Schutz vor Fluten - Gutachten soll Daten für eine Verbesserungsstrategie für Vorsorge bei Unwettern liefern / Erinnerung an Juni 2013

Stadt Wertheim will Starkregenrisiken verringern

Wertheim will sich besser auf Starkregenereignisse vorbereiten. Der Gemeinderat genehmigte ein Gutachten, das die Risiken eindämmen soll.

Von 
Gerd Weimer
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Die Sporthalle der Realschule war 2013 nach einem Starkregenereignis extrem beschädigt. Solche Risiken sollen in Zukunft vermindert werden. © Stadt Wertheim

Wertheim. Die Stadtverwaltung will angesichts der Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands bei der Vorsorge Gas geben. Für die Gemeinderatssitzung am Montag in der Main-Tauber-Halle bereitete sie kurzfristig eine Tischvorlage vor, die das sogenannte „Starkregenrisikomanagement“ verbessern soll. Der Auftrag für die Ausarbeitung eines Gutachtens ging einstimmig an das Heilbronner Ingenieurbüro BIT. Der Gemeinderat genehmigte die außerplanmäßig erforderlichen Mittel einstimmig – schon vor der Bewilligung von Landeszuschüssen, die bestenfalls 70 Prozent ausmachen.

„Als Stadt, die oft von Hochwasser betroffen ist, leiden wir doppelt mit, weil wir das Leid nachempfinden können“, meinte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez in Bezug auf die Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Er habe Bürgermeister Wolfgang Stein damit beauftragt, in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen „die jetzt eingetretenen Ereignisse zu betrachten“ und zu prüfen, „was das für den Hochwasserschutz in Wertheim bedeutet“.

Wertheim spendet 10 000 Euro

Bernd Hartmannsgruber hatte in der Bauausschusssitzung vergangene Woche angeregt, für die Flutopfer in den betroffenen Gebieten zu spenden. OB Markus Herrera Torrez meldete am Montag Vollzug: 10 000 Euro stehen zur Verfügung. Die Hälfte davon kommt von den Stadtwerken. 2000 Euro steuert die Stadt bei, 3000 Euro der Eigenbetrieb Abwasser. wei

„Genauso hilflos“

Stadtbaumeister Armin Dattler meinte, angesichts der Massivität des Starkregens, wäre Wertheim „genauso hilflos gewesen“, wie die Verantwortlichen in den betroffenen Gebieten. Man dürfe bei der Beauftragung des Gutachtens keine Zeit verlieren. Zunächst wird mit diesem die Überflutungsgefährdung in Wertheim analysiert und in einer Karte abgebildet. Anschließend folgt eine Analyse der kritischen Objekte und Infrastruktureinrichtungen in dem Bereich. Aus der Bewertung des Überflutungsrisikos wird ein Handlungskonzept zur Risikominimierung abgeleitet. Das könne auch bedeuten, dass in bestimmten Bereichen nicht gebaut werden sollte.

Torsten Schmidt (Stadtbrandmeister) zog Parallelen zum Unwetter im Juni 2013, als eine Schlammlawine in Bestenheid Schäden angerichtet hatte. Damals habe der Niederschlag 72 Liter pro Quadratmeter betragen.

Im Westen Deutschlands seien es jetzt 150 bis 200 Liter gewesen. Die in Altenburg an der Ahr eingesetzten Kameraden hätten „unsagbares Leid und Elend erlebt“. Auch die beste Rettungsorganisation könne auf ein solches Ereignis „nur sehr schwer reagieren“.

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Sirenen

Die Wertheimer Rettungsorganisation könnten etwa 70 bis 80 Einsätze pro Tag bewältigen. „Alles, was darüber hinausgeht, wird schwierig“, so Schmidt. Der Stadtbrandmeister wies daraufhin, dass es immer weniger Warnsirenen gebe. Kaum jemand könne zudem die Alarmsignale, wenn sie denn ertönen, richtig interpretieren. Allerdings habe man defekte Sirenen in Urphar und Reicholzheim ausgetauscht. Die neuen könnten nicht nur das Alarmsignal verbreiten, sondern auch mit Durchsagen die Bevölkerung warnen.

Axel Wältz (CDU) spielte ebenso auf die Bestenheider Flut von 2013 an. Aufhalten könne diese Wassermassen niemand. Neben Warnung müsse man – wie nach dem damaligen Ereignis – die Schwachstellen identifizieren und deren Risiken durch Baumaßnahmen vermindern, indem man die Klingen und Abwassergräben optimiert.

Gräben verstopft

Manfred Busch (Freie Bürger) schlug in die gleiche Kerbe. 2013 habe sich gezeigt, dass Totholz in den Abwassergräben die Abflüsse verstopft haben. Wenn ein Starkregen im Einzugsgebiet der Tauber auftrete, wären die Brücken in Reicholzheim und Waldenhausen gefährdet. Wenn Wassermassen wie im Ahrtal auf Wertheim zukämen, „wäre die Altstadt weg“. Deswegen sei die Risikoanalyse unerlässlich.

Brigitte Kohout (SPD) lenkte den Blick auf das Oberflächenwasser, das nicht abfließen könne. Viele Gräben seien zugewachsen. Man habe bei deren Pflege zuviel gespart. Es sei nicht ausreichend, wenn man hin und wieder die Kanaleinläufe säubere. Thomas Wettengel (Bürgerliste) meinte, man könne die Flut im Ahrtal nicht mit dem herkömmlichen Wertheimer Hochwassern vergleichen. Die Main-Tauber-Stadt habe genügend Zeit, sich darauf vorzubereiten. Im Aalbach- oder Kembachtal sehe dies aber anders aus.

Richard Diehm (Grüne) ergänzte, man müsse lernen, mit den Konsequenzen der durch den Klimawandel mitverursachten Wetterextreme zu leben. Seine Fraktionskollegin Marlise Teicke bemängelte, dass in der Stadt immer mehr Flächen versiegelt werden – aktuelles Beispiel: Erweiterung des Gewerbegebiets Almosenberg – und die Kanalisation das Regenwasser im Extremfall nicht aufnehmen könne. Die Grünen erhofften sich von dem Starkregen-Risikomanagement-Konzept, dass „Vernunft und Einsicht einkehrt und auch präventive Maßnahmen bezüglich Flächenverbrauch und -versiegelung gefunden werden“.

Redaktion Reporter Wertheim

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