Cannabisgesetz

Cannabis: Amnestie-Regel macht jede Menge Arbeit

Die Justizbehörden arbeiten mit Hochdruck an Fällen, die von der Amnestieregelung im Cannabisgesetz betroffen sind.

Von 
Gerd Weimer
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Im Zuge der Teillegalisierung von Cannabis muss die Justiz alte Fälle neu bewerten. Seit 1. April darf jede erwachsene Person 25 Gramm mit sich führen. © dpa

Odenwald-Tauber.

Im Zuge der Einführung des Cannabisgesetzes befürchteten die Justizbehörden eine erhebliche Mehrbelastung, da eine rückwirkende Strafbefreiung vorgesehen ist. Die hiesigen Staatsanwälte bearbeiten mit Hochdruck die Akten. Bei den Gerichten laufen die Amnestieverfahren erst an, wie die Behörden den FN mitteilten.

Die Staatsanwaltschaft in Mosbach prüfte in ihrem Zuständigkeitsbereich (Amtsgerichtsbezirke Adelsheim, Buchen, Mosbach, Tauberbischofsheim und Wertheim) etwa 3000 Fälle, wie Pressesprecher Thorsten Zetsche berichtet. Die Amnestie-Regelung betraf demnach 129 anhängige Vollstreckungsverfahren.

Auch andere Delikte

In einigen Fällen ist laut Thorsten Zetsche die Vollstreckung von Freiheitsstrafen beziehungsweise in einem Fall ein Maßregelvollzug – hier werden kranke oder suchtkranke Straftäter untergebracht – von der Strafbefreiung betroffen. Sieben Straftäter seien wegen einer Verurteilung, die sich auch auf vom Cannabisgesetz betroffene Taten bezieht, aktuell in Haft, einer Unterbringung oder müssten die Strafe künftig antreten. Allerdings werde die Freiheitsstrafe in diesen Fällen auch wegen anderen, gleichzeitig abgeurteilten Delikten vollstreckt oder es würden weitere Freiheitsstrafen im Anschluss vollstreckt. Freilassungen habe es nicht gegeben.

Laut Thorsten Zetsche geht es zumeist um Taten, die nach der neuen Rechtslage straflos sind, zum Beispiel bei Besitz von Cannabis in geringen Mengen. In diesen Fällen werde die Vollstreckung eingestellt. Zum anderen seien aber auch Gesamtstrafen betroffen, die wegen nunmehr straflosen Delikten und anderen Delikten verhängt wurden, also beispielsweise eine Tat des Besitzes von Cannabis in geringen Mengen und eine Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. In diesen Fällen werde beim zuständigen Gericht eine neue Gesamtstrafe beantragt, aus der die Strafe für die legalisierte Tat „herausgerechnet“ werde.

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Die Akten sind von der Staatsanwaltschaft mit einem entsprechenden Antrag an die Gerichte weitergeleitet worden, die die Verurteilung ausgesprochen haben, erläutert Katja Heim, Pressesprecherin des Landgerichts Mosbach.

Dann haben die Verurteilten Gelegenheit zu einer Stellungnahme. Danach werde vom Gericht entschieden – ohne mündliche Verhandlung, sondern durch einen Beschluss.

Verfahren laufen erst an

Die gerichtliche Entscheidung muss förmlich zugestellt und der Rücklauf der Zustellungsnachweise überwacht werden. Da es sich teils um Altverfahren handele und teilweise die Aufenthaltsorte der Verurteilten nicht bekannt sind oder im Ausland liegen, könne mit der anschließenden örtlichen Zustellung „ein nicht unerheblicher zeitlicher Aufwand verbunden sein“, so Katja Heim. Nach Bescheinigung der Rechtskraft habe das Gericht seine Arbeit beendet und schicke die Akte an die Staatsanwaltschaft zurück. Sowohl Richter als auch die Unterstützungskräfte seien mit den Anträgen auf Straferlass befasst.

„Derzeit laufen die Amnestieverfahren bei den Gerichten erst an“, erklärt die Pressesprecherin. In vielen Fällen seien Anhörungsfristen gesetzt, aber noch nicht abgelaufen. Den durchschnittlichen zeitlichen Aufwand pro Verfahren zu schätzen, sei schwierig, da Erfahrungswerte fehlen. Man gehe von einer bis zwei Stunden je Antrag aus.

Umsetzung der Amnestie-Regelung aufwendig

„Die Umsetzung der Amnestie-Regelung war und ist bis heute für unsere Behörde mit einem sehr hohen Arbeitsaufwand verbunden“, meint Thorsten Zetsche. 3000 Papierakten mussten manuell überprüft werden. Die Arbeit sei auf sämtliche Staatsanwälte und Staatsanwältinnen verteilt worden. „Für die weitere Bearbeitung wurden zusätzlich die Mitarbeiter in den Serviceabteilungen eingebunden“. Die Bearbeitung der Verfahren dauere an.

Eine mögliche Arbeitsentlastung durch das Cannabisgesetz könne sich bei der Staatsanwaltschaft noch nicht auswirken, da die Ermittlungsverfahren zunächst auf Polizeiebene bearbeitet werden und in der Regel erst Wochen oder Monate später eingehen. „Dass dem derzeit feststellbaren Mehraufwand mittel- und langfristig eine Arbeitsentlastung gegenübersteht, ist möglich, bleibt aber abzuwarten“, so Thorsten Zetsche.

In die gleiche Kerbe schlägt Katja Heim. Verfahren wegen des Besitzes von Cannabis zum Eigenkonsum habe es vor Gericht zwar gegeben. Sie machten allerdings einen „sehr geringen Anteil“ aus.

Wegen der komplizierten Regelungen des neuen Gesetzes und wegen neuer Bußgeldvorschriften „könnte sich eine zusätzliche Belastung ergeben“. Bisher gingen die Richter eher nicht davon aus, dass es zu einer merklichen Entlastung kommt.

Redaktion Reporter Wertheim

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