Wertheim. Nach dem Willen des Wertheimer Gemeinderats soll in den Stadtteilen bei der künftigen Verkehrsplanung, besonders bei Sanierung und Neubau, „dem Radverkehr gegenüber dem motorisierten Individualverkehr Vorrang eingeräumt werden“. In einem entsprechenden Grundsatzbeschluss des Gremiums, der nach Einschätzung von Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez „neue Standards setzt“, sollen ab dem Haushaltsjahr 2022 bis 2017 jährlich 50 000 Euro zur Verfügung gestellt werden, um diesbezügliche Maßnahmen sukzessive umzusetzen. Die konkreten Vorhaben werden von einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Fraktionsvertretern, einem Vertreter des Allgemeine Deutsche Fahrrad-Clubs (ADFC) sowie der Verwaltung erarbeitet. Was die Innenstadt angeht, wird die Gruppe um einen Delegierten vom Stadtmarketingverein und Altstadtrat ergänzt. In den Stadtteilen und Ortschaften kommt ein Vertreter des betroffenen Stadtteilbeirats und Ortschaftsrats hinzu. Über den Bau von neuen Radwegen entscheidet der Gemeinderat im Rahmen des jeweiligen Investitionsprogramms.
Hintergrund: Maßnahmenkatalog der Radverkehrsuntersuchung
Der von einem Ingenieurbüro im Zuge einer Untersuchung entwickelte Maßnahmenkatalog führt in einer Prioritätenliste die 72 wichtigsten wichtigsten Projekte auf.
Darunter finden sich kleinere Vorhaben, die in der Verantwortung der Stadt liegen, wie die Bereitstellung von Schließfächern, Ladesäulen an der Anlegestelle am Main.
Ferner enthält die Liste Maßnahmen, für die das Land zuständig wäre: Bau einer Brücke für Fußgänger und Radfahrer über die Tauber zwischen dem Spitzen Turm und dem Tauberparkplatz oder den Bau einer Brücke für den Radverkehr parallel zur Odenwaldbrücke.
Die komplette Liste des Maßnahmenkatalogs gibt es unter fnweb.de als Download. wei
Studie nur bei Förderung
Die Stadtverwaltung ist nun beauftragt, einzelne Maßnahmen mit den zuständigen Baulastträgern (Land, Landkreis) zu besprechen und „auf der Umsetzung hinzuwirken“. Als zunächst wichtigstes Projekt, dessen Realisierung auch in der Hand der Stadt Wertheim selbst liegt, ist eine Route zwischen Bestenheid und dem Wartberg vorgesehen. Dafür soll eine Machbarkeitsstudie erstellt werden.
Die Verwaltung wollte dafür Kosten von 40 000 Euro im Haushalt einplanen. Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung billigte der Gemeinderat einhellig den von CDU- und SPD-Fraktion ausgehandelten zusätzlichen Passus, dies nur zuzulassen, wenn die Hälfte davon durch Fördermittel gedeckt ist.
Die Verbindung zwischen Bestenheid und dem Wartberg war Gegenstand einer längeren Diskussion. Ingo Ortel (SPD) regte an, eine Umfrage unter Bestenheider Unternehmen zu machen, um den Bedarf für die Route festzustellen. Manfred Busch von den Freien Bürgern bezweifelte die Finanzierbarkeit: „Wo soll das ganze Geld herkommen?“ Stefan Kempf (Bürgerliste) schloss sich an: „Ist es uns das Geld wert, wenn da nur zehn Leute am Tag mit dem Rad fahren?“
Mobilität neu denken
Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez entgegnete, man müsse durch Angebote Nachfrage erzeugen. Der OB hatte bei der Vorstellung des Maßnahmenkatalogs der durchgeführten Radverkehrsuntersuchung (siehe auch Hintergrund) von einem „echten Meilenstein“ und einer „großen Chance“ gesprochen, die sich eröffne. „Wertheim hat tolle touristische Radwege, die viele Menschen anlocken“, führte er aus. Allerdings sei man beim Alltagsverkehr „nicht auf der Höhe der Zeit“.
Axel Wältz (CDU) räumte ein, dass man Mobilität neu denken müsse. Dabei dürften Autos nicht gegen Busse, Fahrräder nicht gegen Fußgänger ausgespielt werden. Neben der Evaluierung der Stadtbuslinien und des Ruftaxis sei ein Ausbau des Radnetzes für den Alltagsverkehr wichtig. Allerdings habe seine Fraktion Zweifel, „ob wir so wie im Beschlussvorschlag beschrieben spürbar vorankommen“.
Im Grunde sei eine übergeordnete „große Verkehrsleitplanung“ notwendig. Wältz wies zudem darauf hin, dass „die wenigsten Radverbindungen in Baulast der Stadt Wertheim sind, so dass die Verantwortung zwischen Stadt, Landkreis und Land Baden-Württemberg hin und her geschoben werden könnte“.
Üppige Zuschüsse
Richard Diehm (Grüne) verwies auf üppige Zuschussmöglichkeiten des Landes. Für die Grünen sei es wichtig, dass die Wertheimer sicher auf einem gut ausgebauten Radweg von A nach B kommen. Die Stadt sei beispielsweise bisher nicht auf das Land zugegangen, um für den Bau eines Radwegs zwischen Reinhardshof und Einmündung Alte Steige zu forcieren.
Man hätte nur wenige Zeilen an die Landesregierung schicken müssen, um für Abhilfe zu sorgen. Seine Fraktion wünsche, dass der Beschluss des Gemeinderats noch konkreter ausfällt.
Schließlich stimmte das Gremium der geänderten Vorlage zu. Manfred Busch (Freie Bürger) votierte dagegen, Stefan Kempf (Bürgerliste) und Frank Schumann (FDP) enthielten sich.
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