Wertheim. Die insolvente Wertheimer Rotkreuzklinik ist endgültig Geschichte. Auch eine Fachklinik wird es in der Main-Tauber-Stadt nicht geben. Die Verhandlungen für eine Übernahme sind gescheitert. Dies gab die Trägergesellschaft, die Rotkreuzklinik Wertheim gGmbH, am Mittwochnachmittag bekannt. Der Insolvenzverwalter Mark Boddenberg leitet nun die Liquidation der Gesellschaft ein.
Gerüchte über das endgültige Aus der Klinik machten seit Wochen in der Main-Tauber-Stadt die Runde. Besonders die schwierigen Verhandlungen des potenziellen Nachfolgebetreibers mit den Krankenkassen über die Finanzierung der angestrebten Fachklinik standen dabei im Mittelpunkt. Offenbar waren die Kassen jetzt nicht bereit, entsprechende Zusagen zu machen.
„Nicht auskömmlich“
„Die Auflösung und Abwicklung der Einrichtung ist die Konsequenz fehlenden Personals und mangelnder Reststruktur eines Klinikbetriebs. Zuvor waren die Verhandlungen zur geplanten Übernahme der Trägerschaft und Transformation in eine Fachklinik durch Josef Oswald in zeitlicher Hinsicht gescheitert“, heißt es nun in der Pressemitteilung der Klinik. Seit Beginn des Sanierungsverfahrens im September 2023 sei kontinuierlich auf die Dringlichkeit einer Lösungsfindung hingewirkt worden.
Dazu habe es zahlreiche Gespräche mit Akteuren aus Ärzteschaft, Politik und Privatwirtschaft zur Zukunft der Klinik sowie der medizinischen Versorgung in der Region gegeben. Die Fortführung der Rotkreuzklinik als Grund- und Regelversorger sei langfristig unter den gegebenen Voraussetzungen „nicht auskömmlich“.
Auch deshalb sei das Krankenhaus auf der Suche nach einem neuen Träger gewesen. „Übernahmeverhandlungen mit der Stadt Wertheim zur Rekommunalisierung konnten entgegen dem Willen der Stadt nicht zu einem Ergebnis geführt werden“, so die Erklärung weiter.
Boddenberg: "Zeit für Gespräche zur Übernahme abgelaufen"
„Das derzeit bestehende System der Krankenhausfinanzierung ist ein erschwerender Aspekt, der die Möglichkeiten der nachhaltigen wirtschaftlichen Führung eines Krankenhauses erheblich limitiert“, heißt es in der Stellungnahme.
„Unsere höchste Priorität war es, die Klinik wirtschaftlich fit zu machen, sie nachhaltig zu sanieren und damit auch zur medizinischen Versorgung in der Region beizutragen. Klar ist aber, die Zeit für Gespräche und Verhandlungen ist abgelaufen“, wird Boddenberg in der Mitteilung zitiert. Es gebe keine personellen und finanziellen Ressourcen mehr, um das Haus weiterhin zu betreiben.
„Für alle Beteiligten ist dieser Schritt bedauerlich, weil die vorgebrachten Vorschläge und Angebote nicht rechtzeitig umzusetzen waren – jedoch hat auch die Rotkreuzklinik Wertheim mit den strukturellen Herausforderungen, die derzeit die gesamte deutsche Krankenhauslandschaft betreffen, erheblich zu kämpfen. Das hat die Lösungsfindung darüber hinaus erschwert“, so der Insolvenzverwalter weiter.
OB Herrera Torrez: "Zorn und Wut"
Wertheims Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez lässt in einer ersten Stellungnahme mitteilen: „Das Insolvenzverfahren über die Rotkreuzklinik endet in einem Desaster. Zehn Monate nach seiner Eröffnung wird es keine Grund- und Regelversorgung und keine Option auf Nachnutzung des Gebäudes als Fachklinik mehr geben. Der Schaden, den die Schwesternschaft vom Bayerischen Roten Kreuz in Wertheim hinterlässt, könnte nicht größer sein. Waren wir über die bisherige Entwicklung des Insolvenzverfahrens enttäuscht und frustriert, so empfinden wir heute Zorn und Wut.“
Die Stadt Wertheim habe sich sehr frühzeitig, schon Ende November letzten Jahres, zur Übernahme der Klinik in kommunale Trägerschaft mit Unterstützung von weiteren Beteiligten bereit erklärt. Die entsprechenden Verhandlungen und Gespräche seien zunächst erfolgversprechend verlaufen. „Aber Anfang April hat uns die Schwesternschaft quasi die Tür vor der Nase zugeschlagen, indem sie die Weiterführung der Gespräche aus nicht nachvollziehbaren Gründen verweigerte“, beklagt Herrera Torrez.
Dass der Insolvenzverwalter als Konsequenz auf das zwischenzeitliche Vorliegen eines „verbindlichen Angebots“ von Dr. Oswald verwiesen habe und der Option Fachklinik größere Erfolgsaussichten einräumte als der Rekommunalisierung durch die Stadt Wertheim, erweise sich heute als Trugschluss, so der OB
Kritik an Kreis und Stuttgart
„Ein Rätsel bleibt für uns, wie man im Landratsamt in Tauberbischofsheim und im Sozialministerium in Stuttgart zu der Annahme kommen konnte, dass die Umwandlung in eine Fachklinik eine gut realisierbare Möglichkeit für den Erhalt des Krankenhausstandorts Wertheim sein könnte“, erklärt das Stadtoberhaupt weiter. Die Umsetzung sei offensichtlich an formalen Bedingungen gescheitert. „Weshalb wurden diese nicht frühzeitig abgestimmt?“, fragt Markus Herrera Torrez.
Besonders erschütternd sei diese Entwicklung für die Beschäftigten der Rotkreuzklinik. „Wir fühlen mit allen, die dem Krankenhaus bis zum Schluss die Treue gehalten haben und denen nun die Kündigung ausgesprochen wird“, so der Oberbürgermeister. Er habe die Fraktionsvorsitzenden des geschäftsführenden Gemeinderats über die aktuelle Entwicklung informiert. „Wir werden uns sehr schnell eingehender mit den Folgen des gescheiterten Insolvenzverfahrens befassen“, kündigt Herrera Torrez an.
Betriebsversammlung
Der Insolvenzverwalter Mark Boddenberg informierte am Mittwochnachmittag bei einer Betriebsversammlung die Belegschaft über das Aus. Nach Informationen der Fränkischen Nachrichten bekommen die Mitarbeiter - je nach Dauer der Zugehörigkeit - bis zu drei Monate weiter ihr Gehalt.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wertheim_artikel,-wertheim-uebernahme-gescheitert-endgueltiges-aus-fuer-rotkreuzklinik-wertheim-_arid,2217524.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/wertheim.html