Weikersheim. Daran gibt es keinen Zweifel: Der vielfach ausgezeichnete US-Amerikaner Peter Shub ist einer der besten Clowns weltweit. Jetzt brachte er sein Publikum in der Tauberphilharmonie zum Lachen. Ein Abend voller Absurditäten und Poesie.
Es ist der Kampf mit widerspenstigen Gegenständen, gegen Schwerkraft und schiere Materie und den eigenen Körper samt Füßen, Armen und Kopf: Wer Peter Shub jemals gesehen hat, wird ihn nie mehr vergessen. Keiner kann seine Finger so verbiegen wie er, niemand ist so charmant komisch und kein Zweiter lässt sich so bizarr von sich selbst mit der selbstständig gewordenen Pistole bedrohen. Es ist schon fast geisterhaft, wie Shub seinen Köper unter Kontrolle hat – um erschreckend glaubhaft zu machen, dass er jegliche Kontrolle darüber verloren hat.
Gegen den Trend zum Grellen
Jedenfalls: Im intim mit Tischchen kabarettmäßig ausgestatteten großen Philharmonie-Saal steht nur ein einziger Mensch auf der Bühne. Und das bleibt auch den ganzen Abend lang so. Doch das Publikum ist gleichzeitig immer dabei und wird oft Teil einer unmöglichen Bühnenhandlung.
Peter Shub arbeitet künstlerisch gegen den Trend schneller Handlungsabläufe und optischer Knalleffekte. Was er macht, das entwickelt sich erholsam langsam, erfordert konzentriertes Zuschauen und Einlassen.
Schon das Hereinkommen macht er zu einer eigenen bisweilen rätselhaften Nummer. Türe auf, Türe zu, ein Schluck Wasser aus der Flasche, ein Streichholzlicht im Hintergrund: Finger verbrannt. Gewissermaßen auf minimalstem Raum spielen sich Mini-Theaterstücke ab. Oft mit kaum einem richtigen oder gar nachvollziehbaren Verlauf. Und dennoch wird man als Betrachter in Shubs Kosmos förmlich hineingezogen.
Die kleinen, wellenförmigen Bewegungen eines Unterarms, die plötzliche Verkettung von Fingern, das völlig irrsinnig wirkende Stutzen eines sich verneigenden Basilikum-Strauchs: Shub macht das zu magischen, betörenden Momenten, denen man sich nicht entziehen kann. Dabei bleibt er über weite Strecken Pantomime, scheint vorwiegend mit sich selbst beschäftigt. Doch das Publikum hat er trotzdem immer im Blick – oder im Gehör. Wer lacht, hustet oder einen Zwischenruf macht: Shub nimmt alles auf, kommentiert, dirigiert, improvisiert sofort weiter. Man vermeint, den Künstler über Spontanapplaus durchaus ein wenig dirigieren zu können. Doch in Wirklichkeit manövriert er sein Publikum dahin, wo er es haben will. Dieses Wechselspiel macht höllisch Spaß – ein wenig Blinde Kuh bei einer großer Kinderparty.
Vielleicht der Berühmteste
Shub war mit dem Zirkus Roncalli unterwegs, er arbeitete mit dem kanadischen Cirque du Soleil, er war mit der Dinnershow Palazzo zu sehen und ist Preisträger des Monte Carlo Circus Festivals – also wirklich ein Clown von Welt und ein weltbekannter Clown. Man kann sogar sagen: der vielleicht berühmteste unserer Zeit. In seinem Metier hat er Wege abseits des Traditionellen entwickelt – und er weiß in jeder Situation zur überraschen.
Dass plötzlich alles anders ist, gehört zu Peter Shubs Programm: Ein dreibeiniges Kamerastativ watschelt quietschend über die Bühne, verwandelt sich mit Trenchcoat und Hut in eine Art Stabpuppe, die unversehens aggressiv werden kann und das Gegenüber mit dem Revolver bedroht. Es geht aber auch anders herum: Ein Hebel-Korkenzieher wird umständlich mit einem langen Faden bedient. Und weil das Öffnungsgerät nicht richtig will, kommt eine andere Schusswaffe ins Spiel: Korkenzieher muss die Arme heben.
Viel Applaus und Zugaben: Wer noch nicht Fan von Shub war, der ist es an diesem Abend geworden.
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