Kreuzwertheim. 432 Seiten geballte Kreuzwertheimer Geschichte bietet die 35. Folge des Kreuzwertheimer Jahrbuchs für das Jahr 2023. Durch das große Engagement des Geschichts- und Heimatvereins können alle Interessierte in vielen Geschichten und Fakten rund um die Marktgemeinde und ihrer Umgebung schmökern.
Vorgestellt wurde das Buch am Montag von Manfred Schneider, Vorsitzender des Vereins, der auch die Schriftleitung des Werks innehat. Über ein dutzend Autoren haben Texte beigesteuert.
Das Buch werde es auch in Zukunft geben, betonte er. Zum letzten Mal wird darin aber die Jahreschronik des Vorjahres zu finden sein. „Weil der Ortschronist selbstbestimmt aus dem Amt ausscheidet“, sagte Schneider über sich selbst.
Chronik gibt es seit 1567
40 Jahre lang habe er dieses Amt ausgeführt. Die Ortschronik gebe es schon seit 1567 durchgehend. Angefangen damit habe der damalige Schultheiß Peter Herrschaft. Dieser schrieb 37 Jahre lang die Chronik, danach hätten die folgende Schultheiße die Aufgabe übernommen. „Kein Ortschronist machte es so lange wie ich“, so Schneider. Gleichzeitig beende er sein Amt als Archivar. „Ich machte mit Gewissenhaftigkeit, großem Engagement und genauso viel Herzblut dieses Ehrenamt bis heute“, sagte Schneider.
Im Jahrbuch 2023 gibt es wieder den klassischen Aufbau der Reihe. Der Ortschronik für 2023 folgt unter anderem der Jahresbericht des Geschichts- und Heimatverein. Dort wird über die zahlreichen Exkursionen sowie die Studienreise berichtet. Nicht fehlen darf auch der beliebte Kreuzwertheimer Bildkalender. Danach folgt eine große Zahl historischer Beiträge, die sich oftmals an Jubiläen orientieren.
So geht es unter anderem um „Lohrs Eintritt in die Geschichte“. Verfasst hatte den Text der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Klaus Weyer, der aus Lohr stammt. Dieser habe, so Schneider, eine neue These zur Geschichte der Stadt aufgestellt, die den bisherigen Annahmen widerspreche. „Ob er damit richtig liegt, kann ich nicht beurteilen“, so Schneider. Weiter geht es mit der Geschichte des Totenkreuz von Margaretha Diethelm, dass vor 50 Jahren wiedergefunden wurde.
Es habe sich auf der Grenze zwischen Kreuzwertheim und Hasloch befunden. Erich Langguth hatte zu den Hintergründen der Familie Diehthelm recherchiert. Der Mann der Verstorbenen sei in Wertheim Bürgermeister gewesen. „Die Todesursache der Frau blieb im dunklen.“ Man gehe davon aus, dass an der Stelle umkam, an der man das Kreuz fand. Heute sei das Kreuz im alten Rathaus Hasloch zu sehen.
Außerdem erfährt man im Jahrbuch, dass es in Kreuzwertheim fast einmal zwei Schlösser gegeben hätte. 1737 sollte dort ein großartiges neues Schloss der katholischen Linie des Fürstenhauses Löwenstein (Löwenstein-Wertheim-Rochefort) gebaut werden. Bauherr war Fürst Karl Thomas, der auch in Wertheim die Hofhaltung bauen ließ. „Aus dem Schloss wurde nichts, da er sich scheiden ließ und in Geldnöte geriet.“ 1973 seien bei einem Bauvorhaben der Stuhlfabrik Hofmann bei Grabungsarbeiten Grundmauern dieses Schlosses gefunden wurde. Nach der Untersuchung habe man diese im Untergrund belassen.
Prozess wegen Mühlbanns
Berichtet wird im Jahrbuch auch über den Bau des Schulhauses (heute alte Schule) im Jahr 1903. Einen großen Artikel widmet das Jahrbuch der Prozessserie zwischen dem Haus Löwenstein und der Gemeinde wegen des Mühlbanns. Nach zehn Jahren Rechtsstreit setzte sich die Gemeinde letztlich gegen die fürstliche Rentei (heute laut Schneider mit dem Finanzamt vergleichbar) durch.
Das Fürstenhaus betrieb in Wertheim die Mühle in der Mühlenstraßen. Laut des Mühlbanns durften die Kreuzwertheimer nur dort ihr Korn mahlen lassen. Der Fürst kassierte dafür die Einnahmen. Mit Ende des Fürstentums Wertheim 1806 kam Kreuzwertheim zum Fürstentum Aschaffenburg. „Gleichwohl meinte der Fürst, ihm stehe eine Entschädigung zu.“
Er sei überzeugt gewesen, der Mühlbann gelte weiter. Kreuzwertheim weigerte sich zu zahlen. „So ging es durch alle Instanzen.“ Berichtet wird auch über die Entstehung des Brückenlöwen an der alten Mainbrücke und der Metallkunst von Albert Hien an der neuen Brücke.
1953, kurz nach dem Wiederaufbau der Straßenbrücke (heute alte Mainbrücke), kam es zu einem schweren Unglück. Auch darüber wird berichtet. Ein Langholzfuhrwerk habe Holz über die Brücke gebracht. Durch den Zug seien die Pferde erschrocken und durchgegangen. Sie durchbrachen die Mauer und stürzten auf die Würzburger Straße. „Beide Fuhrleute und die zwei Pferde waren tot.“
Unter anderem erfährt man auch, dass es aus Stuttgart 1973 den Vorschlag gab, Wertheim Bayern zu überlassen und gegen Neu-Ulm auszutauschen. „Die Wertheimer hätten nichts dagegen gehabt“, so Schneider. Das bayrische Kabinett habe aber nicht gewollt, so blieb alles beim Alten. Auch zu Themen der jüngeren Vergangenheit wie der letzten Kreuzwertheimer Telefonzelle findet sich etwas. Abgerundet wird das Buch mit einer Liste der Veranstaltungen des Vereins 2024.
Schneider verwies stolz darauf, dass man trotz des geringen Mitgliedsbeitrags die große jährliche Investition für das Buch als Verein schultern könne. „Alle unsere Mitglieder bekommen es kostenlos.“ Weiter sagte er, dass man beim Buch nicht mit einem Cent von der Marktgemeinde unterstützt werde.
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