100 Tage im Amt

Georg Wyrwoll wurde in Werbach mit offenem Herzen aufgenommen

Georg Wyrwoll ist seit 1. Juli dieses Jahres Bürgermeister in Werbach. Die Einarbeitungsphase ist so gut wie beendet. Inzwischen konnte er Einblicke in die Abläufe und Themen gewinnen und erste Maßnahmen auf den Weg bringen.

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Heike Barowski
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Die Einrichtung regulärer Öffnungszeiten im Rathaus, eine Spielecke für Kinder und die Änderung der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung– einige Neuheiten konnte Bürgermeister Georg Wyrwoll schon auf den Weg bringen. © Heike Barowski

Werbach. Noch sieht sein Büro ein wenig kahl aus. Ein selbstgeschossenes Foto vom Werbacher Rathaus hängt an der Wand, eine große Grünpflanze schmückt den Raum und auf dem Schrank ist der Helm eines englischen Polizisten drapiert. Zwei große PC-Bildschirme stehen auf dem Schreibtisch und künden davon, dass Werbachs neuer Bürgermeister auf moderne Technik setzt. 100 Tage ist Georg Wyrwoll im Amt und stand den Fränkischen Nachrichten Rede und Antwort.

Wie waren rückblickend die ersten 100 Tage im Amt?

Georg Wyrwoll: Wundervoll. Es ist eine große Bandbreite des Lebens, die auf meinen Tisch kommt. Von der Ausschreibung der Neuvergabe des Bestattungswesens bis zur kommunalen Wärmeplanung sind wir zuständig. Und das habe ich schon gelernt: Der Bürgermeister ist immer zuständig – auch wenn er nicht zuständig ist, und er ist immer schuld – auch wenn er nicht schuld ist. (Wyrwoll lacht dabei). Die Arbeit macht mir wirklich ganz große Freude.

Kennen Sie inzwischen alle Mitarbeiter mit Namen?

Wyrwoll: Ja, aber mir fällt die Zuordnung im Bauhof noch etwas schwer.

Eine erste Änderung ist bereits für jeden Bürger sichtbar: die Öffnung des Rathauses.

Wyrwoll: Ehrlich gesagt, davor waren die Mitarbeiter ja auch immer ansprechbar, nur die Öffnung war nicht offiziell für alle erkennbar. Jetzt haben wir die Türen aufgemacht. Und in der Gemeinderatssitzung haben wir die Fragen der Bürger an den Anfang gestellt, als Zeichen der Zugänglichkeit. Auch die Kinderecke im Rathaus konnte zügig eingerichtet werden. Sie zeigt die Freundlichkeit und Herzlichkeit, mit der wir hier arbeiten.

Zugänglichkeit ist ein gutes Stichwort: Sie haben während Ihres Wahlkampfs gesagt, dass Sie für jeden Bürger immer erreichbar sein wollen. Auf der Homepage ist davon noch nichts zu sehen.

Wyrwoll: Die Homepage der Gemeinde ist noch eine Baustelle, zumal hier eine Verzahnung der Kommunikationsangebote greifen soll. Technisch ist eine Änderung auch nicht so einfach, weil dies über das kommunale Rechenzentrum läuft. Es war mir zudem wichtiger, andere Punkte aufzugreifen, wie die Unterbringung von Flüchtlingen und die kommunale Wärmeplanung. Außerdem waren zunächst einmal andere Dinge aufzugreifen, wie beispielsweise die Unterbringung von Flüchtlingen oder die kommunale Wärmeplanung.

Wir wollen den Papierwust im Gemeinderat reduzieren.
Georg Wyrwoll Bürgermeister der Gemeinde Werbach

Die Bewältigung der Migrationskrise wird sicher eine Ihrer ersten großen Bewährungsproben.

Wyrwoll: Derzeit sucht der Kreis Standorte für die weitere Unterbringung. Es bleibt in der Solidarität nicht aus, dass wir schauen müssen, wo Unterbringungen möglich sind. Eine Containeranlage halte ich für schwierig, weil es sich dann auf einen Standort konzentriert und Integration erschwert.

Die kommunale Wärmeplanung ist eine weitere Herausforderung in der Gemeinde.

Wyrwoll: Ich habe vieles hier sehr gut vorgefunden, wie die exzellente Kinderbetreuung. Aber es gibt auch sogenannte Leerstellen, beispielsweise in der kommunalen Wärmeplanung. Da war es mir wichtig, dass wir für die Zukunft schnell die richtigen Schritte gehen und den Bürgern alle Optionen offen halten können, beispielsweise, wenn es um eine Förderung geht. Was aber nur geht, wenn die Kommune ihre Hausaufgaben gemacht hat.

Steht die Abschaltung der Straßenbeleuchtung in der Nacht bei Ihnen auch auf der Agenda?

Wyrwoll: Ich verstehe das Sicherheitsempfinden der Bürger. Aber der Gemeinderat hat ganz klar entschieden. Ich finde es spannend, dass die Meinung der Bürger scheinbar ein klares Bild zeichnet und beide Fraktionen etwas anderes entschieden haben. Ich könnte mir dieses Thema deshalb für einen ersten Bürgerentscheid vorstellen. Ich persönlich würde mir auch nachts eine Beleuchtung wünschen.

Die Digitalisierung voranzubringen, ist eines der Themen, dem Sie sich widmen wollen. Gibt es schon Ideen für die Umsetzung?

Wyrwoll: Wir wollen den Papierwust im Gemeinderat reduzieren. Wir sind dabei, uns ein digitales Ratssystem anzuschauen, das den Austausch mit dem Gemeinderat und der Verwaltung vereinfacht. Aber das ist von außen leichter gesagt, als von innen getan. Denn es braucht das richtige Produkt, damit wir keine parallelen Strukturen aufbauen. Leider arbeiten die umliegenden Kommunen mit ganz unterschiedlichen Verfahren. Um das richtige System zu finden, braucht es noch ein wenig.

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Sind Sie während der 100 Tage schon mal an Grenzen gestoßen?

Wyrwoll: Ja, tatsächlich im Zeitmanagement und in der Möglichkeit, Wertschätzung zu zeigen. Ich bin hier wirklich mit offenem Herzen empfangen worden und habe aber mehr Einladungen, als ich derer nachkommen kann. Das tut mir leid, weil es so aussieht, als wollte ich bestimmte Termine nicht wahrnehmen. Dem ist aber ganz und gar nicht so.

Wie zu erfahren war, haben Sie als Bürgermeister bereits Ihre erste Trauung vollzogen.

Wyrwoll: Das Paar kannte mich schon über Instagram und Facebook. Die Trauung ist ja ein besonderer Moment für ein Paar. Und wenn man in der Traurede merkt, dass man diese Menschen einen kurzen Moment richtig angesprochen hat, dann ist das auch für einen selbst ganz besonders. Ich habe auch schon eine erste goldene Hochzeit besucht. Da war ich doch sehr aufgeregt.

Für angehende Bürgermeister gibt es eine Schulung. Haben Sie dieses Angebot wahrgenommen?

Wyrwoll: Ich habe am Ende der zweiten Arbeitswoche tatsächlich ganz frohgemut ein solches Seminar besucht. Grundgesetz, kommunale Selbstverwaltung, Verwaltungshandeln usw. Das war recht theoretisch.

Haben Sie sich den bürokratischen Aufwand in dieser Menge vorgestellt?

Wyrwoll: Ich finde es bereichernd, so nah an den einzelnen Vorgängen zu sein. Ich zeichne zur Zeit jeden Vorgang ab, um Informationen zu erhalten und mir ein Bild machen zu können. Ich bin aber auch jemand, der große Lust darauf hat und an den Details Freude findet. Beispielsweise bei der Änderung der Flächennutzungspläne ist tatsächlich schon sehr viel zu lesen.

Was macht Ihnen besonders Spaß?

Wyrwoll: Hintergründe zu den Vorgängen zu erhalten und damit eine Wertung vornehmen zu können. Was mir keinen Spaß macht, dass man vieles nicht so einfach mitteilen kann, weil Grenzen eingehalten werden müssen.

Ich finde es bereichernd, so nah an den einzelnen Vorgängen zu sein.
Georg Wyrwoll Bürgermeister der Gemeinde Werbach

Sie sind zurzeit nicht nur Bürgermeister, sondern auch Bauherr.

Wyrwoll: Die Gerüchteküche brodelt ja. Deshalb: Ich bin schon in der Gemeinde gemeldet. Mein Sohn geht seit September in die Werbacher Grundschule. Im Moment wohnen wir in Wertheim. Wir sind dabei, in das alte Rathaus in Gamburg zu ziehen. Meine Frau und ich hatten uns in das Haus schockverliebt. Jetzt sind wir fleißig am Renovieren. Es gibt beispielsweise noch kein Bad. Eigentlich wollten wir Ende September schon umgezogen sein.

Ihr Sohn ist in einem Alter, in dem so ein Umzug von einer Großstadt aufs Land durchaus problematisch sein kann.

Wyrwoll: Für ihn ist das eine ganz andere Freiheit hier, die er genießen kann. Er fährt einfach mal mit dem Fahrrad zum Eisautomaten nach Niklashausen oder ist auf der Tauber mit dem Standup-Board unterwegs oder badet dort. In Frankfurt wäre das so kaum möglich. Diese Freiheit findet er toll – denke ich. Schwierig war es natürlich, seine Freunde zu verlassen. Aber die Kinder hier sind total unkompliziert. Außerdem ist er in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften aktiv. Zudem gibt es die tollen Insel-Angebote der Nachmittagsbetreuung.

Apropos Zusatzengagement: Können Sie sich vorstellen, in einem Verein aktiv zu werden? Bei Ihrer Stimme doch sicher etwas mit Gesang?

Wyrwoll: Tatsächlich gibt es mehrere Angebote. Aber im Moment schaue ich erst einmal, dass ich meine Arbeit gut hinbekomme, bevor ich mich vereinstechnisch engagiere. Meine Frau wird als Bürgermeister-Gattin ganz sicher den Faschingsverpflichtungen nachkommen. Da feiere ich dann auch mit.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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