Wertheim. In der Informationsveranstaltung zur kommunalen Wärmeplanung am Dienstag gab es auch Informationen zu konkreten Projekten und deren Stand. Außerdem standen Experten verschiedener Bereiche den Bürgern Rede und Antwort.
Thomas Beier, Geschäftsführer der Stadtwerke Wertheim, berichtete über das bestehende Fernwärmenetz auf dem Wartberg/Reinhardshof sowie die Nahwärmenetze in Waldenhausen und Nassig. In Nassig solle 2025 ein zweites Nahwärmenetz dazukommen, in Höhefeld soll in Teilen des Dorfs ein solches 2024 entstehen. Man prüfe, wo weitere solcher Netze möglich und wirtschaftlich seien. Aktuell nutze man für die Nahwärmenetze Biomasse in Form von Hackschnitzeln und Holzpellets, beim Fernwärmenetz hundert Prozent Erdgas.
Keine Nahwärme in der Altstadt
Ein Nahwärmenetz für die Wertheimer Altstadt sei nicht möglich. Man könne aber perspektivisch Wasserstoff für die Heizungen in das Gasnetz einspeisen. Dieser soll aus grüner Energie erzeugt werden. Weiter berichtete er von den angedachten Elektrolyseanlagen für die Wasserstoffgewinnung in Bettingen (für Mobilität und Gewerbe), sowie auf dem Wartberg und in Bestenheid. Bei der Elektrolyse entstehe 30 Prozent Abwärme, an der die Industrie großes Interesse habe.
Insgesamt plane man 90 Megawatt (MW) Leistung aufgeteilt auf 50 MW in Bestenheid und je 20 MW an den anderen beiden Standorten. „Bisher ist so viel Elektrolyseleistung noch nicht in ganz Deutschland installiert“, machte er die geplante Entwicklung deutlich. Das erste eigene Kilogramm Wasserstoff wolle man möglichst bereits 2026 produzieren. „Daher müssen wir jetzt loslegen.“
Wasserstoff könnte auch über die Ferngasleitung, die an Wertheim vorbeilaufe, ausgespeist werde. Die laufenden Machbarkeitsstudien für das Elektrolyseprojekt sollen spätestens Mitte 2024 abgeschlossen sein, danach werde man Förderanträge stellen. Beier zeigte sich zuversichtlich, dass man auch eine Förderung erhalten werde.
Aus dem Publikum wurde gefragt, ob der gesamte benötigte grüne Strom auf Wertheimer Gemarkung produziert werden könnte, oder ob man ihn auch von außerhalb beziehen müsste. Beier erklärte, man versuche zukünftig so viel wie möglich auf Wertheimer Fläche zu erzeugen. Eine komplette Autarkie der Stadt funktioniere aber nicht.
Speicherung wichtig
Auf eine weitere Frage erklärte er, in den nächsten Jahren werde man Erdgas nicht komplett durch grünes Gas ersetzen können, jedoch bereits teilweise. Er verwies auf die steigende Produktion an grüner Energie vor allem durch die großen effizienten Windkraftanlagen. „Wichtig ist die Speicherung der Energie in den Fokus zu nehmen.“
Gut funktioniere dies mit Wasserstofferzeugung und dessen Rückverstromung. Eine weitere Möglichkeit seien Langzeitwärmespeicher, die die Wärme für mehre Wochen und Monate speichern könnten. Der Zeitkorridor für die Umsetzung sei noch offen. „Wir setzen alles daran, dass es schnell geht, es ist aber auch eine landes- und bundespolitische Aufgabe.“
Werner Spec, Geschäftsführer der Wasserstoffallianz Main-Tauber, sah den grünen Wasserstoff als wichtiges Bindeglied. Bei dessen Rückverstromung in Blockheizkraftwerken könne man zudem die entstehende Abwärme nutzen. Er war überzeugt: „Die Stadt und die Stadtwerke Wertheim werden dafür sorgen, dass der Wechsel zu erneuerbaren Energien zu hundert Prozent funktionieren wird.“
Thomas Beier berichtete, man wolle den Bürgern die Möglichkeit der finanziellen Beteiligung an der Veränderung hin zu regenerativen Energien geben, ohne dass sie ein unternehmerisches Risiko tragen. Als Beispiel nannte er Wasserstoffsparbriefe regionaler Banken.
Bürgerstromtarife
Kreisrat Thomas Kraft regte an, durch Bürgerstromtarife auch solche Einwohner vom Ausbau profitieren zu lassen, die selbst nicht investieren können oder möchten. Beier erklärte, solch ein Bürgerstrom funktioniere, wenn auf erneuerbare Energie gebaut werde. Die finanzielle Vergütung, die die Stadt für die Anlagen auf ihrer Gemarkung erhalte, könne man für einen vergünstigen Stromtarif einsetzen. Dabei sei zu prüfen, welche Orte von den Anlagen betroffen sind. „Wir schauen, was wir hier tun können“, versprach er.
In den Fragen der Bürger im Plenum und anschließend an den Infoständen ging es auch um den Aufbau weiterer Nahwärmenetze zum Beispiel in Urphar. Hier sagte Beier, dies müsste man genau prüfen, auch nach wirtschaftlichen Aspekten. Thematisiert wurde im Plenum auch Photovoltaikanlagen in der Altstadt. Laut Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez wurde bisher fünf Anlagen genehmigt.
Beratung
Es sei eine Abwägung mit dem Denkmalschutz, ging er auf einen aktuellen Fall ein (wir berichteten). Beier verdeutlichte, würde man alle Dächer in der Altstadt mit PV-Anlagen belegen, könnte man ein Gigawatt Strom im Jahr erzeugen, ein einzelnes neues großes Windrad schaffe 14 Gigawattstunden.
Im Anschluss an den Plenumsteil standen Vertreter von EGS-Plan, Stadt Wertheim, Stadtwerke und verschiedene Schornsteinfeger und Energieberater für individuelle Fragen bereit. Bei den Fragen ging es unter anderem um PV-Anlagen sowie Heizungstausch, Vorgaben und Fördermöglichkeiten bei den individuellen Gebäuden der Gäste. bdg
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