Stellungnahme

Das sagen Wertheims Ärzte zum Thema Bürgerspital

Die Niedergelassenen Ärzte Wertheims geben zur Wiederherstellung der stationären Grund- und Regelversorgung mit Basis-Notfallversorgung im Rahmen des Bürgerspitals Wertheim folgende Stellungnahme ab:

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Das Areal der Rotkreuzklinik. © Olivier Luksch

Wertheim. „Monate nach dem vermeintlich endgültigen Aus der Krankenhaus- und stationären Notfallversorgung in Wertheim sind wir Zeugen der bundesweit ersten Wiederbelebung eines bereits abgewickelten Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung. Woanders sterben systemrelevante Kliniken oder stemmen sich wegen eines völlig verfehlten Vergütungssystems gegen die drohende Insolvenz.In Wertheim werden 600 Jahre Krankenhausgeschichte als Bürgerspital Wertheim weitergeschrieben. Ein beispielloser Vorgang.

Dank des monatelangen beharrlichen bürgerschaftlichen Engagements und politischen Drucks in Richtung der politisch Verantwortlichen auf Stadt-, Kreis- und Landesebene und einem Wertheimer Gemeinderat und Oberbürgermeister, die mit dem Erwerb des Krankenhausareals Mut und Weitsicht bewiesen haben, hat Wertheim jetzt die einmalige Chance für einen Neustart.

Mit der Westfalenklinikgruppe von Alexander Gläser als Partner und Organisationsplatform ist aus einem vagen Hoffnungsschimmer ein Gesundheitsprojekt mit bundesweiter Modellwirkung geworden: Ein wohnortnahes Akutkrankenhaus mit vollwertiger stationärer Notfallversorgung einschließlich Schlaganfalleinheit in Verbindung mit einem hoch spezialisierten Schwerpunkt für Adipositaschirurgie.

In den letzten Monaten wurde offensichtlich, dass der nördliche Main-Tauber-Kreis für über 50 000 Menschen mit Prähospitalzeiten von über 30 Minuten nicht zum bundesweiten Schlusslicht in Sachen Notfallversorgung degradiert werden darf. Wir danken dem Sozialministerium für die zuletzt konstruktive Unterstützung und zügige Erteilung der Krankenhauszulassung für das Bürgerspital und die Aufnahme mit 95 vollstationären Betten in den Landeskrankenhausplan.

Wir haben als niedergelassene Ärzte die durch die Schließung der Rotkreuzklinik entstandene prekäre Versorgungssituation mit verlängerten Hilfsfristen, unzumutbaren Prähospitalzeiten und knappen Bettenkapazitäten bereits in den Sommermonaten in Stellungnahmen an die politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen thematisiert. Wir begrüßen die Wiederaufnahme des Klinikbetriebs zum Jahresende, es ist höchste Zeit.

Die Weiterexistenz eines Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung einschließlich der Schlaganfallversorgung in Wertheim ist bei knappen Behandlungskapazitäten aus unserer Sicht ein enormer Gewinn für die Versorgungssicherheit aller Bürger des Main-Tauber-Kreises. Darüber hinaus schließt auch die geplante neurologische Rehabilitationsklinik eine Versorgungslücke in unserer Region, wenn Patienten nach Schlaganfall wohnortnah weiterbehandelt werden können.

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Die Gesundheitsversorgung ist einer der wichtigsten Grundpfeiler der Daseinsfürsorge. Über ein Viertel der Kliniken in Deutschland sind derzeit von Insolvenz bedroht. Die öffentliche Hand sieht sich zunehmend in der Pflicht, versorgungsrelevante Krankenhäuser für ihre Bürger durch den Ausgleich von Defiziten vor der Schließung zu retten. Vor diesem Hintergrund hatten sich nach dem Kreistagsbeschluss vom 20. März 2024 Landrat und Kreistagzu direkten Finanzhilfen im Sinne eines anteiligen Defizitausgleichs bei einem Übergang in kommunale Trägerschaft bekannt.

Auch nach dem Ausscheiden der Stadt aus dem Bieterverfahren wurden durch Landrat Schauder Finanzhilfen für das Konstrukt einer stationären Notfallversorgung/ZNA-Spange im Kontext der später gescheiterten Fachklinik für Amputationsnachsorge von Herrn Dr. Oswald in Aussicht gestellt, was wir ausdrücklich begrüßten.

Wir begrüßen daher die erneut geäußerte grundsätzliche Bereitschaft des Landrates, nach Klärungder Details einen Krankenhausbetrieb in Wertheim finanziell mitzutragen und damit der Verantwortung für die Sicherstellung der medizinischen Versorgung im nördlichen Main-Tauber-Kreiswie im Gesamtkreis nachzukommen. Der Main-Tauber-Kreis und die Stadt Wertheim haben die einmalige Chance, nachhaltig die Krankenhausversorgung im gesamten Main-Tauber-Kreis wieder auf sichere Füße zu stellen, einschließlich der dringend benötigten wohnortnahen Schlaganfallversorgung und eines Rettungswesens mit medizinisch verantwortbaren Hilfsfristen.

Wir rufen alle politischen Entscheidungsträger auf, mit Gestaltungswillen und Orientierung am Gemeinwohl in konstruktive Gespräche einzutreten. Das Ja-Wort zu einem gemeinsamen Kampf für die Gesundheitsversorgung im nördlichen Main-Tauber-Kreis zwischen Kreis und Stadt Wertheim vor dem Landratsamt am 20. März 2024 war von Aufbruchstimmung getragen, die jetzt mit zwischen Stadt und Kreis eng koordiniertem Handeln in Ergebnisse umgesetzt werden muss.

Die finanzielle Belastung eines Defizitausgleichs für die stationäre Notfallversorgung muss, wie zugesagt, gerecht auf mehrere Schultern verteilt werden. Die letzten Monate haben gezeigt: Es gibt keine Versorgungssicherheit für den Main-Tauber-Kreis ohne den Krankenhausstandort Wertheim. Die Aufrechterhaltung unseres Gesundheitswesens ist eine gesamtgesellschaftliche, überparteiliche und die politischen Entscheidungsebenen übergreifende Aufgabe – packen wir sie gemeinsam an.“

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