Gemeinderat

Bebauungsplan ist jetzt rechtskräftig

Sondersitzung, um neuen Einzelhandel im ehemaligen Rappelt-Gebäude endlich voranzubringen

Von 
Heike Barowski
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Im früheren Rappelt-Gebäude soll ein Supermarkt mit Café und Frischetheke entstehen. Der Bebauungsplan ist nach Änderungen nun rechtskräftig. © Heike Barowski

Wenkheim. Die Gemeinderäte im Main-Tauber-Kreis genießen gerade ihre Sommerpause. Lediglich in Werbach fand am Dienstagabend eine Sondersitzung statt. Sie hatte als einzigen Tagesordnungspunkt die Änderung des Bebauungsplans „Unterer Zellenrain“ zum Inhalt. Im früheren Rappelt-Gebäude soll ein Supermarkt entstehen.

In der Ortsmitte von Wenkheim hat seit Oktober 2013 „Evelyn’s Frischemarkt“ die Versorgung übernommen. Inhaber ist Thomas Müller, seine Frau Evelyn ist die Geschäftsleiterin. Mit Sebastian Müller ist inzwischen die nächste Generation im Laden tätig.

Hintergrund: Zu beachtende Gebote und Verfahren

Das Integrationsgebot soll dazu dienen, belebte Ortsmitten zu erhalten. Diese verlieren durch Einkaufszentren am Ortsrand teilweise ihre Attraktivität. Es drohen Leerstände oder verödete Innenstädte. Um dies zu vermeiden, sind Planungen für den raumbedeutsamen Einzelhandel mit sogenannten zentren-relevanten Sortimenten, die üblicherweise in der Innenstadt angeboten werden, laut Integrationsgebot auch nur in Innenstädten, Stadtteilzentren oder Ortsmitten möglich.

Das Zielabweichungsverfahren stellt ein Ausnahmeinstrument für atypische Einzelfälle dar, die bei der Aufstellung der Raumordnungspläne (zum Beispiel Bebauungsplan) noch nicht erkennbar waren und somit bei der Zielformulierung nicht berücksichtigt wurden.

Mit dem Kongruenzgebot sollen die zentralen Orte vor einem Abzug übermäßig hoher Kaufkraftanteile durch neue Einzelhandelsgroßprojekte in anderen zentralen Orten geschützt werden. ihk/hei

Im Frühjahr 2022 erwarben Müllers das leerstehende Rappelt-Gebäude. Hier soll auf knapp über 900 Quadratmetern ein neuer Supermarkt entstehen. Wie Sebastian Müller mitteilte, wollen auch die Bäckerei Kachel und Knabs Wurstwaren umziehen und sich am neuen Standort vergrößern. Neben der Fleisch- und Bäckertheke werde es in Zukunft auch ein Café geben.

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„Im Bebauungsplan ist das Areal zwar als Gewerbegebiet ausgewiesen. Ein über 800 Quadratmeter großer Einzelhandel benötigt allerdings die Ausweisung eines Sondergebiets“, erklärte Werbachs Bauamtsleiter Oliver Schramm vor Monaten auf einer Gemeinderatssitzung. Im Zuge dessen wurden Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und Behörden sowie privater Personen zur Änderung des Bebauungsplans eingeholt.

Einwände vorgebracht

Die Stellungnahmen wurden auf einer Gemeinderatssitzung im Februar dieses Jahres vorgestellt. Dabei brachten die Nachbargemeinden Neubrunn und Tauberbischofsheim Einwände gegen das Vorhaben vor – getragen von der Sorge, dass Kaufkraft von ihrem Einzelhandel in großer Zahl abgezogen werde. Sie sahen das Kongruenzgebot und Beeinträchtigungsverbot nicht umgesetzt (siehe Hintergrund).

Durch die vorgebrachten Einwände war ein Zielabweichungsverfahren in Bezug auf das Integrationsgebot nötig. Eine neue Planung wurde ausgearbeitet, und die Verkaufsgröße von 915 Quadratmetern darin festgeschrieben. Auch die neue Planung musste ausgelegt werden. Die Träger öffentlicher Belange und Behörden mussten ein weiteres Mal dazu Stellung nehmen.

Wie Bauamtsleiter Oliver Schramm am Dienstag vortrug, gab es nun Zustimmung auf breiter Linie, auch vom Regierungspräsidium und dem Regionalverband Heilbronn-Franken. Nur noch aus Neubrunn kamen Einwände gegen das Vorhaben. Hier befürchte man einen deutlichen Abzug der Kaufkraft. Schramm verwies in diesem Zusammenhang auf die von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung gemachte Studie. Diese kommt zu dem Schluss, dass ein Umsatzverteileffekt eintrete. Demnach habe Werbach mit vier Prozent, Neubrunn mit fünf Prozent und alle anderen Einrichtungen dieser Art mit lediglich drei Prozent Abwanderung der Kunden zu rechnen.

„Da verschlägt es einem doch die Sprache, dass man in Neubrunn wegen fünf Prozent die Hose voll hat. Die sollen mal die Kirche im Dorf lassen. Ihre Vorgehensweise ist nämlich unverantwortlich“, machte Albrecht Rudolf (Unabhängige Bürgerliste) seinem Ärger lautstark Luft.

Michael Zwingmann (Aktive Bürger) sprach von dem Mut, den die Familie Müller aufbringe und wie wichtig diese Grundversorgung für die Kommune sei.

Etwas mehr Verständnis für die Haltung Neubrunns brachte Bürgermeister Georg Wyrwoll auf. Er sehe hier eine Verpflichtung der Verwaltung gegenüber dem angesiedelten Einzelhandel und seiner Bürger.

Deutlich wurde auch in der Diskussion, dass nicht allein die Verweigerung Neubrunns zur Verzögerung geführt hatte.

Der Gemeinderat votierte einstimmig für die erste Änderung des Bebauungsplans „Unterer Zellenrain“ und gab damit grünes Licht für die weiteren Schritte.

Die Sondersitzung war nötig, weil die Baurechtsbehörde erst auf Grundlage eines rechtskräftigen Bebauungsplans ihre Zustimmung zum Vorhaben gibt und der Pachtvertrag des Frischemarkts innerorts zum September ausläuft. Die nächste Sitzung des Gemeinderats am 19. September wäre damit deutlich zu spät erfolgt. Weil das Schreiben vom Regierungspräsidium erst Ende Juni eintraf, konnte es für die Juli-Sitzung nicht mehr berücksichtigt werden.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

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