aus der Grundsteuer B: 395 000 Euro. Die Vergnügungssteuer soll um fünf Punkte steigen.
In der Summe rechnet man für 2025 mit Mehreinnahmen von 2,45 Millionen Euro. wei
Die Stadt Wertheim stehe mit ihren Haushaltsproblemen nicht alleine da. Der Präsident des Städtetags Baden-Württemberg habe jüngst gesagt, dass über 60 Prozent der Kommunen und über 80 Prozent der Landkreise keinen ausgeglichenen Haushalt mehr aufstellen könnten - mit steigender Tendenz. Ein bisher nie da gewesenes Phänomen. Herrera Torrez appellierte an die Aufsichtsbehörde, „den Kommunen finanzielle Ermessensspielräume“ zu lassen. Das Regierungspräsidium solle „nicht aus Stuttgart über die Köpfe der Menschen vor Ort“ hinweg entscheiden, „was sie hier und heute brauchen“.
Die Wiederaufnahme des Krankenhausbetriebs belaste den städtischen Haushalt. Dem finanziellen Aufwand stünde aber ein „enormer immaterieller Wert“ gegenüber: Die wohnortnahe Krankenhausversorgung gehöre zum Kern der Daseinsvorsorge für die Bürgerschaft. Auch wenn es nicht zu den Aufgaben der Stadt gehöre: „Wenn sonst keiner bereit ist es zu tun, müssen wir bestrebt sein, diese Notsituation selbst zu lösen.“ Man habe an der Lösung hart gearbeitet und sei damit der Erwartung der Bürger an das Handeln von Politik und Verwaltung gefolgt.
Personalkosten
Herrera Torrez stellte dar, wie die Kosten im Haushalt reduziert werden sollen (siehe auch Hintergrund): Die Verwaltung verzichte auf zusätzliche Personalstellen, beispielsweise im Tiefbauamt und der Jugendsozialarbeit. So senke man den Anstieg der Personalkosten um rund 300 000 Euro.
Außerdem müssten alle Arbeitsbereiche im Rathaus ihre Sachkosten um fünf Prozent verringern, womit man eine Einsparung von rund 600 000 Euro pro Jahr erzielt. Was die Personalkosten generell angeht, warnte der Rathauschef vor einem „schnellen und einfachen Reflex“: der Forderung nach Kürzungen. Die Verwaltung sei „kein Unternehmen, das mangels Aufträgen die Produktion drosseln und Personal abbauen könnte“. Auftrag der Verwaltung sei die Daseinsvorsorge für die Bürger. „Hinter jeder Personalstelle steht eine konkrete Aufgabenerfüllung und häufig auch eine gesetzliche Pflichtaufgabe.“
Die Bürgerschaft habe „klar und deutlich gemacht, dass sie ein Krankenhaus wolle, wissend um die Kosten. „Die Mitarbeiter der Verwaltung haben geliefert. Es darf nicht sein, dass nun eben diese Verwaltungsmitarbeiter Einschnitte erfahren müssen, weil sie den Bürgerwillen umgesetzt haben.“ Man dürfe nicht den „Bürgerwillen nach einem Krankenhaus gegen die Qualität und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter im Rathaus ausspielen“, stellte Herrera Torrez klar.
„Weiter zukunftsfähig“
Der Haushalt 2025 sehe zwar knapp vier Millionen weniger Investitionen vor als 2024, aber immer noch 16,3 Millionen Euro und damit weit mehr als der bisherige Durchschnitt,so Herrera Torrez. Auch nach der mittelfristigen Finanzplanung wolle man von 2025 bis 2028 rund 52,7 Millionen Euro für Investitionen aufwenden.
„Wir geben den kommunalen Gestaltungswillen nicht auf“, versprach der OB. Man wolle, „die Infrastruktur in unserer Stadt in Schuss halten“ und arbeite weiter daran, die Stadt zu entwickeln und zukunftsfähig zu halten.
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