Gesundheitswesen

Rotkreuzklinik Wertheim: Ärzte nach Versammlung erbost

Die Ärzte der Rotkreuzklinik sind nach einer Teilbetriebsversammlung entsetzt. Man versuche, ihnen den Schwarzen Peter unterzujubeln, sollte das Fachklinik-Konzept scheitern, heißt es.

Von 
Gerd Weimer
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Die Ärzte der Rotkreuzklinik fühlen sich vom Fachklinik-Investor unter Druck gesetzt. © Gerd Weimer

Wertheim. Das Schicksal der Wertheimer Rotkreuzklinik hängt am seidenen Faden. Ob das Krankenhaus vom Fachklinikbetreiber Josef Sebastian Oswald übernommen oder doch eine andere Lösung unter kommunaler Verantwortung gefunden wird, die eine Grund- und Regelversorgung der Bevölkerung gewährleistet, ist unklar.

Am Freitag fand eine Teilbetriebsversammlung der Klinikärzte statt, an der Oswald und die Vorsitzende des Fördervereins der Rotkreuzklinik, Elisabeth Fürstin zu Löwenstein, teilnahmen. Ziel der Versammlung war es offenbar, die Mediziner von dem Konzept der Fachklinik für Amputationsnachsorge zu überzeugen. Das Treffen ist nach Informationen der Fränkischen Nachrichten teils sehr emotional verlaufen, da die Mediziner sich mit dem Konzept von Oswald kaum anfreunden können. Andererseits benötigt die Fachklinik Ärzte, um die Pläne umzusetzen.

Die niedergelassenen Ärzte der Main-Tauber-Stadt stehen in engem Kontakt mit ihren Kolleginnen und Kollegen an der Klinik. In einer Stellungnahme berichten sie über die Versammlung. Oswald sagte demnach, er sei sowohl von Frau zu Löwenstein, Landrat Schauder und von oberster Stelle des Sozialministeriums gebeten worden, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Er benötige etwa 20 Mediziner aus dem laufenden Betrieb, um die Fachklinik aufzubauen. Josef Sebastian Oswald habe eine klare Zusage der Ärzte gefordert.

Unter Druck gesetzt

Eine Notfallversorgung wie bisher werde es nicht geben. Für Patienten denke man über eine Anlaufstelle nach, wo lediglich entschieden werde, wo die Patienten für die weitere Behandlung unterkommen. Die Betten der Klinik benötige er allesamt für sein Vorhaben, habe er erläutert. Betriebsratschefin Birgit Väth soll bei der Versammlung die Ärzte unter Druck gesetzt haben. Würden sie nicht zusagen, seien die Arbeitsplätze der anderen Mitarbeiter gefährdetet. Fürstin zu Löwenstein soll die Ärzte aufgefordert haben, sich „am Riemen zu reißen“ und das Fachklinikkonzept „als Chance anzusehen“. Daraufhin sei es zu einer teils sehr emotionalen Diskussion gekommen. Dies wurde den Fränkischen Nachrichten auch aus anderen Quellen bestätigt.

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Die Mediziner haben demnach das Gefühl, dass ihnen der Schwarze Peter zugeschoben werden soll, wenn das Konzept der Fachklinik scheitert und das Haus schließen muss. Ein Teilnehmer berichtete den Fränkischen Nachrichten, dass sich wahrscheinlich nur sehr wenige Ärzte mit dem Konzept anfreunden können.

Die meisten hätten sich bei der Berufsplanung an der bisherigen Struktur des Hauses ausgerichtet. Assistenzärzte beispielsweise, die sich derzeit zum Facharzt ausbilden lassen, könnten diese in einer Fachklinik nicht weiterführen. Er bezweifle auch deswegen stark, dass sich genügend Mediziner von dem Fachklinik-Konzept überzeugen ließen und an Bord zu bleiben.

Wie die niedergelassen Ärzte mitteilen, soll es nun eine Umfrage an alle Ärzte geben, ob sie in einer Fachklinik weiterarbeiten wollen. Bislang sei allerdings keinem ein konkretes Angebot unterbreitet worden.

„Absurd und illusorisch“

„Sie wissen also gar nicht, worauf sie sich einlassen würden, geschweige denn, ob sie eine Stelle angeboten bekämen, die ihren Qualifikationen entspräche“, heißt es in der Erklärung. Oswald habe immerhin ein „Umschulungsangebot“ in den Raum gestellt. Es sei „völlig absurd und illusorisch zu glauben, dass in Zeiten von Ärztemangel, in denen hochqualifizierte Fachärzte und Akutmediziner überall händeringend gesucht werden“, die Mediziner ihre eigentliche Tätigkeit an den Nagel hängen, um für eine Amputationsnachsorgeklinik umzuschulen, so die Stellungnahme.

Es sei unrealistisch, dass Menschen, die jahrelange Ausbildung und Berufserfahrung auf den Spezialgebieten Kardiologie, Gastroenterologie, Neurologie, Unfall- oder Allgemeinchirurgie haben, diese Tätigkeiten aufgeben, zumal man auch schnell den Anschluss und die Routine verliere, wenn man aus seinem Kerngebiet aussteigt.

Unklare Rolle der Fürstin zu Löwenstein

Schleierhaft war für die Teilnehmer der Versammlung offenbar die Rolle der Fürstin. Unklar ist, mit welchem Mandat sie einerseits Kontakt zu Josef Sebastian Oswald aufgenommen und zum anderen, warum sie an der Teilbetriebsversammlung teilgenommen hat.

Axel Wältz, Fraktionsvorsitzender der CDU im Gemeinderat und als Beisitzer Mitglied im Vorstand des Fördervereins, sagte am Sonntag auf FN-Nachfrage, dass der Auftritt der Fürstin nicht abgestimmt gewesen sei.

„Das Satzungsziel des Fördervereins ist ausdrücklich, die Rotkreuzklinik als gemeinnützige Einrichtung sowie Haus der Grund- und Regelversorgung zu unterstützen“, so Wältz. Eine Fachklinik zur Amputationsnachsorge spiele in den Statuten keine Rolle. Möglicherweise sei eine außerordentliche Vorstandssitzung zur Klärung der Angelegenheit notwendig.

Nach FN-Informationen hat Harald Aulbach, stellvertretender Vorsitzender des Vereins, sein Amt zur Verfügung gestellt, nachdem er von dem Auftritt der Fürstin zu Löwenstein erfahren hat. Auch weitere Mitglieder des Vorstands denken angesichts der aktuellen Entwicklung über einen Rückzug nach. Die Fürstin teilte auf Anfrage am Sonntag mit, sie könne sich momentan nicht zu den Entwicklungen äußern.

Enge Zeitschiene

Die niedergelassenen Ärzte wiesen unterdessen auf die knappen Fristen hin. Der Insolvenzverwalter Mark Boddenberg habe bei einer früheren Versammlung angekündigt, am 23. Februar eine Entscheidung zu treffen. Die entscheidende Sitzung des Gemeinderates finde aber erst drei Tage später statt. Es gebe aus dem Gemeinderat „ausgesprochen positive Signale“ für die Übernahme der Klinik.

Deshalb solle Boddenberg diese Sitzung unbedingt abwarten. Die „Aggressivität, mit der Oswalds Konzept durchgedrückt werden soll, lässt erhebliche Zweifel an der Bereitschaft des Entscheiders zu, der Kommune eine ernsthafte Chance für eine Übernahme einzuräumen“, so die Ärzte.

Redaktion Reporter Wertheim

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