Wertheim. Für Missstimmung sorgten am Montag bei der Sitzung des Gemeinderats mehrere Anträge der Bürgerliste, die den Haushalt betrafen. Wie berichtet, hatte sich das Gremium am Samstag zuvor zu einer Klausurtagung getroffen, um Lösungen für die finanziellen Herausforderungen angesichts der Kosten für das Krankenhaus zu finden. Üblicherweise machen die Fraktionen des Gemeinderats nach Vorliegen des Etatentwurfs im Bedarfsfall Vorschläge für Veränderungen.
Die Frist zur Einreichung von Anträgen zum Haushalt war im Frühjahr auf Dienstag, 18. November, festgelegt worden, erklärt Rathaussprecherin Angela Steffan. Damals sei noch keine Haushaltsklausur vorgesehen gewesen. Bei der Klausurtagung am Samstag sei diese Frist dann auf 20. November verlängert worden, "damit die Fraktionen Zeit haben, die Inhalte der Haushaltsklausur zu verarbeiten". Üblicherweise werden die Änderungswünsche zunächst von der Verwaltung geprüft, und dann mit in die Diskussion im Finanzausschuss eingebracht. Dessen Sitzung findet am 2. Dezember statt. Die Bürgerliste brachte nun schon am Montag kurzfristig drei Anträge ein, die dem Gemeinderat quasi als Tischvorlage präsentiert wurden.
Einer der Anträge befasst sich mit der Ehrenamtskarte, die den Sparmaßnahmen zum Opfer fallen soll. Die Bürgerliste lehnt dies angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung der ehrenamtlichen Arbeit ab, zumal die Karte nur „recht überschaubare Kosten“ verursache. Dies sei ein falsches Signal. „Die Kosten lassen sich mit ein wenig gutem Willen im Gesamthaushalt einsparen“, heißt es in dem Antrag, den Thomas Wettengel verlas.
In einem weiteren Antrag fordert die Bürgerliste, eine Messanlage zur stationären Geschwindigkeitsüberwachung – also ein Blitzgerät – an der L 2310 in Höhe „Bronnbacher Hof“ aufzustellen. Die mobile Überwachung in diesem Bereich, wo es zu gefährlichen Situationen für querende Fußgänger komme, habe immer wieder „Verstöße dokumentiert und einen großen Teil zur Refinanzierung des Enforcement-Trailers beigetragen“.
Stefan Kempf früher: Tempo-Kontrolle ist „Wegelagerei“
Die Forderung ist bemerkenswert, weil Stefan Kempf, der den Antrag vortrug, in der Vergangenheit Tempo-Kontrollen stets kritisiert hatte. Als es im September 2022 um die Anschaffung eines mobilen Messgeräts ging, sprach er von „Wegelagerei“. Laut Protokoll der Sitzung sagte er, man würde damit „lediglich den Bürgern Geld aus der Tasche ziehen“. Zudem war Kempf seinerzeit in einer Facebook-Gruppe aktiv, in der vor Geschwindigkeitskontrollen gewarnt wird.
In dem Antrag heißt es nun, die Mehreinnahmen aus den Bußgeldern würden dazu beitragen, das Defizit beim Krankenhaus zu stemmen. Einheimische seien dank ihrer Ortskenntnis meist korrekt unterwegs. Auswärtige hingegen „kennen die Gefahr nicht und fahren schlicht zu schnell“, so dass die finanziellen Belastungen hauptsächlich von Ortsfremden zu tragen seien.
Über die Erhöhung der Gewerbesteuer geht es in einem weiteren Antrag, den Jonathan Klüpfel verlas. Die Stadtverwaltung hatte vorgeschlagen, den Hebesatz um 35 Punkte auf 405 zu steigern. Bei einer solch „massiven Erhöhung“ bestehe die Gefahr, dass die Wertheimer Unternehmen, die sich momentan ohnehin in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befänden, an Wettbewerbsfähigkeit einbüßten und durch die „deutlich günstigeren“ Steuersätze im Umland „zusätzlichen Druck“ bekämen.
Man müsse überlegen, ob es der Bürgerliste „um das Ergebnis geht und ob die Anträge mehrheitsfähig sind“, oder ob sie „nur die Außendarstellung“ im Sinn habe, sagte Axel Wältz (CDU). Bei der Klausurtagung sei vereinbart worden, die Stadtverwaltung überprüfen zu lassen, ob sich die Verkehrsüberwachung optimieren ließe. „Da gab es null Widerspruch“, so Wältz.
„Wir haben ebenfalls den Auftrag gegeben, dass wir durch den Wegfall der Ehrenamtskarte eine Alternative finden wollen, was auch keinen Widerspruch erfahren hat“, so Wältz weiter. Auch die CDU-Fraktion wünsche, dass der Gewerbesteuersatz unter 400 Punkten bleibe. Dies sei Gegenstand der Haushaltsberatung im Ausschuss.
Axel Wältz: Haben ordentlich im Ergebnishaushalt eingespart
„Gute Ergebnisse erreicht man nur durch eine gute Kommunikation. Eine Mehrheit erreicht man, wenn man Anträge mit den Fraktionen abstimmt“, fuhr Wältz fort, der darauf verwies, dass man 1,8 Millionen im Ergebnishaushalt eingespart habe, was sich über die Jahre positiv auf den Schuldenstand auswirke.
Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez sprach von einer „Show“ der Bürgerliste. In Richtung Kempf und Klüpfel sagte er: „Wenn Sie bis zum Ende der Haushaltsberatung geblieben wären, hätten Sie auch wahrgenommen, auf welches Verfahren bei den Themen Ehrenamtskarte oder Blitzgerät wir uns verständigt haben.“
Wenn es der Bürgerliste darum ginge, bei der Gewerbesteuer etwas anderes zu erreichen, wäre dazu in der ausführlichen Diskussion bei der Klausurtagung Gelegenheit gewesen.
Schließlich ging Herrera Torrez noch auf einen weiteren Antrag mit der Überschrift „Ordentliche Sitzordnung“ ein. In diesem beklagt die Bürgerliste, dass die sachkundigen Bürger bei der Sitzung des Finanzausschusses zum Thema „Michaelismesse Wertheim“ ihre Wortmeldungen vom Zuschauerraum aus machen mussten.
Die sachkundigen Bürger sollten besser im Plenum sitzen, damit man sie besser verstehen könne und sie sich zugehörig fühlten. Die Entscheidung über die Sitzordnung obliege dem Oberbürgermeister, entgegnete Herrera Torrez, der allerdings versprach, „Ihre Gedanken in meine Gedanken einfließen zu lassen“.
Zu allen Anträgen führte Herrera Torrez grundsätzlich aus: „Wir tun uns insgesamt einen Gefallen, wenn wir uns an Gemeinderatsabsprachen halten.“ Man solle Angelegenheiten „dort debattieren und diskutieren, wo sie hingehören, sowohl in öffentlichen als auch in nichtöffentlichen Formaten“ und nicht eine „Show-Veranstaltung daraus machen, damit einzelne sich besser fühlen, weil sie außen anders wahrgenommen werden, als sie es in nichtöffentlichen Sitzungen tun“.
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