Weikersheim. Evangelische Dekane sind, anders als Gemeindepfarrer, in Württemberg nur auf Zeit gewählt. Erfolgreich stellte sich die Weikersheimer Dekanin Renate Meixner nach zehnjähriger Dienstzeit zur Wiederwahl.
„Man müsste auf Menschen zugehen und im besten Sinn missionarisch tätig sein“, betonte Renate Meixner an der Schwelle zur zweiten Wahlperiode ihres Dienstes im Taubergrund. Das sei „der ureigentliche Auftrag der Kirche“ und auch ihr Ziel als Dekanin. Daneben gebe es aber auch Themen, die gemacht werden müssten und die von ihr „viel Energie brauchen“, wie die Sorge um die angemessenen Strukturen im Bezirk und in Weikersheim die Renovierung der Stadtkirche.
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Gemeinsam mit den gewählten Gremien stehen Dekanin oder Dekan an der Spitze eines Kirchenbezirks und leiten zugleich die Kirchengemeinde des Dekanatsorts. Das Wahlgremium setzt sich deshalb aus Vertretern beider Bereiche zusammen. Im Februar 2012 wurde Renate Meixner für zehn Jahre zur Weikersheimer Dekanin gewählt. Diese zeitliche Begrenzung für die kirchlichen Leitungsfunktionen hatte die Landessynode kurz vorher beschlossen. Wiederwahl ist aber möglich. So traf sich das Wahlgremium vor kurzem coronagerecht, um den Rechenschaftsbericht der Dekanin entgegenzunehmen, und wählte sie dann für die nächste Amtsperiode.
Aus einer jungen Kirchengemeinde am Rand von Schwäbisch Hall war die aus Merklingen bei Ulm stammende Renate Meixner nach Weikersheim gekommen. Sie hatte sich qualifiziert zur Seelsorgeexpertin mit fundierten Erfahrungen in der Verwaltung und freute sich darauf, in einem ländlichen Gebiet mehr Verantwortung zu übernehmen.
Die Hohenloher sah sie als „ganz interessanten Menschenschlag“ und den Taubergrund als „wunderschöne Landschaft“. Als Dekanin wollte sie, wie sie im Rückblick feststellt, gerne „die Vielfalt der Gemeinden mitleben in ihrer Unterschiedlichkeit und Lebendigkeit“. Die Grenzlage des Kirchenbezirks an der nördlichsten Spitze der Landeskirche sah sie als Chance, über die Grenzen hinauszuschauen. Im diakonischen Bereich, den sie hoch einschätzte, war es nötig, den Weg zum württembergisch-badischen Diakonieverbund zu vollenden.
„Die Wahrnehmung für andere wollte und will ich stärken“, so Renate Meixner. Die Menschen sollten motiviert werden, „über den Tellerrand der eigenen Gemeinde zu schauen“ und die Nachbargemeinden wahrzunehmen, gerade in ihrer Unterschiedlichkeit. Gewiss – das sei manchmal eine Herausforderung, aber es sei nötig. Christen müssen „das teilen, was wir haben“. Nur so könne man als Kirche wahrnehmbar bleiben und „den Auftrag erfüllen, den wir als Gemeinde Jesu Christi haben“. Das müsse sich ganz praktisch zeigen in einer Reform der gemeindlichen Strukturen. Nicht mehr die Einzelgemeinde sei heute gefragt, sondern die „Verbundkirchengemeinde“ mit der Bereitschaft zu engerer Kooperation, sichtbar im gemeinsamem Kirchengemeinderat und Verwaltung. Heute seien 75 Prozent aller Gemeinden so organisiert – in einer Bandbreite vom Zwei- bis zum Sechser-Verbund. Der gemeinsame Weg „braucht Anregungen und Pflege“, da sei in den nächsten Jahren noch einiges von ihr gefordert. Zu dieser Entwicklung gehört, dass im Zuge der Pfarrplan-Reform etliche Pfarrstellen gestrichen worden seien. Der derzeit aktuellen „Pfarrplan 2024“ weise noch ein Soll von 16 Pfarrstellen auf. Die seien alle versorgt. Dazu stünden die Pfarrer Karl-Gottfried Kraft, Andreas Vogt und Anna Wolf für Vertretungen zur Verfügung. „Darauf bin ich schon ein wenig stolz“, betonte Renate Meixner. Am Horizont stehe allerdings schon der nächste Pfarrplan, der bis 2030 die Streichung von zwei weiteren Pfarrstellen erfordere.
Sehr gut laufe zurzeit auch die Arbeit der Psychologischen Beratungsstelle, die der Kirchenbezirk in Bad Mergentheim betreibt. Schwierige Phasen seien bewältigt worden und sie sei froh darüber, dass inzwischen auch die Zusammenarbeit mit der Diakonischen Beratungsstelle im gleichen Haus gut klappe. Doch auch hier wolle sie weiterhin den Kontakt halten und im Gespräch bleiben.
Eine gute Entwicklung habe es auch in ihren Kirchengemeinden Weikersheim und Neubronn gegeben. Anfang 2020, gerade noch rechtzeitig vor Corona, habe man im Weingut Hofäcker in Queckbronn deren „Hochzeit“ zur Verbundkirchengemeinde gefeiert. Neubronn sei für die Stadt eine echte Bereicherung mit motivierten Mitarbeitern und „organisatorisch unschlagbar“.
In Weikersheim selbst sei man mittendrin in der Renovierung der Stadtkirche. Die dritte Bauphase mit der Innenrenovierung stehe an. Wie man die nötigen Eigenmittel dafür aufbringen solle, liege allerdings noch im Dunkeln. Wenn Renate Meixner an die kommenden Jahre denkt, machen ihr vor allem die Finanzen einige Sorgen. „Es gibt bei uns immer weniger Menschen und weniger Geld, aber der Bestand der Gebäude bleibt“. 41 Kirchen und Kapellen gebe es im Bezirk, 90 Prozent davon denkmalgeschützt. Trotz aller Sparsamkeit und der Suche nach neuen Geldquellen werde man nicht alle so erhalten können wie bisher. Auch andere Nutzungen seien schwierig. „Es ist ein Trauerprozess“, stelle Renate Meixner fest, aber die Frage sei eben: „Geht das Geld in Steine oder in Menschen?“.
Gerne blickt die Dekanin an ihre Anfänge in Weikersheim zurück. Da habe sie in der Stadtkirche einen Gottesdienst mit der Jungen Oper und „Don Giovanni“ gefeiert. Das „Pilgerwochenende“ habe sie ins Leben gerufen und den jährlichen „Gottesdienst für Liebende“ am Valentinstag. Den auf die Schuljahre 3 und 8 verteilten Konfirmandenunterricht „KU 3“ habe sie mit ihren Kollegen probiert und sich in der Flüchtlingsbetreuung engagiert. Inzwischen aber nehme die Verwaltungsarbeit immer mehr Raum ein und es bestehe wenig Hoffnung, dass sich das ändere.
Jetzt, so betont Renate Meixner abschließend, müsse man erst einmal sehen, wie man das Gemeindeleben „nach Corona“ wieder in Gang bringe. „Wie frei werden wir nach Corona als Kirche wieder sein?“, diese Frage treibe sie um. Sie wolle auch bei den anstehenden Visitationen der Gemeinden mit den Verantwortlichen darüber ins Gespräch kommen – Visitationen müssten so gestaltet werden, dass sie „den Gemeinden nützen“. Und auch gemeinsame Aktionen wie der eindrückliche „Bezirkskirchentag“, gefeiert 2019 in der Tauberphilharmonie, stünden weiterhin an, um die Gemeinschaft zu stärken.
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