Main-Tauber-Kreis/Wertheim. „Wer rettet den Rettungsdienst?“, mit markigen Schlagzeilen-Zitaten und vor allem eindringlichen Worten versuchten am Freitagabend der Vorsitzende des DRK-Kreisverbands, Reinhard Frank, Kreisgeschäftsführerin Manuela Grau und Rettungsdienstleiter Steffen Molzer auf die Situation des Rettungsdienstes aufmerksam zu machen – alles vor dem Hintergrund der drohenden Schließung der Wertheimer Rotkreuzklinik. Denn: Findet sich für das Krankenhaus kein Betreiber oder eine Holding-Lösung, hat dies auch enorme Auswirkungen auf den Rettungsdienst mit seinem Standort in Wertheim und damit auf die in einem Notfall zu versorgenden Patienten.
Der DRK-Kreisverband
33 Notfallsanitäter, 35 Rettungssanitäter und vier Rettungshelfer sowie zahlreiche Ehrenamtliche sind im DRK-Kreisverband Tauberbischofsheim tätig.
Der Kreisverband verfügt über drei Rettungswachen (Tauberbischofsheim, Wertheim und derzeit Lauda) sowie zwei Notarztstandorte.
In der Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2023 wurden 6259 Einsätze mit dem Rettungswagen gezählt, 2055 Mal war ein Notarzt vonnöten, und 4476 Krankentransporte fielen an.
In den vergangenen Jahren wurden pro Jahr rund 2000 Patienten vom Rettungsdienst in die Wertheimer Klinik zur medizinischen Versorgung gebracht. hei
Die Rettungswache in Wertheim wurde für rund 3,5 Millionen Euro in Sichtweite der Klinik gebaut und Ende September 2023 eröffnet. „Es ist doch ein Witz, jetzt wo wir da sind, steht das Krankenhaus auf der Kippe“: Dem Vorsitzenden Reinhard Frank war anzuhören, wie angespannt die Situation ist. Und nicht nur ihm. Auch Manuela Grau und Steffen Molzer argumentierten mit Nachdruck – in der Hoffnung, Gehör zu finden.
Verantwortung
Ihr Mittel: ein offener Brief an Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha, Landrat Christoph Schauder und Wertheims Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez. In diesem heißt es: „Der DRK-Kreisverband Tauberbischofsheim e. V. ist für die Organisation der Notfallversorgung und Einhaltung der sogenannten Hilfsfrist im Raum Wertheim zuständig. In dieser Verantwortung ist es uns ein dringendes Anliegen, dass das Krankenhaus auch künftig als Notfall-Versorger-Klinik erhalten bleibt.“
Als Gründe für den Erhalt der Klinik werden in diesem Schreiben unter anderem der Versorgungsauftrag für den Notarztdienst für Wertheim und Umgebung angeführt. Bei einer Schließung wäre diese Versorgungssicherheit nachhaltig und massiv beeinträchtigt.
Wie Molzer eindringlich beschrieb, würden so deutlich längere Fahrtzeiten der Rettungsfahrzeuge zu anderen Klinken anfallen, beispielsweise nach Würzburg (50 Minuten) oder Bad Mergentheim (40 Minuten), was gleichzeitig über eine lange Zeit die Fahrzeuge binden würden. Diese langen Transportwege seien nicht akzeptabel, so Frank. Molzer sprach von rund 2000 Patienten, die in der Vergangenheit jedes Jahr durch den Rettungsdienst ins Wertheimer Krankenhaus gebracht wurden. „Fällt diese Klinik als Rädchen in der Notfallversorgung weg, heißt es für uns, wir müssen für diese Patienten einen anderen Platz finden.“ Zwar kam das in der Vergangenheit schon mal vor, allerdings in Ausnahmefällen. Der weitere Transportweg könne für einige Patienten durchaus eine kritische Veränderung der gesundheitlichen Lage bedeuten, erklärte Molzer.
Die Lücke, die während des deutlich längeren Transports entsteht, müsste von Tauberbischofsheim aus mit längeren Anfahrzeiten beispielsweise zu einem Patienten nach Freudenberg ausgeglichen werden. „Von daher ist für uns der Standort Wertheim für die notfallmedizinische Versorgung enorm wichtig“ so der Rettungsdienstleiter.
Fällt die Rotkreuzklinik weg, müsste das DRK zusätzliche Kapazitäten im Bereich Wertheim schaffen, was bei der ständigen Personalknappheit eine echte Herausforderung darstellen würde, die nicht ad hoc gelöst werden könnte.
„Wir hoffen, dass wir mit diesem offenen Brief deutlich machen, dass eine Schließung eine erhebliche Verschlechterung für die notärztliche Versorgung im Bereich von fast 50 000 Einwohnern rund um Wertheim wäre“, so Frank.
Manuela Grau verwies auf die ohnehin schwierige Situation des Rettungsdienstes im Main-Tauber-Kreis, weil es sich um einen Flächenlandkreis handele, also weite Strecken zu bewältigen seien.
Ein Sensibilisierungsakt
„Wir sprechen uns als Rotes Kreuz dringend dafür aus, dass man versucht, die Klinik nach dem Konkursverfahren so zu strukturieren, dass dort wenigstens noch eine Grundnotfallversorgung möglich ist“, sagte Frank. Allein die jährlich 2000 dorthin gebrachten Patienten mache die Dramatik deutlich. Sein Appell: „Bitte, bitte, bitte nehmt das Thema Notfallversorgung mit auf! Dies ist ein Hilfeschrei und ein Sensibilisierungsakt“ so Frank.
Das vom Land in Auftrag gegebene Strukturgutachten für den Rettungsdienst (was ist vorhanden, was wird tatsächlich gebraucht) sollte zwar Ende des Jahres vorliegen. Doch werde sich, so Frank, die Veröffentlichung der Ergebnisse mindestens um ein halbes Jahr verzögern. Also könne das Gutachten bei der Standortsicherung aktuell als Argument nicht herangezogen werden.
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