Dürreschäden

Weikersheim: Situation im Wald immer weniger kalkulierbar

Lässt sich angesichts der extremen Sommerdürren der Wald überhaupt noch retten? Die absolut brenzlige Situation macht auch beim Weikersheimer Stadtwald Sorgen – Forstexperten informieren den Gemeinderat.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Ein Förster hält vor einer befallenen Fichte ein Stück Baumrinde in der Hand, in dem sich Borkenkäfer befinden. Der heiße Sommern befeuert die Vermehrung des Borkenkäfers in den deutschen Wäldern. © dpa

Weikersheim. Borkenkäferschäden: Im Förster-Fachjargon spricht man von „Zufallsernten“ oder „Zufallseinschlägen“. Dieser Zufall ist aber in Zeiten langanhaltender Dürreperioden letztlich keiner (mehr). Er wird zur gewissen Wahrscheinlichkeit.

Hintergrund: Förster planen ihre zahlreichen Maßnahmen über das Jahr hinweg im Auftrag des Waldbesitzers. Vorgesehene Fällungen, den Abtransport und den Verkauf der geernteten Hölzer, die Wiederherstellung von Waldwegen, die Pflanzung und Pflege von Jungpflanzen. Jedes Jahr bekommen die Kommunen als Eigentümerinnen ihrer Waldflächen einen Überblick über diese – geplanten – Maßnahmen und die Kosten. Und wenn alles gut läuft, dann gibt es auch hin und wieder ein Plus für die städtische Kasse.

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„Zufällige Einschläge“ sind solche, die eben nicht geplant, bzw. planbar sind: Das kann das Räumen von Flächen nach Sturmbruch sein oder die Noternte nach einem Schädlingsbefall, Stichwort Borkenkäfer. Der versucht es grundsätzlich einmal überall, aber an durch Dürre geschwächten Nadelbäumen hat er zumeist Erfolg. Er kann ganze Waldstücke vernichten. Folgeproblem: Oft lässt sich das Holz nur noch als Brennholz vermarkten, sprich: Der Ertrag langjähriger Pflege ist futsch.

Der Sommer 2022: niederschlagsarm, brütend heiß bei Temperaturen teils über 40 Grad in der Tauberregion. Auch im Weikersheimer Stadtwald sind deshalb „zufällige“ Ausfälle zu verzeichnen, berichtete u. a. Klemens Aubele unlängst vor dem Gemeinderat. Er ist in Weikersheim Revierleiter für die Tauberhöhen, für Nassau und Elpersheim.

Im Jahr 2021 konnte die Forstwirtschaft mit einem unerwartet hohen Plus abschließen: Der Markt zog preismäßig an, es gab die „Bundeswaldprämie“. 2022 kalkuliert man für den Abschluss mit einem leichten Defizit, denn u.a. schlägt die gesamtwirtschaftlich bedingte Vollbremse auf dem Bausektor durch. In 2023 ist wirtschaftlich eine Schwarze Null zu erwarten, dabei sind Einschläge von 1600 Festmetern um Weikersheim vorgesehen. So genanntes Käferholz: rund 300 Festmeter. Haupteinsatzgebiete der Forstarbeiter im kommenden Jahr: Auf dem Kappelberg zwischen Hammelsklinge und Laudenbach und bei Nassau.

Nur-Öko bringt kein Geld

Doch wohin steuert die Waldwirtschaft bei zunehmend unkalkulierbaren Schadhölzern? Auch bei klimaresistenteren Bäumen wie der Douglasie haben sich in diesem Sommer erstmals unübersehbare Schäden gezeigt. Bisher galt die Douglasie immer als probate Nachfolgerin der deutlich hitzeempfindlicheren Fichte – die hierzulande quasi zu den aussterbenden Baumarten gehört.

Was würde passieren, wenn man eine durch Borkenkäfer geschädigte Fläche räumt und dann garnichts tut? Im FN-Gespräch sagt Klemens Aubele: „Die Fläche wird schon im kommenden Jahr wieder grün sein.“ Egal, wie die Sommer sein würden: Natur und Pflanzen nutzen ihre Chancen – und wer am besten mit den Standortfaktoren (Bodenqualität, Verfügbarkeit von Wasser) klar kommt, wird sich durchsetzen. In wenigen Jahren könnte man auch mit dem Aufwuchs von Bäumen rechnen, erklärt Aubele. Förster nennen das „Naturverjüngung“. Allerdings dürften das hier etwa Birke, Weide und Pappel sein. Bäume also, die sich kaum wirtschaftlich verwerten lassen.

Die Forstwirtschaft gehe den Planungsweg: „Ökologie und Ökonomie sollen dabei im Einklang stehen“, so Aubele. Ein deutlicher Ausschlag in Richtung Ökologie – diesen Weg kann man durchaus gehen. Der macht die Försterei unwichtig(er). Es gebe Kommunen, die sich für solche Modelle entscheiden, so Aubele.

Wer (auch) wirtschaftlichen Nutzen aus dem eigenen Wald ziehen will, eine gewisse Ordnung in den Gebieten wünscht und die Erholungsfunktion mit begehbaren Waldwegen erhalten haben will, kommt um eine professionell aufgestellte Försterei nicht herum. Aubele sieht trotz spürbarer Klimaeffekte den heimischen Nutzwald keineswegs als Auslaufmodell an. „Ich bleibe hier optimistisch. Wir setzen auf stabile Mischbestände mit Bäumen, die hier auch heimisch sind.“ Das Fachwissen der Förster ist beim langfristigen Waldumbau gefragt, wenn es darum geht zu wissen, welcher Baum mit welchen Standortbedingungen am besten klar kommt.

Setzlinge in Gefahr

Auch ein intelligentes Pflanz-Management wird immer wichtiger. Setzlinge, die deutlich nach den Frühjahrsniederschlägen in die Erde kamen, haben den Sommer teils nicht überstanden. Pflanzungen im Herbst: Vielleicht eine Möglichkeit, die Setzlinge soweit zu etablieren, dass sie ihren ersten Sommer überstehen. Mit jedem weiteren Jahr wird die Wahrscheinlichkeit eines frühen Ausfalls dann geringer.

Wer übrigens glaubt, mit den „richtigen“ Pflanzen sei man dann auf der sicheren Seite, der ist auf dem Holzweg: Noch einmal das Beispiel Douglasie: Der in Nordwestamerika heimische Baum wurde 1827 in Europa eingeführt, vor allem wegen des Wachstumspotentials und der guten Holzqualität. Erreicht die Douglasie das Erwachsenenalter, gilt sie als stabil. Doch vorher ist auch sie ein sensibler Baum, der vor allem bei Stress empfindlich reagieren kann. Und: Auch potenzielle Schädlinge sind gewissermaßen natur-intelligent. Sie finden irgendwann ihren „besten“ Wirt: Pilze und Käfer, sie machen etwa bei anhaltenden Nässeperioden und bei Dürre auch vor der Douglasie nicht halt.

Ein ökologischer Aspekt rund um Weikersheim: Wald-Spaziergänger können unter gekennzeichneten Bäumen immer wieder solche entdecken, die vom Förster mit einem blauen „H“ für „Habitat“ markiert sind. Das sind in der Regel alte Bäume, die als Lebensraum für Tiere und auch Pflanzen dauerhaft erhalten werden.

Besonders häufig werden Bäume mit Höhlen oder mit außergewöhnlichen Wuchsformen als „Habitatbäume“ ausgewählt und oft auch dauerhaft markiert. Diese Biotopbäume bilden dann den Lebensraum für Tiere wie Siebenschläfer, Fledermäuse, große Greifvögel und viele hundert Insektenarten und Spinnentiere.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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