Rotkreuzklinik Wertheim

Offener Brief an Minister Lucha und Landrat Schauder

Oberbürgermeister und Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat stellen klare Forderungen auf

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Wertheim. Mit Blick auf die Zukunft der Rotkreuzklinik Wertheim haben sich der Oberbürgermeister und die Vorsitzenden der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen in einem Offenen Brief an Minister Manfred Lucha und an Landrat Christoph Schauder gewandt. Nachdem sie „seit Monaten mit dem Verweis auf das laufende Insolvenzverfahren hingehalten werden und verlässliche Aussagen ausbleiben“, sahen sie sich zu diesem Schritt „genötigt“. Im Brief fordern Markus Herrera Torrez, Axel Wältz (CDU), Patrick Schönig (SPD), Songrit Breuninger (Freie Bürger), Stefan Kempf (Bürgerliste) und Richard Diehm (Bündnis 90/Grüne) von den beiden Politikern: „Stellen Sie Klarheit her – sichern Sie den Krankenhausstandort Wertheim“.

Zunächst gehen die Verfasser des Schreibens auf die Zeit seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Krankenhaus am 6. September und das bislang erfolglose Bemühen um einen neuen Betreiber ein. Wie es heißt, könne nach einer über fünfmonatigen Suche „nicht davon ausgegangen werden, dass es dem Insolvenzverwalter gelingen wird, einen privaten Käufer“ zu finden.

Nachdem die Stadt Wertheim in mehreren Gesprächen und Schreiben verdeutlicht habe, „wie essenziell der Erhalt des Krankenhauses für die Gesundheitsversorgung der hier und im Umkreis lebenden Bürgerinnen und Bürger ist“, heben die Absender in ihrem Brief die wichtigsten Argumente für den Erhalt des Krankenhauses nochmals hervor: „Über 50 000 Bürgerinnen und Bürger hätten bei einem Wegfall des Krankenhausstandortes in Wertheim einen durchschnittlichen Anfahrtsweg von über 32 Minuten zu einem Krankenhaus der Grundversorgung. Vergleichsweise hierzu beträgt die Fahrzeit im Status quo circa 19 Minuten.“ 2023 seien über 11 500 Patienten im Rahmen der Notfallversorgung in der Klinik behandelt worden, wobei bei 70 Prozent die Versorgung zeitkritisch gewesen sei und „innerhalb von 30 Minuten erfolgen musste“. Falle die Zentrale Notfallaufnahme weg, seien Qualität und Sicherstellung einer medizinischen Versorgung aufgrund einer Verdopplung beziehungsweise Verdreifachung des derzeitigen Fahrtweges in großer Gefahr. Zur nächstgelegenen Notfallaufnahme, die wie Wertheim eine Schlaganfalleinheit (Stroke-Unit) beinhaltet, wäre eine Fahrzeit von 38 Minuten nötig.

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Auch mit Kritik sparen die Verfasser nicht: „Bis zum heutigen Tag haben sowohl das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration sowie das Landratsamt des Main-Tauber-Kreises keine verbindliche Aussage zur Zukunft des Krankenhausstandortes Wertheim getroffen“, betonen sie und stellen an den Minister und an den Landrat als Grundlage für den Erhalt des Krankenhauses in Wertheim folgende Forderungen: „Stellen Sie unmissverständlich fest, dass ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung in Wertheim bedarfsnotwendig ist. Stellen Sie fest und legen dar, wie viele Krankenhausbetten am Standort Wertheim vorgehalten und welche medizinischen Leistungen an diesem Krankenhausstandort erbracht werden müssen, um die erforderliche Bedarfsnotwendigkeit zu erreichen. Stellen Sie unmissverständlich fest, dass eine Zentrale Notfallaufnahme am Standort in Wertheim zu erhalten ist.“ Ohne diese Festlegungen könne kein künftiger Träger den Betrieb des Krankenhauses fortsetzen.

Das vom Insolvenzverwalter erarbeitete „und Ihnen bekannte“ Restrukturierungsprogramm des Krankenhauses werde erheblichen Finanzierungsbedarf in den nächsten Jahren auslösen, da auch künftig finanzielle Defizite in Millionenhöhe zu erwarten seien, schreiben der OB und die Fraktionsvorsitzenden weiter an den Minister und den Landrat. Um den Betrieb des Krankenhauses in Wertheim als Grund- und Regelversorger fortzuführen, sei von einem zusätzlichen Finanzierungsbedarf von 39 bis 49 Millionen Euro allein bis 2030 auszugehen. Auch in den darauffolgenden Jahren müsse mit einem jährlichen Defizit in Millionenhöhe gerechnet werden.

Die Absender verweisen auf das Landeskrankenhausgesetz. Sei eine „bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern nicht durch andere Träger sichergestellt“, treffe demnach „die Stadt- und Landkreise die Pflicht, nach dem Krankenhausplan notwendige Krankenhäuser und Krankenhauseinrichtungen zu betreiben“. Weder sei es die gesetzliche Aufgabe der Stadt Wertheim ein Krankenhaus zu betreiben, noch entspreche es der Leistungsfähigkeit einer Stadt mit 23 500 Einwohnern, die Trägerschaft hierfür zu übernehmen. „Gleichwohl ist die Stadt Wertheim bereit, sich finanziell für den Erhalt des Krankenhauses einzubringen und in eine kommunale Trägerschaft einzusteigen, insofern der Landkreis des Main-Tauber-Kreises sich an deren Finanzierung ebenfalls maßgeblich beteiligt“, so die Verfasser. Und weiter: „Im gegenwärtigen Stadium sehen wir keine Alternative, um das Krankenhaus in Wertheim als Haus der Grund- und Regelversorgung zu erhalten. Deshalb fordern wir Sie auf: Begeben Sie sich auf diesen Weg. Die Stadt Wertheim steht hierfür bereit.“

Vorsorglich ergeht dann an die Adressaten der Hinweis, „dass mögliche Überlegungen, den Krankenhausstandort Wertheim zu schließen und die bedarfsnotwendige Anzahl von Krankenhausbetten sowie eine ausgebaute Zentrale Notfallaufnahme zukünftig im Krankenhaus Tauberbischofsheim abzubilden, vonseiten der Stadt Wertheim eine unmissverständliche Ablehnung erfahren.“ Denn es wäre für die Kommune „vollkommen inakzeptabel“, wenn „zulasten des Haushalts des Main-Tauber-Kreises (an dessen Finanzierung die Stadt Wertheim über die Kreisumlage beteiligt ist) in Tauberbischofsheim neue Kapazitäten geschaffen würden, während in Wertheim eine Schließung erfolgt, weil der Landkreis nicht bereit ist, sich an einer Trägerschaft und den damit verbundenen Kosten zu beteiligen“.

Abschließend bieten der OB und die Fraktionsvorsitzenden, „wie auch die gesamte Stadtverwaltung Wertheim“ an, „für vertrauliche und konstruktive Gespräche zum Erhalt des Krankenhauses in Wertheim“ weiter zur Verfügung zu stehen. Ohne ein Handeln des Landes Baden-Württemberg und des Landkreises Main-Tauber stehe das Krankenhaus in Wertheim vor der Schließung. Die Gesundheitsversorgung der Stadt Wertheim und zahlreicher angrenzenden Gemeinden drohe eine erhebliche Verschlechterung. Der OB und die Fraktionsvorsitzenden erklären weiter, es sei die Aufgabe des Ministers und des Landrats, „dies zu verhindern“, und bitten diese „eindringlich“, ihrer „Aufgabe und Verantwortung gerecht zu werden und diese „nicht länger auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rotkreuzklinik, der hier lebenden Bürgerinnen und Bürger sowie dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung abzuladen“.

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