Wertheim. Groß waren die Befürchtungen im Rathaus, als sich im vergangenen Jahr angesichts der Pandemie Einnahmeverluste für den städtischen Haushalt abzeichneten. So groß, dass Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez – auch aufgrund anderer Umstände – einen Nachtragshaushalt erarbeiten ließ, den der Gemeinderat schließlich verabschiedete.
Nun liegt das Ergebnis des Jahresabschlusses vor, und es zeigt sich: alles halb so wild. Dieter Friedlein, Leiter des Referats Finanzen und Betriebswirtschaft, berichtete dem Ausschuss für Verwaltung und Finanzen am Montag, dass sich das wegen noch zu erfolgender Nacharbeiten zunächst vorläufige Jahresergebnis positiver gestaltet als es die Planungen vorgesehen hatten.
Nicht einmal die vorgesehenen Kreditaufnahmen in Höhe von zwei Millionen Euro mussten erfolgen. Im Gegenteil: Es wurden 683 000 Euro getilgt. Unterm Strich sank der Schuldenstand des städtischen Haushalts auf 5,2 Millionen Euro – übrigens im neunten Jahr in Folge.
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Die letztlich eingetroffenen Gewerbesteuereinnahmen ergaben 16,9 Millionen Euro – 1,4 Millionen Euro höher als angenommen. Dazu kamen die großzügigen Kompensationszahlungen von Bund und Land in Höhe von 4,8 Millionen Euro plus weitere Hilfen des Landes von 381 000 Euro. Die Finanzsituation habe man dadurch „einigermaßen stabil“ halten können.
Insgesamt ergaben sich im Ergebnishaushalt (laufender Betrieb) um 6,1 Millionen Euro verbesserte Erträge (65 Millionen Euro). Im Investitionshaushalt wurden von den verfügbaren Mitteln 16,5 Millionen benötigt, rund 700 000 Euro weniger als geplant. Darin sind die Überträge auf das nächste Haushaltsjahr berücksichtigt, die insgesamt sieben Millionen Euro ausmachen.
Diese Überträge entstanden, weil wegen coronabedingter Kurzarbeit und der allgemein schwierigen Material- und Auftragslage im Baugewerbe und bei anderen Handwerkern nicht alle Maßnahmen erfolgen konnten.
Angesichts des dürftigen Mittelabflusses fragte Axel Wältz (CDU) in der Aussprache, „ob wir so die PS auf die Straße bringen können“. Grundsätzlich sei zu begrüßen, „wenn es besser läuft als geplant“. Es werde „jedoch einiges nicht umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben“. Die Unschärfe in der Haushaltsplanung mache es dem Gemeinderat schwer, Haushaltszahlen objektiv zu bewerten.
Patrick Schönig meinte, die Zahlen zeigten, „wie leistungsfähig die Stadt auch in der Krise sein kann“. Aber auch er fragte, ob es vernünftig ist, „jedes Jahr Kreditaufnahmen zu beschließen“, sie dann aber doch nicht abzurufen. Diese Praxis habe dazu geführt, „dass wir wichtige Investitionen jetzt nachholen müssen“. Schönig sprach von einem „Investitionsstau bei Schulen, Kitas, weil wir die Kredite nicht in Anspruch nehmen“. Man solle Investitionen auch über Darlehen finanzieren. Auch Marlise Teicke (Grüne) bemängelte den „Investitions- beziehungsweise Renovierungsstau bei den öffentlichen Gebäuden“.
OB Markus Herrera Torrez räumte ein, dass er mit der „Unschärfe des Haushalts unzufrieden“ sei. Man habe für die nächsten Jahre weniger Investitionen eingeplant, weil sie in bisheriger Höhe von der Verwaltung kaum umzusetzen sind. Es sei durchaus sein Anspruch, vorgesehene Investitionen zu tätigen. „Wir wollen besser werden“, versprach er.
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