Jubiläum - Reicholzheimer Tauberbrücke vor 250 Jahren errichtet / Vorgängerbau bei großen Flut weggerissen / Einwohner mussten Hand- und Spanndienste leisten

250 Jahre Reicholzheimer Tauberbrücke: Erst gebaut – dann Fluss umgeleitet

Die Reicholzheimer Tauberbrücke wurde vor 250 Jahren gebaut – kurioserweise nicht über den Fluss. Nach Fertigsstellung wurde das Flussbett verlegt – unter das neue Bauwerk.

Von 
Birger-Daniel Grein
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Wahrzeichen: Die Reicholzheimer Tauberbrücke wurde vor 250 Jahren errichtet. © Gerd Weimer

Reicholzheim..  Vierbogenbrücke über die Tauber ist eines der wichtigsten Wahrzeichen von Reicholzheim und zugleich eine wichtige Verbindung im Dorf. Das Bauerk wird in diesem Jahr 250 Jahre alt.

Die Brücke wurde 1772 aus heimischem Buntsandstein gebaut. Um die Finanzierung der Brücke kümmerte sich der damalige Abt Ambrosius Balbus des Klosters Bronnbach. Die Reicholzheimer Bevölkerung musste Hand- und Spanndienste leisten. Darunter versteht man Naturaldienste zur Verminderung von Gemeindeabgaben in bar.

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Wie der Begriff „Handdienste“ vermuten lässt, mussten die Reicholzheimer selbst zur Hand gehen und dafür „Spanndienste“ leisten, also eigenes Gespann einsetzen.

Die Brücke wurde nicht über den damaligen Tauberlauf gebaut. Der Fluss folgte damals etwa dem Verlauf der heutigen Umgehungsstraße. Man baute die neue Brücke weiter westlich auf trockenem Grund. Nach Fertigstellung wurde die Tauber in ihr neues Flussbett umgeleitet. Erst dann führte die Brücke über den Fluss.

Odyssee des Nepomuk

1775 ließ der Abt die Statue des Brückenheiligen St. Nepomuk in der dafür vorgesehenen Nische aufstellen. Diese original Nepomukfigur aus dem 18. Jahrhundert befindet sich jetzt in Ahlen in Nordrhein-Westfalen. Wie Rolf Sommer, ehemaliger Ortsvorsteher des Dorfs, berichtete, kam diese nach Ende des Zweiten Weltkriegs auf nicht nachvollziehbaren Wegen nach Würzburg und wurde von dort nach Ahlen verkauft.

Dort steht sie erneut auf einer Brücke. Auf dem Bauwerk in Reicholzheim gab es eine Nachfolgefigur von den 1950-er bis in die 1980-er Jahre. Auch diese war dann beschädigt. 1989/90 erfolgte eine umfassende Brückensanierung. Man entschied damals, eine neue Nepomukfigur aus Buntsandstein schaffen zu lassen, die dem Original von 1775 entspricht.

Dazu wurde ein Abguss des in Ahlen stehenden Nepomuk vorgenommen. Auf dessen Basis fertigte der Bildhauer Elmar Göbel aus Assamstadt die neue Nepomukfigur. Zu Ehren der Aufstellung der neuen Figur gab es einen Festumzug aller Reicholzheimer Vereine mit anschließendem Festbetrieb. In dessen Rahmen wurde die Figur von Pfarrer Wolfgang Schmelz geweiht.

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Der Heilige Nepomuk gilt unter anderem als Brückenheiliger, Schutzpatron gegen Wassergefahren und Patron des Beichtgeheimnisses. Johannes von Nepomuk wurde um 1350 in Pomuk bei Pilsen geboren und starb am 20. März 1393 in Prag. Er war ein böhmischer Priester und galt als Märtyrer. Papst Benedikt XIII. sprach ihn 1729 heilig.

Zu seiner späteren Heiligsprechung führte eine Legende. Johannes Nepomuk habe sich geweigert, dass Beichtgeheimnis für den König zu brechen. Demnach habe der Priester dem König Wenzel von Luxemburg nicht preisgeben wollen, was dessen Frau dem Geistlichen anvertraut hatte. Der König hatte seine Frau der Untreue beschuldigt.

Da Nepomuk der Forderung des Königs das Beichtgeheimnis in diesem Fall zu brechen, nicht nachkam, ließ ihn dieser foltern und anschließend von der Prager Karlsbrücke ins Wasser stürzen. So starb Nepomuk.

Die Geschichte von Übergängen an der Tauber in Reicholzheim ist wesentlich älter als die Bogenbrücke. Bereits für die fränkisch-merowingische Königsstraße von Speyer/Worms nach Würzburg aus dem achten Jahrhundert nach Christus wird Reicholzheim als ein Tauberübergang vermutet. Es handelte sich dabei wohl um eine Furt – eine seichte Flussstelle, die das durchqueren des Flusses ermöglicht. Ob es damals schon eine Tauberbrücke gab, ist nicht belegt.

1341 erstmals erwähnt

Die erste Erwähnung einer Brücke stammt, laut Informationstafel des Rotary Club Wertheim, aus dem Jahr 1341. Im damaligen Dokument ist von einem Morgen (regional verschieden, meist ein fünftel bis ein halber Hektar Fläche) großen Weinberg bei „der brügge zu Richelshen“ die Rede. Vermutlich stand diese Brücke etwa 150 Meter tauberaufwärts und war aus Holz. 1732 wurde sie bei einer großen Flut weggerissen und zerstört. Dazu heißt es in alten Berichten: „Den 29den Septembris Michaelis Nachts nach 12 Uhr ist ein solches erschröckliches, großes Wasser den Taubergrundt heruntergekommen, daß die Brücke allhier, undt viele TauberBrücken seyndt Hinweggerissen worden.“

Fest im August

Bei der Flut wurde auch viel Vieh getötet. Zwischenzeitlich habe man sich wohl wieder mit einer Furt für den Übergang beholfen, bis der Abt die Realisierung der neuen Brücke ermöglichte.

In den letzten Jahren wurden häufig Sicherungs- und Sanierungsarbeiten an der Tauberbrücke durchgeführt.

Wie Reicholzheim Ortsvorsteher Sebastian Sturm berichtet, wird es zum Jubiläum ein Brückenfest geben. Dieses wird am Wochenende, 6./7. August, stattfinden. Geplant ist, ein Festbetrieb sowie ein ökumenischer Gottesdienst.

Aktuell planen die Vereine und Organisationen des Dorfs zusammen mit der Ortsverwaltung die Details. Außerdem wird in den umfangreichen Archivmaterialien weiter zur Geschichte der Tauberbrücke geforscht.

Freier Autor

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