Reihe „Enter the Future“

Weikersheim: Elon Musks Chefingenieur in der Tauberphilharmonie

Welche Chancen stecken in der technologischen „Eroberung“ des Weltalls? Mit hochkarätigen Referenten verflüssigt die Reihe „Enter the Future“ die Diskussion. In der Tauberphilharmonie war ein Musk-Vertrauter zu Gast.

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Michael Weber-Schwarz
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Foto-Künstler Michael Najjar (rechts) vor einem seiner Werke. Von links Moderator Benedikt Hofmann, Satellitenexperte Prof. Dr. Klaus Schilling und Dr. Hans Königsmann, langjähriger Chefingenieur von Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX. © Michael Weber-Schwarz

Weikersheim. Ein Raketenstart, bei dem am Ende alles explodiert. Ein weiterer endet in einer riesigen Feuerwolke mit herumfliegenden Trümmern. Ein dritter: Das Fluggerät startet nicht nur, sondern setzt schließlich wieder unbeschädigt auf dem Erdboden auf. Szenen eines synthesizer-schwangeren Kunst-Films des Fotografen Michael Najjar mit authentischem Material.

Das Unternehmen SpaceX wird durch solch wiederverwendbare Transportmodule zum bedeutenden Versorger der Internationalen Raumstation (ISS). Das Weltraumfahrtkonzept erscheint archaisch wie von Versuch und Irrtum geleitet – aber irgendwann funktioniert es. Seit 2020 besorgt Multimilliardär Elon Musk die bemannten Zubringerflüge der „Nasa“. Explodieren sollte da nichts. Obwohl ein Weltraumflug, wie Musks früherer Chefingenieur Hans Königsmann am Mittwoch in der Weikersheimer Tauberphilharmonie sagt, wie das Besteigen des Mount Everest ist. Um die 300 Tote gehören dort seit der Erstbesteigung 1953 zum Geschäft.

Ziel: „Gehirnstimulation“

Es ist die mittlerweile siebente Veranstaltung von „Enter the Future“, die von Unternehmer Manfred Wittenstein initiiert wurde. Die Referenten wurden aus Singapur und Los Angeles eingeflogen, so Gastgeber Wittenstein. Es gehe nicht um Vorgefertigtes, sondern um „Gehirnstimulation und Nachdenken“, um Möglichkeiten und das kritische Hinterfragen.

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Auf dem Podium Prof. Dr. Klaus Schilling, Vorstand des Zentrums für Telematik und ehemaliger Professor für Raumfahrttechnik an der Stanford University und der Universität Würzburg und Dr. Hans Königsmann, ehemaliger Vizepräsident der amerikanischen Raumfahrtfirma SpaceX für „Mission Assurance“, also für die Sicherheit der Weltraummissionen sowie Chefingenieur für Raketenstarts. Weiterer Gast: Fotokünstler Michael Najjar.

Auf dem Weg zum Mars

Von Klaus Schilling ein Blick auf Entwicklung und heutige Realität im Bereich Satelliten. Tausende umkreisen die Erde. Alleine „Starlink“ – ein von Musks SpaceX betriebenes Satellitennetzwerk – hat in den letzten vier Jahren mehrere tausend in den Orbit geschossen. Das sind kleine vernetzte Systeme vorwiegend für die Telekommunikation. Rund 80 Prozent der heutigen Satelliten werden kommerziell betrieben und nicht wie früher von halbstaatlichen Agenturen wie der Nasa. Ein Ende ist nicht abzusehen – „der Himmel über uns wird noch viel voller“, so Schilling. Einige Systeme dienen auch der Erdbeobachtung, zur Ermittlung von Wetterveränderungen und Waldschäden.

Hans Königsmann gab einen griffigen Überblick über die zeitlichen und technischen Entwicklungen bei SpaceX über das erste „Falcon“-System bis hin zum großen „Starship“, das einmal bis zum Mars fliegen soll. Warum eigentlich? – das wird in der Diskussion gefragt. Einerseits sieht man den Mars durchaus als „Backup- und Probe-Planet“, den man auch kolonisieren will. Andererseits gehe es nicht um die Umsiedlung der Menschheit von einer verschlissenen Erde. Die „muss wieder in Ordnung gebracht werden“, so Königsmann.

Für Weltraumforschung und Exploration sei die Kooperation von vielen Staaten nötig. Schon ein Flug zum Mond sei „nicht ganz leicht“, doch, bezogen auf die Mission Mars: „Vieles ist möglich geworden, was man bisher für unmöglich hielt“.

Weltraum-Regel gibt’s nicht

Kann im Orbit und im weiten Weltall jeder machen, was er will? Regeln „gibt es keine“, hielt Schilling fest – bis auf die Vergabe von Funkfrequenzen von Satelliten. Die könne man immerhin mit gewissen Auflagen versehen. Eine Art „Verkehrsregeln für den Orbit“ seien dringend erforderlich, sonst werde man irgendwann ein großes Problem mit Weltraumschrott haben.

Ästhetische Fragen stellten sich überdies, hielt unter anderem Najjar fest. Eine stark reflektierende „Perlenkette am Himmel“ (die bekannten sichtbaren Starlink-Satelliten) und viele weitere in niedrigem Orbit: ein zunehmendes Problem für Astronomen auf dem Erdboden. Und für Menschen, die einen nicht-technischen Blick in den Nachthimmel haben wollen, so wie er sich seit Millionen von Jahren dargeboten hat. Klaus Schilling fordert politische Entscheidungen, wie mit der Ressource Orbit umzugehen sei. Man müsse damit „behutsam umgehen“.

Eine Frage aus dem Publikum streifte auch den Bereich Bildung: die Nachfrage nach „weltraumnahen“ Studiengängen sei stark angestiegen. Welche Schwerpunkte müsse also die Hochschule setzen? Für Königsmann ganz klar: Grundvoraussetzung sei, „Mathe und Physik verstehen“. Schilling spricht sich für genügend Freiraum für Studierende aus, um „selber etwas ausprobieren und realisieren zu können“ – etwa im Bereich von Kleinstsatelliten.

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