Wertheim liegt am Schnittpunkt zweier beliebter Radrouten. Das macht die Main-Tauber-Stadt beliebt, bringt aber auch Probleme.
Wertheim. Fahrradfahren boomt. Weil wegen der Pandemie die üblichen Urlaubsziele nicht in Frage kommen, steigen die Leute massenweise auf den Drahtesel und erkunden ihre Heimat. Wertheim profitiert davon. Wer in diesen Tagen durch die Main-Tauber-Stadt flaniert, kann dies beobachten. Seien es Tagesausflügler oder Urlauber mit viel Gepäck in den Satteltaschen: Die Stadt ist voll mit Radtouristen.
Doch das bringt auch Herausforderungen mit sich. Boris Kellner vom Altstadtbeirat sprach sie auf der jüngsten Gemeinderatssitzung an: „Sowohl Gewerbetreibende, Bewohner als auch Besucher der Kernstadt, die zu Fuß unterwegs sind, sehen das Verhalten der Radfahrer in der Fußgängerzone und auch auf den Tauberpromenaden als kritisch und zunehmend rücksichtslos.“
Knotenpunkt
Bei einem Rundgang mit den Fränkischen Nachrichten benennt Kellner die neuralgischen Punkte: Eichelgasse, Brückengasse, der Durchgang vom Spitzen Turm zum Neuplatz.
Es sind die Eingangswege in die Altstadt, an denen es immer wieder zu kritischen Situationen komme, so Kellner. Kein Wunder, liegt doch Wertheim an einem Knotenpunkt für den Radverkehr. Zwei sehr beliebte Routen kreuzen hier: die 5-Sterne-Radwege Taubertal und Main.
Wer als Drahtesel-Tourist diese beliebten Wege nutzt, steht irgendwann vor den Toren Wertheims und möchte natürlich die mittelalterliche Altstadt besichtigen. Zwar sind an allen Einfallstoren Hinweisschilder angebracht, die zum Absteigen auffordern, und die meisten halten sich auch daran. Manche aber nicht.
So komme es immer wieder zu Beinahe-Unfällen, schildert Kellner die Situation. Es gebe zum Beispiel Radler, die das Messbrückle queren und dann durch die Friedleinsgasse zum Marktplatz fahren, weil sie weiter Richtung Eichel wollen. Wenn Fußgänger am Eingang zur Friedleinsgasse vorbei gehen, könnten sie nicht rechtzeitig reagieren. „Das sieht keiner“, meint Kellner.
Enge Gassen
Das Gleiche treffe auf die Eichelgasse zu. Wer mit dem Rad aus Richtung Urphar von der Main-Route kommt und den Eingang durch die Obere Eichelgasse wählt, müsse am Eichelgassenkreuz absteigen. Einige würden aber trotzdem weiterfahren und spätestens an den ersten Läden komme es zu gefährlichen Begegnungen mit Kunden, welche die Geschäfte gerade verlassen und mit dem Verstauen ihrer gekauften Waren beschäftigt sind.
Ähnlichen Situationen gebe es in der Maingasse, wo viele Kleiderständer auf der Gasse stehen. Genauso in der Brückengasse, die von der Tauberbrücke aus zwar zunächst relativ breit ist, aber dann trichterförmig auf den Marktplatz zuläuft.
Spätestens auf dem zentralen Platz der Main-Tauber-Stadt sei das Chaos vorprogrammiert, meint Kellner. Gerade an Wochenenden oder Feiertagen spitze sich die Lage zu.
Risikoberuf Bedienung
Noch gefährlicher sei es am Durchgang vom Spitzen Turm zum Neuplatz. Hier gibt es links und rechts Außengastronomie. „Da fährt man mitten durch. Wenn die Bedienungskraft mit ihrem Tablett aus dem Restaurant herauskommt, oder einen Schritt rückwärts vom Tisch weggeht, ist sie der Gefahr ausgesetzt“, berichtet Kellner. Oft würden die Gastro-Mitarbeiter angeklingelt, obwohl Velofahrer eigentlich schieben müssten.
Dies werde auch an der linken Tauberpromenade deutlich. Der Radverkehr aus Richtung Bestenheid wird über den Tauberparkplatz geführt.
Wer am idyllischen Tauberufer entlang radeln will, nutze die Unterführung der Tauberbrücke, die es seit dem Neubau gibt. Da stehe zwar ein Schild mit der klaren Aufforderung abzusteigen, doch „gefühlt hält sich nur die Hälfte daran“. Nicht nur Touristen, sondern auch Einheimische nähmen an dieser Stelle die Regeln nicht so ernst. Sie fahren auf dem Fußweg entlang des Flusses weiter und wundern sich dann, dass es an der Main-Tauber-Halle kein Schild gibt, dass ihnen den Weg zur Tauberroute weist.
Diese führt nämlich über die Obere Leberklinge, nicht auf dem Weg an der Halle vorbei Richtung Spielplatz. Viele Ausflügler nutzen den Parkplatz an der Main-Tauber-Halle auch als Startpunkt und radeln dann verbotenerweise am Spielplatz vorbei.
Kellner wünscht sich „eine Erhöhung des Kontrolldrucks vor allem von Freitag bis Samstag“ weiß allerdings auch, dass dem ordnungsamt die personellen Möglichkeiten fehlen.
Keine Abstellgelegenheit
Ein grundsätzliches Problem in Wertheim seien fehlende Standplätze für Fahrräder. Wären diese vorhanden, könnte die Radtouristen bequem zu Fuß die Altstadt erkunden. E-Bikes seien enorm teuer und deswegen auch attraktiv für Langfinger. Deswegen komme ein „Parkplatz“ außerhalb der Innenstadt kaum in Frage. Besser wäre eine Abstellgelegenheit beispielsweise auf dem Neuplatz – mit tauglicher Überwachung. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez sagte bei der Gemeinderatssitzung zu, dass die Verwaltung die Herausforderungen noch einmal unter die Lupe nimmt. Vielleicht gibt es ja auch kurzfristig Lösungen, denn der Boom des Radfahrens dürfe angesichts der Pandemie-Entwicklung kaum nachlassen. Möglicherweise hält er lange an, weil Radfahren Spaß macht und viele das erst jetzt erkennen.
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