Kreuzwertheim. Zum Neujahrsempfang der Marktgemeinde Kreuzwertheim kamen am Sonntag gut 300 Bürgerinnen und Bürger in die so fast voll besetzte Dreschhalle.
Den Auftakt der Veranstaltung bildete traditionell ein ökumenischer Gottesdienst mit Pastorin Stephanie Wegner und Pfarrer Dieter Hammer. Für die musikalische Gestaltung sorgten der Posaunenchor unter der Leitung von Rainer Lange sowie der Männergesangverein mit seinem Dirigenten Otto Vogel. Auch die Sternsinger machten ihre Aufwartung und sammelten anschließend für den guten Zweck.
Seine Rede hatte Bürgermeister Klaus Thoma unter die Überschrift „Herausforderungen meistern“ gestellt. Nicht nur die Anwesenheit zahlreicher Vertreter aus Politik und Wirtschaft, sondern besonders die große Resonanz aus der Bürgerschaft wertete Thoma als starkes Zeichen für die enge Verbundenheit mit der Marktgemeinde.
In Anlehnung an ein Zitat des früheren Außenministers in der „Weimarer Republik“, Walter Rathenau, stellte Thoma das Gemeinwohl in den Mittelpunkt seiner Ansprache. Dieses sei die „Voraussetzung für gelingendes Leben in der Gemeinschaft“. Ebenso notwendig sei dafür eine konstruktive Streitkultur. Dabei dürfe aber der „Blick für das Wesentliche und die wirklichen Probleme unserer Bürger“ nicht verloren gehen. „Hier habe ich in der Bundespolitik derzeit meine Zweifel“, kritisierte Thoma. Es sollte nicht der einzige Seitenhieb in Richtung Berlin bleiben.
Gleichwohl betonte der Rathaus-Chef, dass man „keinesfalls aus Protest den Falschen in die Arme laufen“ dürfe, was das Publikum mit einem kräftigen Zwischenapplaus bedachte. „Unsere Demokratie ist die beste Gesellschaftsform, die es gibt“, stellte der Redner klar. Dem damit verbundenen Gestaltungsauftrag müsse man aber auch nachkommen: „Wie wir zusammenleben und unsere Welt gestalten, liegt an uns selbst.“
Auch im vergangenen Jahr sei es gelungen, das Gemeinwohl zu mehren und die Gemeinde weiterzuentwickeln. Als Beispiele nannte Thoma unter anderem die Sanierung des Feuerwehrhauses sowie die Anschaffung neuer Fahrzeuge für die Feuerwehren, den Neubau des Hochbehälters und die Fertigstellung der Sanierung der „Quätschich-Arena“.
Die Gesellschaft sei gerade mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert, die jedoch auch als „große Chance“ begriffen werden sollten. Dafür sei jedoch „ein Umdenken“ nötig: „Weniger Anspruchsdenken und mehr Bescheidenheit, weniger Vollkasko-Mentalität und mehr Eigenverantwortung.“
Einige seiner Ideen zum Bewahren der Attraktivität als Lebens- und Wirtschaftsstandort skizzierte Thoma. So solle der Gemeindewald zu einem klimaangepassten und multifunktionalen Wald umgebaut werden. Bei den Infrastrukturmaßnahmen stünde besonders der ab diesem Jahr geplante Breitbandausbau im Fokus. „Da bin ich mal gespannt“, kommentierte Thoma. Auch die vollständige Umgestaltung des Friedhofs zu einem „Ort der Begegnung und Würde“ sowie zusätzliche Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen in Wiebelbach stünden auf der Agenda. Weitere Investitionen sollen einer zeitgemäßen Ausstattung der Feuerwehren und dem Ausbau der Kindertagesstätten zugutekommen. Der Standort für das neue Feuerwehrhaus auf gemeindlicher Fläche gegenüber den Einkaufsmärkten sei inzwischen durch übergeordnete Behörden entschieden. Und um weitere 29 Betreuungsplätze zu schaffen, sei eine Erweiterung des Kindergartens Turnplatzstraße am sinnvollsten. Allein diese beiden Investitionsvorhaben würden mit rund acht bis zehn Millionen Euro zu Buche schlagen. Da die Rücklagen dafür „bei Weitem“ nicht mehr ausreichten, sei die nun zehn Jahre andauernde schuldenfreie Zeit damit vorerst vorbei.
Sehr ausführlich widmete sich Thoma noch der aktuellen Situation um das Insolvenzverfahren der Rotkreuzklinik Wertheim. Dadurch werde „unsere ärztliche Versorgung derzeit in den Grundfesten erschüttert“. Denn auch die Zukunft des in Kreuzwertheim ansässigen hausärztlichen medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) stehe nun auf dem Spiel. Aufgrund der bereits zu erbringenden Aufwendungen für das Kreisklinikum sowie den Neubau des Zentralklinikums in Lohr würde eine weitere finanzielle Beteiligung für das Krankenhaus Wertheim die „dauernde Leistungsfähigkeit ernsthaft gefährden“ – jedenfalls nicht, ohne künftig auf eigene zentrale Projekte verzichten zu müssen. Das müsse allen klar sein.
Kein Verständnis
Kein Verständnis äußerte Thoma daher für die Entscheidungen anderer staatlicher Ebenen: „Ich sage es mal deutlich: Wir sollen wieder auf kommunaler Ebene das ausbaden, was woanders versaubeutelt wurde.“ Wie auch sein ebenfalls anwesender Wertheimer Amtskollege Markus Herrera Torrez sei über die aktuelle Lage ebenso verärgert wie besorgt. Denn die Verbindung zwischen den beiden Städten sei nicht nur kooperativ, sondern auch freundschaftlich und sehr eng – und das bleibe auch so.
Lobende Worte richtete Thoma an alle Ehrenamtlichen in den zahlreichen Organisationen der Gemeinde, die in besonderer Weise für einen ausgeprägten Gemeinsinn und das gute Miteinander stehen. Sein Dank galt auch den Mitarbeitern der Verwaltung und des Bauhofs sowie dem Gemeinderat mit den beiden Bürgermeisterstellvertretern Silvia Klee und Günter Kohrmann sowie den Fraktionssprechern.
Und was bleibt noch hängen? Als seinen traditionellen „Neujahrstipp“ schlug das Gemeindeoberhaupt den Zuhörern vor, den individuellen „Reset-Knopf“ zu drücken. So könne man unnötigen Ballast loswerden und sich wieder auf das Wesentliche besinnen. Ach ja, und gegendert werde laut Thoma ganz nach Fasson des bayerischen Ministerpräsidenten, auch in Kreuzwertheim nicht.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wertheim_artikel,-wertheim-kreuzwertheims-buergermeister-wirbt-fuer-gemeinsinn-und-demokratie-_arid,2163545.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/kreuzwertheim.html