Rotkreuzklinik

Ärzteschaft: Stadt Wertheim soll Rotkreuzklinik betreiben

Wertheimer Mediziner haben ein eigenes Konzept entwickelt. Offenbar sind die Verhandlungen mit einem Investor wieder aufgenommen worden. Der Insolvenzverwalter mahnt zur Ruhe.

Von 
Heike Barowski
Lesedauer: 
Rollstühle im Vorraum der Wertheimer Rotkreuzklink – ein Symbol für notwendige Hilfe. © Heike Barowski

Wertheim. Die Wertheimer Rotkreuzklinik steckt im Insolvenzverfahren. Seit Monaten ist deshalb der Generalbevollmächtigte Marc Boddenberg aktiv, um eine Lösung für das Krankenhaus zu finden. Der mögliche Investor, Josef Oswald, der die Rotkreuzklinik in eine Fachklinik für Amputationsnachsorge umwandeln wollte, zog vor ein paar Tagen sein Angebot zurück. Über die Gründe für den Rückzug wurde nichts bekannt.

Doch nun erreichen die Fränkischen Nachrichten wiederholt Meldungen, dass Oswald als Investor wieder verhandlungsbereit sei. Wie der Pressesprecher des Generalbevollmächtigten verlauten ließ, würden die Verhandlungen in alle Richtungen weitergehen. „Richtig ist, dass es weiterhin Interesse an der Klinik gibt.“

Ärztekonzept soll geprüft werden

Auch das Konzept der niedergelassenen Ärzte sei an die Insolvenzverwaltung herangetragen worden. Dieses wolle man prüfen, heißt es in einem Schreiben.

Mehr zum Thema

Offener Brief

Rotkreuzklinik: Ärzte erwarten „maximal mögliche Transparenz“

Veröffentlicht
Von
Katharina Buchholz
Mehr erfahren
Gesundheitspolitik

Medizinische Versorgung in Wertheim: Ärzte schlagen Alarm

Veröffentlicht
Von
Gerd Weimer
Mehr erfahren
Rotkreuzklinik Wertheim

Rotkreuzklinik Wertheim: Ärztin startet Online-Petition

Veröffentlicht
Von
Gerd Weimer
Mehr erfahren

Die Ärzteschaft und die ambulante Pflege in Wertheim haben ein Konzept für die Rotkreuzklinik unter kommunaler Trägerschaft erstellt. „Unser Zukunftskonzept unterstützt den neuen Träger dabei, die prognostizierten zukünftigen Defizite nachhaltig zu reduzieren, den finanziellen Verpflichtungen bei den Gläubigern nachzukommen, die medizinische Versorgung der Bevölkerung langfristig zu sichern, sowie die Arbeitsplätze langfristig zu erhalten“, heißt es in einem Schreiben.

"Landkreis entzieht sich der Verantwortung"

Aus der Mitteilung der Ärzteschaft geht auch hervor, dass Gespräche mit der Stadtverwaltung und Mitgliedern des Gemeinderates geführt wurden und diese eine Bereitschaft zu einer Übernahme der Rotkreuzklinik Wertheim in eine kommunale Trägerschaft bestätigt hätten.

Moniert wird in dem Schreiben vor allem, dass sich der Landkreis seiner Verantwortung entziehe und dies trotz des bestehenden Sicherstellungsauftrags für die Krankenhausversorgung im Landkreis. „Unter Verweis auf die Beteiligung des Kreises in einer Gesundheitsholding mit dem Krankenhaus Tauberbischofsheim und dem Caritas in Bad Mergentheim wird eine Beteiligung des Landkreises an der Finanzierung des Wertheimer Krankenhauses vehement abgelehnt.“ Der Kollaps der ambulanten Notfallversorgung und des Rettungswesens werde auch die Bürger in Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim mit voller Wucht treffen. „Die Gesundheitspolitik erlebt im Main-Tauber-Kreis derzeit einen stummen Infarkt. Ein großer Schaden entsteht, der heute für die politisch Verantwortlichen anscheinend noch nicht zu erkennen ist“, heißt es weiter.

"Landkreis endet nicht in Bronnbach"

Die Ärzteschaft fordert in ihrem Schreiben deshalb die Stadt Wertheim auf, als Hauptleidtragende in dieser Notsituation auch ohne den Landkreis zumindest vorübergehend allein die Verantwortung für die Daseinsvorsorge Wertheims jenseits der „Gesundheitsholding Mitte-Süd“ zu übernehmen. „Wir fordern die politisch Verantwortlichen auf: Werden Sie Ihrer politischen Verantwortung gerecht! Wenden Sie den drohenden medizinischen Notstand im Main-Tauber-Kreis schnellstens ab! Der Landkreis wird sich mittelfristig seiner Verantwortung nicht entziehen können, denn der Landkreis endet nicht in Bronnbach, sondern in Freudenberg.“

In einem weiteren Schreiben, welches die Wertheimer Ärzte an die Stadtverwaltung und die Fränkischen Nachrichten schickten, wird das erarbeitete Konzept zur Unterstützung einer kommunalen Trägerschaft konkretisiert. So wolle man durch enge Kooperationen zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor die Wirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebs nachhaltig steigern.

Pflegedienst von Jens Müller könnte unterstützen

Als Möglichkeit wird eine Kooperation in der Pflege mit dem ambulanten Pflegedienst Jens Müller aufgeführt. „Dieser ambulante Pflegedienst hat derzeit etwa 90 Mitarbeiterinnen. Im Falle eines vorübergehenden Personalengpasses im Krankenhaus wäre er in der Lage, für einen Teilbereich der Krankenhauspflege (zum Beispiel 20 Betten) komplett die pflegerischen Tätigkeiten für die Patienten zu übernehmen.“ Dieser ambulante Pflegedienst würde zudem anbieten, vom Krankenhaus Kurzzeitpflegebetten anzumieten, deren Betreuung er komplett übernehmen würde.

Kooperation in der Radiologie

Ebenso wird eine Kooperation in der Radiologie durch die Radiologische Praxis Dres Neumann, Herrmann, Schneider vorgeschlagen. Diese umfasse eine Zusammenarbeit bei der Ausbildung von ärztlichem Personal, die Zusammenarbeit bei der Ausbildung von Assistenzpersonal (radiologisch-technische Assistentinnen), die Zusammenarbeit bei der Ausstellung von notwendigen Bescheinigungen zur Anerkennung der Berufsausbildung von ausländischem Assistenzpersonal, die personelle Unterstützung bei der Befundung in der Akut- und Teleradiologie, die personelle Unterstützung bei interventionellen Eingriffen, die Aushilfe bei Personalengpässen (sowohl bei der radiologischen Assistenz als auch bei der ärztlichen Befunderstellung).

Chirurg bietet Unterstützung an 

„Der frühere Chefarzt der Orthopädie/Unfallchirurgie der Rotkreuzklinik Dr. Stephan Vögeli hat bei den niedergelassenen Ärzten für seine operative Tätigkeit einen hervorragenden Ruf. Er war in der Vergangenheit ein Magnet für Patienten und arbeitet derzeit hauptsächlich als niedergelassener Chirurg. Er bietet an, zukünftig wieder Operationen bei stationären Patienten in der Rotkreuzklinik durchzuführen“, heißt es in dem Schreiben. Zum OP-Spektrum würden Gelenkersatz-Operationen, Akutversorgung von Frakturen und Wirbelsäulenchirurgie gehören.

Kooperation mit Viszeralchirurg

Auch eine Kooperation in der Viszeralchirurgie wird vorgeschlagen. „Gerade die Viszeralchirurgie betrachten wir, mit zuletzt nur etwa 450 Fällen laut Qualitätsbericht, als einen Bereich, der zukünftig erhebliche Steigerungen der Fallzahlen erzielen könnte. Der frühere Chefarzt der Viszeralchirurgie und Ärztliche Direktor der Rotkreuzklinik, Dr. Gerhard Schüder, war nach seiner Tätigkeit in der Rotkreuzklinik jahrelang auch als Chefarzt im Kreiskrankenhaus Tauberbischofsheim tätig und macht heute Vertretungen für Herrn Dr. Gläser in der chirurgisch/orthopädischen Praxis in Wertheim. Durch seine überregionale Bekanntheit und seinen herausragenden Ruf kann er hervorragend Patientenströme neu ausrichten.“ Auch Dr. Gerhard Schüder würde zeitlich befristet eine Tätigkeit als Berater und als operativ tätiger Viszeral-Chirurg in der Klinik anbieten und unter anderem Hilfestellung leisten, bei der Gewinnung von neuen Ärzten für die viszeralchirurgische Abteilung.

Neurologin Sandra Rückert könnte Mieterin sein

Angeführt wird in dem Schreiben auch eine Kooperation in der Neurologie durch die Praxis Dr. Rückert und Kollegen. Hier könne man sich eine befristete Anmietung von Räumen in der Rotkreuzklinik für neurologische Tätigkeit vorstellen. Diese Kooperation würde unter anderem eine ärztliche Mitbetreuung der Stroke-Unit und bei neurologischen Akutbehandlungen umfassen, genauso wie den neurologischen Konsiliardienst für die Klinik und eine Dienstübernahme als Ergänzung zum bestehenden Personal. Auch Assistenzpersonal und Neurologen könnten der Klinik überlassen werden und neurologische Untersuchungen bei stationären Patienten durchgeführt werden. Die Kooperation würde auch die Überlassung von Neurologen, Assistenzpersonal und neurologischer Apparatetechnik für Untersuchungen beinhalten, für den Fall, dass sich eine neurologische Frührehabilitation in der Rotkreuzklinik ansiedeln würde.

Boddenberg: Ruhe bewahren

Wie der Pressesprecher des Generalbevollmächtigten mitteilte, sei es nun wichtig, „dass in den Verhandlungsprozess öffentlich Ruhe einkehrt, um die Verhandlungsergebnisse nicht zu gefährden und allen Akteuren möglichst die notwendige Ruhe zum Finden einer Lösung geboten wird“.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke