Weikersheim. Küchenchef Jürgen Koch (62) und seine Frau Sabine sind ein starkes Team. 18 Jahre lang haben sie mit ihrer Mannschaft immer wieder aufs Neue den Michelin-Stern am Weikersheimer Marktplatz 5 verteidigt und Gourmet-Freunde glücklich gemacht. Doch damit ist nun erst einmal Schluss.
Stark sein müssen die beiden auch für die Botschaft, die sie exklusiv dem Reporter der Fränkischen Nachrichten mitteilen. Es fällt ihnen sichtlich schwer. Man hat sich am Ecktisch im Sterne-Restaurant „Laurentius“ in Weikersheim zusammengesetzt. Die Lampen erzeugen wie immer ein stilvolles Ambiente im Gewölbekeller, die Küche ist in Sichtweite, man hat die vielen Köstlichkeiten, die hier gezaubert werden regelrecht vor Augen. Alles ist wie immer bereit, für die erwartungsfrohen Gäste des Gourmettempels. Doch dann sagt Jürgen Koch mit ruhiger Stimme: „Wir werden unser Sterne-Restaurant ‚Laurentius‘, das wir seit 35 Jahren führen und mit dem wir seit 18 Jahren die Auszeichnung eines Michelin-Sterns fortwährend erhalten, zum Jahresende schließen.“ Er atmet tief durch und ergänzt auf Nachfrage: „Wir machen eine Denkpause bis Mai nächsten Jahres.“ Und er schiebt noch nach: „Wo etwas zu Ende geht, da kann auch Neues entstehen. Wir denken nun intensiv darüber nach.“
18 Jahre den Michelin-Stern verteidigt
18 Jahre ein Michelin-Stern für eine Spitzenküche, dazu noch vor Corona der Bib Gourmand für eine preisgünstige Regionalküche im Bistro, das Rote Häuschen für ein angenehmes Hotel, die interessante Weinkarte und das Rote Besteck für ein stimmungsvolles Ambiente im Restaurant – auf all die Auszeichnungen sind Sabine und Jürgen Koch sehr stolz. Sie danken allen Gästen und Freunden des Hauses für die jahrelange Treue.
Doch was hat zur Schließung des Restaurants geführt und was passiert mit dem Hotel, dem Hohenloher Märktle und den Tauberhasen? Dazu erklärt Jürgen Koch: „Das Hotel mit seinen 13 Zimmern wird in bewährter Qualität und mit Frühstück weiterbetrieben. Weiter geht es auch mit dem Hohenloher Märktle, dem Weinverkauf und dem Zusammenschluss der Tauberhasen. Das Sterne-Restaurant wird voraussichtlich am Samstag, 13. Dezember, das letzte Mal geöffnet sein. Zur Entscheidung, es zu schließen, haben mein Alter, meine Gesundheit, das immer schwieriger werdende Teambuilding in der Gastronomie sowie die wirtschaftlichen Sorgen, die Preissteigerungen und die Abgabenlast beigetragen.“ Der Küchenchef präzisiert dazu, dass die späten Arbeitszeiten und die Wochenendarbeit bei Angestellten immer unbeliebter würden, dann spüre man eine deutliche Konsumzurückhaltung bei den Bürgern, die in diesen schwierigen Zeiten insgesamt weniger Essen gehen, gleichzeitig sehe man eine Kostenexplosion bei Energie, Versicherungen und Personal. „Es ist vieles zusammengekommen!“
„Ein harter Prozess von sieben Monaten“
Wie schwer fällt dieser Schritt, nachdem das Ehepaar Koch 1990, also vor 35 Jahren, das „Laurentius“ von den Schwiegereltern übernahm und seitdem betrieben hat? Sabine Koch antwortet: „Es war ein harter Prozess von sieben Monaten.“ Sie geht speziell noch einmal auf den schwierigen Aufbau eines stabilen Küchen- und Serviceteams ein. Immer wieder habe man Rückschläge durch freiwillig ausscheidende Mitarbeiter erlitten, die sich zum Beispiel in der Industrie neu orientieren wollten. Klar war auch, dass der Sohn und Sommelier Sebastian Koch, der nach seiner gastronomischen Ausbildung noch den Bachelor als Wirtschaftsinformatiker absolvierte, die Gastronomie der Eltern langfristig nicht übernehmen will.
Jürgen Koch ist es wichtig, noch einen für ihn sehr negativen Einfluss anzusprechen, der die Aufgabe des Restaurants zusätzlich schürte: die örtliche Fremdenverkehrsabgabe. „Diese Fremdensteuer ist investitionsfeindlich und wirkt demotivierend. Zwei Tage vor Weihnachten 2024 erreichte uns ein Abgabenbescheid der Stadt Weikersheim im fünfstelligen Bereich. In der Stadt wird wohl nicht verstanden, dass wir nicht Nutznießer der örtlichen Infrastruktur, sondern als niveauvolles und national bekanntes Restaurant ein Teil der Infrastruktur sind“, ärgert sich Koch. „Dazu kamen in 2024 schon Rückforderungen von Coronahilfen und die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie“, so Koch weiter: „Da frage ich mich schon, warum ich jede Woche mit dem Hotel- und Gastrobetrieb fast durchgehend schufte, weit entfernt von einer normalen 40-Stunden-Woche.“ Statt einer Fremdenverkehrsabgabe wäre laut Koch eine Art Kurtaxe pro Gast und Nacht einfacher zu leisten, „zwei bis drei Euro, die würde man jedem Gast als Durchlaufposten mit auf die Rechnung schreiben und es wäre erledigt und transparent, statt der großen Keule kurz vor Weihnachten“, die mühsam erwirtschaftete Gelder auffresse.
Von der Restaurant-Schließung betroffen sind von den insgesamt zwölf (Hotel-)Mitarbeitern (inklusive Aushilfen) nur zwei Vollzeitkräfte. Sie hätten problemlos andere Jobs gefunden, sagen die Kochs. Zwei Ausbildende hätten das Team bereits auf eigenen Wunsch verlassen und somit das Gesamtpersonalproblem zuletzt verstärkt.
„Weltoffen, Weitsichtig, Wurzelecht“
„Weltoffen, Weitsichtig, Wurzelecht“ – für das Motto mit den drei großen W ist das „Laurentius“ bekannt. Jürgen und Sabine Koch bieten eine handwerklich solide Küche mit internationalen Einflüssen. Sie wollen verwöhnen und begeistern. „Ja, es macht schon Spaß, wenn das Haus voll sitzt, die Gläser klirren, gute Gespräche im Gange sind, die Gäste genießen“, räumt Sabine Koch wehmütig ein und ihr Mann fügt bedrückt an: „Doch wenn es nicht belohnt wird, muss man nachdenken, was man tut.“
Die hohe Qualität des Michelin-Sterns über so viele Jahre seit 2008 zu halten sei mit viel Leidenschaft und Können möglich gewesen, doch es habe auch Druck mit sich gebracht, berichten die Kochs weiter. Dass der „Stern“ nun 2026 in Weikersheim erlischt, macht sie natürlich auch traurig. In der selbst verordneten „Denkpause“ nach dem Jahreswechsel wolle man sich erst einmal auf das Hotel und das Märktle konzentrieren, aber auch für Familienfeiern, Gesellschaften und Popup-Events wie eventuell einen Stammgäste- oder Weinabend noch zur Verfügung stehen. „Dann sehen wir weiter“, sagt Jürgen Koch und betont, dass Gutscheine ihre Gültigkeit behalten und für bestehenbleibende Leistungen genutzt werden können.
Noch bis zum 13. Dezember ist der Restaurant-Betrieb jeweils mittwochs bis samstags geplant, dann gehen dort die Lichter aus. Zukunft ungewiss.
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