Gesundheitswesen

Wertheim: Ärzte beklagen Stillstand bei Notfallversorgung

Die niedergelassenen Ärzte befürchten, dass für die Notfallversorgung die Zeit davon läuft. Landrat Schauder sagt, bis zur endgültigen Klärung müsse das Insolvenzverfahren der Rotkreuzklinik erfolgreich zu Ende gebracht werden.

Von 
Gerd Weimer
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Die Notfallversorgung in Wertheim ist nach Meinung der niedergelassenen Ärzte in akuter Gefahr. © dpa

Wertheim. Die niedergelassenen Ärzte Wertheims sind mit der Entwicklung in Sachen Notfallversorgung unzufrieden. In einem Brief an Landrat Christoph Schauder und Landesminister Manfred Lucha beklagen sie den Stillstand in der Angelegenheit, nachdem feststeht, dass die Rotkreuzklinik von einem Fachklinikbetreiber übernommen wird und daher nicht mehr als Haus der Grund- und Regelversorgung zur Verfügung steht. „Wir niedergelassenen Ärzte haben den Brief verfasst, weil wir das Gefühl haben, dass in Sachen Notfallversorgung überhaupt nichts vorangeht“, begründet die Hausärztin Christina Gläser das Vorgehen. „Viele Fragen sind noch offen. Es können keine Dienstpläne gemacht werden. Zwei Anästhesisten, die auch über den Juli hinaus die Notarztwägen besetzen könnten, hängen in der Luft. Keiner fühlt sich zuständig“, beklagt sie.

„Nicht viel passiert“

Schon vor mehr als vier Wochen habe der Betreiber der Amputationsnachsorgeklinik den Zuschlag bekommen habe, heißt es in dem Brief. Verantwortlich für die Sicherstellung der Notfallversorgung (Rettungswesen und ambulant-stationäre Versorgung) seien das Land und der Landkreis. Allerdings sei – zumindest in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und der noch verbliebenen Mitarbeiter der Klinik „nicht viel“ passiert.

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Es gebe zwar allgemein Bekenntnisse zur Sicherstellung der Notfallversorgung und der künftige Klinikbetreiber habe Kooperationsbereitschaft signalisiert. Aber weder die Besetzung der Zentralen Notaufnahme der Klinik noch die bisher am Krankenhaus angestellten und bezahlten Notärzte hätten „irgendwelche Informationen bekommen, wie es für sie nach dem 30. Juni weitergehen soll.“

Bisherige Aussagen des Landrats und des künftigen Betreibers seien vage. Fachklinikbetreiber Josef Oswald habe in der letzten Mitarbeiterversammlung gesagt, er wolle erst die Abteilungen Amputationsnachsorge und Schmerzmedizin aufbauen und dann weitersehen. „Echte Angebote für Anschlussverträge haben nach unseren Informationen weder die Fachärzte noch die Pflegekräfte bekommen“, heißt es.

Deswegen würden die kompetenten Pflegekräfte und Ärzte der Notfallversorgung Wertheim verlassen. Sie wüssten nicht, ob es eine vernünftige Notfallversorgung überhaupt weiterhin geben werde und und würden „anderswo mit Kusshand genommen.“

„Unterlassene Hilfeleistung“

Die mit Millionen Euro Steuergeld ausgestattete Zentrale Notaufnahme werde möglicherweise entkernt. Den modernen Geräten, die in der Amputationsnachsorge wahrscheinlich nicht mehr gebraucht würden, drohe die gewinnbringende Veräußerung. Der Rettungsdienst bekomme möglicherweise einen zusätzlichen Wagen, für den aber kein Personal vorhanden sei, um alle schwerer Erkrankten in die mindestens 40 bis eher 50 Minuten entfernten Akutkrankenhäuser zu schaffen. Das sei quasi gleichbedeutend mit unterlassener Hilfeleistung nach dem Strafgesetzbuch.

Die Ärzte fordern umgehende Verhandlungen über den Erhalt der Notfallversorgung. Medizinisch unbedingt sinnvoll und notwendig sei die Fortführung der Versorgung in den Räumen der bisherigen Zentralen Notaufnahme, möglichst inklusive der Möglichkeit zum Röntgen, der Computertomographie und dem Basislabor. Noch sei diese Infrastruktur vor Ort intakt und das kompetente Personal vorhanden.

Ein weiterer wichtiger und zeitkritischer Punkt sei die Klärung der Bezahlung des am Standort Wertheim stationierten Notarztes ab dem 1. Juli. Für die sogenannte Notarztgestellung seien bisher in Baden-Württemberg die Krankenhäuser verantwortlich. Dies werde künftig immer weniger möglich sein, da es zunehmend weniger Krankenhausstandorte geben werde.

Gegenüber den Notärzten und anästhesiologischen Fachärzten der Klinik habe sich der künftige Klinikbetreiber insofern geäußert, „dass er mit der Bezahlung von Notärzten nichts zu tun habe“. Weitere möglicherweise Zuständige hätten sich bisher auch nicht aus der Deckung gewagt.

„Werden wir damit den Notarztstandort Wertheim im Gefolge der Beerdigung der Klinik der Grund- und Regelversorgung gleich mitbeerdigen?“, fragen die Ärzte. „Wer für die Notärzte künftig verantwortlich ist, muss dringend geklärt werden“, wird in dem Brief gefordert.

Landrat Christoph Schauder erklärt auf FN-Anfrage, sein „klares Ziel“ sei, dass es in der Region Wertheim – unabhängig von bereits seit Monaten geklärten Zuständigkeitsfragen – auch künftig eine angemessene Notfallversorgung geben wird“. Bürgerinnen und Bürger müssten im Falle eines medizinischen Notfalls weiterhin adäquat versorgt werden können. „Zugleich bin ich mir sicher, dass dies auch bei einem Fachklinik-Modell gelingen kann“, so Schauder. Der Betreiber stehe diesem Wunsch „sehr aufgeschlossen gegenüber“.

Wegen des weit fortgeschrittenen Insolvenzverfahrens müsse das Hauptaugenmerk aber zunächst darauf liegen, dieses Verfahren zu einem positiven Abschluss zu bringen, um den Krankenhausstandort Wertheim zu sichern. „Insoweit wäre die Annahme falsch, dass das Insolvenzverfahren mit der Entscheidung des Insolvenzverwalters, nunmehr mit dem Betreiber der Fachklinik Osterhofen zu verhandeln, bereits abgeschlossen sei“, so Schauder.

Das Gegenteil sei der Fall: Nachdem die Gespräche der Stadt Wertheim zur Rekommunalisierung des Krankenhauses gescheitert sind, ticke nunmehr die Uhr. „Entweder die Fachklinik-Lösung kommt oder der Krankenhausstandort Wertheim ist sehr wahrscheinlich Geschichte. Und ohne die Erhaltung des Krankenhausstandortes – auch als Fachklinik – ist insbesondere eine stationäre Notfallversorgung nicht umsetzbar, da dann schlichtweg die Infrastruktur fehlt“, so Schauder.

Landrat: „Keine Alternative“

Man sei mit dem Betreiber der Fachklinik daher so verblieben, dass dieser zunächst die erforderlichen Themen im Insolvenzverfahren vorantreibt und dann die Thematik einer stationären Notfallversorgung angeht. „Dieses Vorgehen ist in einem komplexen Insolvenzverfahren ohne Alternative. Vor dem Hintergrund, dass es eine Transformationsphase vom Haus der Grund- und Regelversorgung zur Fachklinik geben soll, gibt es für dieses Vorgehen zudem ein Zeitfenster“, erklärt der Landrat.

Im Hinblick auf die künftige Ausgestaltung des Rettungsdienstes im Bereich Wertheim befinde sich das Landratsamt mit dem zuständigen Planungs- und Entscheidungsgremium, also dem Bereichsausschuss für den Rettungsdienstbereich Main-Tauber, bereits in enger und guter Abstimmung. Dies beinhalte auch die relevanten Fragen rund um das Thema Notarztgestellung, so Schauder abschließend.

Redaktion Reporter Wertheim

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