Großprojekt

Auf dem Weg zur Klimaneutralität

Etliche Interessenten bei Info-Veranstaltung über kommunale Wärmeplanung. Passgenaue Lösungen noch nicht vorhanden

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Birger-Daniel Grein
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Nach der Vorstellung der kommunalen Wärmeplanung standen Fachexperten für Fragen bereit. Dies wurde von den Teilnehmern gerne genutzt. © Birger-Daniel Grein

Wertheim. Die Vorstellung der kommunalen Wärmeplanung am Dienstag in der Aula Alte Steige stieß auf großes Interesse. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez erklärte, in der kommunalen Wärmeplanung gehe es perspektivisch auch um die Frage, wie die Bürger ihr Quartier oder Haus mit Wärme versorgen können. Deutlich wurde aber auch, dass es derzeit keine passgenauen Empfehlungen für Gebäude gibt.

Herrera Torrez sagte weiter zur kommunalen Wärmeplanung, es gebe kaum ein Thema, bei dem so nah spüre, was auf auf bundes- und landespolitischer Ebene diskutiert werde. Baden-Württemberg habe es zunächst großen Kreisstädten ab 20 000 Einwohner zur Auflage gemacht, solche Planungen vorzulegen. „Sie ist für uns nicht nur eine Pflichtaufgabe, sondern wir wollen es ganz ernsthaft angehen“, betonte er.

Er halte es für essenziell, der Stadt Wertheim etwas an die Hand geben zu können, wie es weiter gehen soll – wenn auch nicht exakt für jedes Gebäude. Vielmehr wolle man eine Idee und die Richtung vorstellen. Durch die Wärmeplanung und das Thema Ausbau regenerativer Energie in der Region sei eine große Dynamik entstanden. Er verwies dabei beispielsweise auf die Wasserstoffallianz Main-Tauber.

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Wenn man die Deckung des Energiebedarfs verändern und fossile Brennstoffe ersetzen wolle, seien neue Angebote nötig. Diese wolle man in den nächsten Jahren schaffen. Er berichtete, dass neben Wertheim bisher nur zwei weitere Kommunen in Baden-Württemberg die kommunale Wärmeplanung abgeschlossen hätte: „Wir sind weit vorne dabei in Baden-Württemberg.“

Das Vorgehen und die Ergebnisse der Wärmeplanung stellte Sven Diettlerle von EGS-Plan Stuttgart vor. Er sagte, die Wärmeplanung müsse alle sieben Jahren als strategisches Instrument fortgeschrieben werden. Ziel sei die klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2040.

Aufgestellt worden sei die Planung für die Gemeindeebene und noch nicht für die einzelnen Quartiere. Ende 2020 habe man mit der Bestandsanalyse begonnen und dazu aus Datenschutzgründen Cluster gebildet. Grundlage waren unter anderem Daten zu Verbräuchen, die die Stadtwerke Wertheim bereitstellten, sowie zu verbauten Heizsystemen nach Informationen der Schornsteinfeger.

Daraus wurden Wärmebedarf und Treibhausgasemission ermittelt. In die Ermittlung seien Daten von 16 700 Gebäuden mit insgesamt fast vier Millionen Quadratmetern eingeflossen. Berücksichtigt wurden zudem bestehende 230 Kilometer Gas- und 27 Kilometer Wärmenetz. 2020 hätten Industrie und Einwohner insgesamt rund 400 Gigawattstunden Wärmeenergie verbraucht, sagte er. Dabei wurden 96 000 Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen.

Durch eine Modellberechnung auf Basis der Preise von 2022 zeigte er auf, dass rund 39 Millionen für Gas und Heizöl aus der Stadt abflossen. Hier sah er Potenziale, Geld in der Kommune durch eigene Wertschöpfung zu halten. In der anschließenden Potenzialanalyse sei es um Einsparmöglichkeiten und erneuerbare Energien gegangen. Im Status quo würden rund 92 Prozent der Wärmeenergie in Wertheim fossil erzeugt. 62 Prozent der Wärmemenge entfielen auf die Industrie, 36 Prozent auf private Haushalte und zwei Prozent auf die öffentliche Verwaltung.

Fossile Energie ersetzen

Zum Zielszenario von 2040 sagte er, die 92 Prozent fossile Energie sollen komplett durch erneuerbare Energie ersetzt werden. Weiter berichtete er, 39 Prozent der Wärmeenergiemenge könnten durch Sanierungen und Effizienzsteigerungen eingespart werden. Wichtiger Pfeiler bei der Wärmeerzeugung seien neben Wärmepumpen verschiedener Art auch grüne Gase. Wärmenetze könnten in Bestenheid, Bettingen und Wartberg/Reinhardshof entstehen oder ausgebaut werden, da es hier eine große Nachfragedichte nach Wärme gebe.

Als mögliche Hauptenergieträger für die Wärmeversorgung der Gebäude in der Großen Kreisstadt wurden 20 Prozent Flusswasserwärme, sieben Prozent dezentrale Geothermiesonden, 17 Prozent Außenluftwärmepumpen, 41 Prozent grünes Gas und acht Prozent Biomasse, bezogen auf 215 Gigawattstunden prognostizierter Wärmebedarf für 2040 vorgeschlagen.

Das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung sieht vor, dass fünf Jahre nach Beschluss mindestens fünf Maßnahmen daraus begonnen werden müssen.

Für Wertheim nannte EGS-Plan folgende: Bei einem Stromnetzcheck soll geprüft werden, ob für den erhöhten Strombedarf unter anderem wegen der Wärmepumpen das Netz ausreicht. Aufgabe zwei ist eine „Roadmap grünes Gas“ mit der Prüfung der Anschlussmöglichkeit an bestehende Netze.

Gemeinderat beschließt bald

Punkt drei und vier sind Transformationsstudien zu den Wärmenetzen Wartberg/Reinhardshof und Almosenberg Bettingen. Aufgabe fünf sind Standortanalysen zur Projektentwicklung Wasserstoffallianz Main-Tauber.

Die Wärmeplanung soll im Gemeinderat Ende 2023 beschlossen werden. Die Daten darin werden Grundlage zu weiteren Detailstudien sein, außerdem können sie von Netzbetreibern für die weitere Strategie- und Maßnahmenentwicklung genutzt werden.

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