Wertheim. Hier fühlt er sich wohl – in seinem Weinberg auf dem Kreuzwertheimer Kaffelstein. Von dort aus hat der Teilzeit-Weinbauer einen hervorragenden Blick auf die Stadt Wertheim, auch auf das markante Gebäude des früheren Löwensteiner Hofs, in dem er aufgewachsen ist – im zweiten Abschnitt seiner Kindheit.
Michael Szabo, der am Sonntag 75 Jahre alt wird, ist im ungarischen Bonyhád, einem Ort zwischen Plattensee und der Grenze zu Kroatien, geboren. Seine Eltern, die Mutter eine deutschstämmige Donauschwäbin, der Vater ein Ungar, suchten nach dem Aufstand gegen das moskautreue Regime in Budapest das Weite. Wie Michael Szabo erzählt, stand sein Vater auf einer Fahndungsliste der Kommunisten, weil er sich mit den Verhältnissen nicht zufrieden geben wollte.
Der ungarische Teil seiner Kindheit sei sehr schön gewesen. Michael Szabos Augen glänzen, wenn er von den Ausflügen mit dem Pferdeschlitten – der Vater war Fuhrunternehmer – in die schneeweiße Landschaft erzählt, den vielen Haustieren und der unberührten Natur.
Flucht vor Regime
Die Flucht der Familie führte über Österreich ins Zirndorfer Sammellager bei Nürnberg. Verwandte aus Wertheim holten sie ab und nahmen sie mit in die Main-Tauber-Stadt. Eigentlich sollte es für den achtjährigen Michael Szabo, seine Schwester und die Eltern weiter nach Australien gehen. Die Patentante der Mutter betrieb dort ein Weingut. Doch die Verwandtschaft überzeugte die Szabos, in Wertheim zu bleiben, wo es genug Arbeit gab.
Der kleine Junge fand trotz fehlender Sprachkenntnisse sofort Anschluss, war fortan Teil der „Eichelgassen-Gang“, wie er erzählt. Straßenfußball war angesagt, am Samstagnachmittag wurde auf einer „schönen Wiese am Haidhof“ gekickt. Fußball sollte neben der beruflichen Karriere sein Leben prägen.
Bei der SV Wertheim war er Spieler einer starken Mannschaft. Als Libero räumte er so manchen Gegner ab. „Bis hierher und nicht weiter“ sollten die Stürmer des Gegners kommen, beschreibt er seine Aufgabe. Es gab Jugendspiele gegen große Mannschaften vom KSC und Waldhof Mannheim in der Rhein-Neckar-Liga, bei den Senioren spielte er in der Amateurliga Odenwald. Die Duelle mit dem Lokalrivalen der Viktoria aus Bestenheid sind Legende.
Beruflich suchte Michael Szabo früh den Weg in die Selbständigkeit. Nach der Kfz-Mechaniker-Lehre legte er 1973 die Meisterprüfung ab. Vier Jahre später gründete er sein eigenes Unternehmen, eine Werkstatt in der Vaitsgasse. Später zog der Betrieb in die Mühlenstraße, dann nach Bestenheid um, wo er bis heute stetig gewachsen ist. Ohne die Unterstützung seiner Frau Brigitte hätte er diese Karriere besonders anfangs nicht starten können. Auf diese Feststellung legt er ausdrücklich Wert.
Neben den beruflichen Verpflichtungen übernahm er ehrenamtliche Tätigkeiten. Im Wertheimer Gemeinderat saß er von 1989 bis 1999, zunächst für die Sozialdemokraten, dann in den Reihen der Freien Bürger.
Anschließend konzentrierte er sein Engagement auf die Interessensvertretung des Handwerks. Seit 1998 prägt er als Innungsobermeister die Geschicke der Kreishandwerkerschaft Main-Tauber und ist dort seit 2005 Kreishandwerksmeister. Auch bei der Handwerkskammer Heilbronn-Franken ist er aktiv.
Besonderes Augenmerk legte Michael Szabo auf die Völkerverständigung. Er trieb die Städtepartnerschaften zwischen Wertheim sowie Csobánka und Szentendre voran und vertiefte sie mit etlichen Besuchen, was ihm auch gelang, weil er fließend ungarisch spricht.
Wegen seines vielfältigen ehrenamtlichen Wirkens erhielt er vor fast drei Jahren das Bundesverdienstkreuz. Ein Jahr später gab es eine weitere Ehrung: Generalkonsul András Iszák überbrachte das silberne Verdienstkreuz der Republik Ungarn.
„Paradies“ am Kaffelstein
Die Leitung des Autohauses in Bestenheid hat er mit dem Eintritt ins Rentenalter 2016 an seinen Sohn Timo übertragen. Man trifft Michael Szabo aber noch immer dort an. Er fülle Lücken, helfe da, wo er gebraucht werde, sagt er. Nebenher kümmert er sich um seinen etwa zwei Hektar großen Weinberg am Kaffelstein. „Ein Paradies“, schwärmt er, während sein Blick über die Szenerie am gegenüberliegenden Mainufer schweift. „In was für einer wunderschönen Stadt wir doch leben.“
Wenn die Familie am Sonntagabend im kleinen Rahmen feiern wird, sind neben Gattin Brigitte, Sohn Timo und Tochter Sina auch fünf Enkelkinder dabei. Am Montag gibt es noch einen Empfang bei der Kreishandwerkerschaft mit den Obermeisterkollegen. Zu essen gibt es – natürlich – ein ordentliches Gulasch.
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