Regierungspräsidium lehnt PV-Anlage in Wertheimer Altstadt ab

Weil Denkmalschützer eine erhebliche Beeinträchtigung sehen, darf auf einem Dach eines Hauses  in der Innenstadt keine PV-Anlage installiert werden.

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Gerd Weimer
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Auf das Dach eines Hauses in der Rittergasse darf nach dem Willen des Regierungspräsidiums keine Solaranlage installiert werden. © Gerd Weimer

Wertheim. „Wir wollen Ermöglicher sein, keine Verhinderer“, sagte die baden-württembergische Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU) im Juli vergangenen Jahres. Damals hatte die Landesregierung die Regeln für Solaranlagen auf Dächern von denkmalgeschützten Gebäuden gelockert und entsprechende Leitlinien erlassen. Die Genehmigung ist „regelmäßig zu erteilen“, heißt es in den Leitlinien. Nur bei einer „erheblichen Beeinträchtigung“ des Kulturdenkmals könne anders entschieden werden.

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Eine solche schwerwiegende Beeinträchtigung sieht das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) offenbar in einem Fall in der Wertheimer Altstadt. Achim Camerer darf auf dem Dach seines Hauses in der Rittergasse vorerst keine Photovoltaikanlage installieren. Die Stadtverwaltung muss seinen Antrag auf Anweisung des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart ablehnen. Im Rathaus ist man darüber nicht glücklich, wie sich bei der Sitzung des Bauausschusses am Montag zeigte, wo der Vorgang auf der Tagesordnung stand. Der Gemeinderat hatte sich in einem gemeinsamen Antrag im Oktober vergangenen Jahres für PV-Anlagen in der Altstadt stark gemacht.

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Der Fall zeige, „wie sehr sich der politische Wille von Ministerien und tatsächliches Handeln von Behörden unterscheiden können“, sagte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez. Thomas Dankowski vom Referat Bauordnungsrecht informierte das Gremium über den Vorgang. Der Schriftverkehr zwischen der Stadt und dem RP lag bei der Sitzung vor.

Diesem ist zu entnehmen, dass sich die Stuttgarter Aufsichtsbehörde bei seiner ablehnenden Entscheidung nahezu ausschließlich auf die Stellungnahme des LAD stützt. Bei dem Wohnhaus handele es sich um „ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“, dessen Erscheinungsbild nicht verändert werden dürfe. Es gebe keinen Ermessensspielraum, heißt es in dem Schreiben von Ende Juli.

„Durchschnittsbetrachter“

Bei der Beurteilung der Angelegenheit sei „das Empfinden eines für Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters entscheidend“. Das RP räumt ein, dass sich diese subjektive Wahrnehmung in den vergangenen Jahren im Hinblick auf Solaranlagen verändert habe und der Durchschnittbetrachter diese „nicht mehr als exotische Fremdkörper wahrnimmt“. Trotzdem liege „eine erhebliche Beeinträchtigung“ vor - insbesondere was den Blick von der linken Tauberseite auf die Kernstadt angeht. Eine PV-Anlage würde „als Störung in der bislang ungestörten Dachlandschaft wahrgenommen“.

Das RP bezieht sich dabei besonders auf die Postkartenansicht mit Kittsteintor und der Burg im Hintergrund. Die Solaranlage würde zu einer „erheblichen Beeinträchtigung des besonders raumwirksamen Kulturdenkmals ‚Burg Wertheim’ in seiner Umgebung“ führen. Auch nach Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Gewinnung erneuerbarer Energien könne man das Projekt nicht genehmigen.

Erstaunlicherweise schlägt das RP noch vor, dass der Hausbesitzer alternativ auf dem Dach zur Rittergasse hin eine PV-Anlage installieren könne. Offenbar ist der Aufsichtsbehörde nicht klar, dass dies wegen der Nordost-Ausrichtung und der damit verbundenen sehr geringen Sonneneinstrahlung wirtschaftlich keinen Sinn macht. Die Stadtverwaltung hatte auf diesen Umstand zuvor ausdrücklich hingewiesen. Die vom RP vorgeschlagene Installation von roten Solarziegeln kommt für den Eigentümer nicht in Frage, weil sie erheblich teurer und daher nicht rentabel sind.

Eigentümer will klagen

Da die Stadtverwaltung den Antrag auf Anweisung des RP ablehnen muss, bleibt Achim Camerer nur der Rechtsweg, den er auch einschlagen wird, wie er auf FN-Nachfrage bestätigte. Camerer will sich nicht mit der Stuttgarter Entscheidung abfinden, und verweist unter anderem darauf, dass sich das Dach überhaupt nicht im Original-Zustand befinde. Ursprünglich sei es ein Mansardendach gewesen, das schon vor langer Zeit durch ein Satteldach ersetzt wurde.

Richard Diehm (Grüne) berichtete, seine Fraktion versuche schon beim RP „politisch nachzusteuern“. Die Entscheidung der Behöde sei „absolut überzogen“. Patrick Schönig (SPD) meinte, es sei „nicht zumutbar“, dass Achim Camerer nun einen Prozess führen müsse. Es stelle sich die Frage, welche Relevanz die vom Stuttgarter Wohnungsbauministerium aufgestellten Regeln haben, wenn sich das LAD nicht „auf die neuen Zeiten umstellt“.

Immerhin, so OB Markus Herrera Torrez abschließend, seien mittlerweile schon vier Anträge auf Installation einer Solaranlage in der Altstadt genehmigt worden. Weitere drei Vorhaben werden derzeit bearbeitet.

Redaktion Reporter Wertheim

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