Blick in die Geschichte

Strom-Ära endet nach 115 Jahren in Elpersheim

Ein großer Meilenstein war der Bau des neuen Tauberwehrs 1954. Seit 2010 ist Bernd Nagel Geschäftsführer und verantwortete zahlreiche Investitionen

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bn/sabix
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Das E-Werk hat eine lange Familientradition. Das Bild zeigt (von links): Lydia Geuder (Ehefrau des 1978 verstorbenen Hermann Geuder), Herta Nagel und ihren Sohn Bernd Nagel sowie Gunther Krause (Onkel von Bernd Nagel). © E-Werk Geuder

Elpersheim. Seit 1909 versorgt das Familienunternehmen Geuder Elpersheim mit elektrischem Strom. „In vier Generationen wurde der heutige Standard mit viel persönlichem Einsatz erreicht“, erklärt Geschäftsführer Bernd Nagel im FN-Gespräch mit Blick auf die Historie.

Die urkundlich erstmals dokumentierte öffentliche Stromversorgung geht auf den ersten Konzessionsvertrag mit der Gemeinde Elpersheim vom 22. August 1909 zurück. Bereits am 11. Februar 1910 wurde beim Kreis-Oberamt Mergentheim die Ausführung der ersten elektrischen Niederspannungsleitung mit 220V „zwecks Versorgung mit elektrischem Licht und elektrischer Kraft der Gemeinde Elpersheim“ beantragt und anschließend auch gebaut. Dies war Pionierarbeit im wahrsten Sinne – schließlich waren die Menschen meist noch an die gute alte Sturmlaterne gewöhnt; genauso wenig gab es Maschinen, die elektrisch betrieben wurden, um die Arbeit zu erleichtern.

Die Urgroßeltern des heutigen Inhabers Bernd Nagel, Johann und Katharina Geuder, besuchten jeden Anschlusswilligen persönlich und versuchten dabei die Menschen von den Vorteilen elektrischen Stroms zu überzeugen. Schon damals war das heutige Überlandwerk Schäftersheim eine wichtige Stütze in der raschen Entwicklung und Verbreitung dieses neuen Geschäftsbereichs. Der Müller-Kollege Wohlbold, der das EW Schäftersheim bereits 1897 gegründet hatte, unterstützte tatkräftig aus der Nachbarschaft. Sowohl Geuder als auch Wohlbold waren sehr überzeugt von der „neuen Sache“. Sie sollten Recht behalten.

Aus den alten Unterlagen geht hervor, dass die meisten Haushalte nur zwei Lampen mit 25 Watt – in der Regel in der Küche und im Wohnzimmer – hatten. Im Stall wurde meist weiter mit der Laterne gearbeitet. Jedoch wurden schnell Maschinen im Ort angeschafft, um das Futter zu schneiden, welches vorher mit der Hand gedreht wurde oder Rüben zu mahlen. Der elektrische Strom wurde mit einem Gleichstromgenerator erzeugt, der mit einem Treibriemen mit dem unterschlägigen Wasserrad verbunden war. Dieses Wasserrad musste die Getreidemühle antreiben und den Strom für die Ortschaft liefern.

Hermann Geuder übernahm 1937 in zweiter Familiengeneration das E-Werk und baute diesen Betrieb – neben der Mühle und Landwirtschaft – weiter aus. Der Bau des neuen Tauberwehrs 1954 an der Unteren Mühle mit einer Breite von 22 Metern und einer Höhe von drei Metern und der damit verbundene Einstau der Tauber markierte einen weiteren großen Meilenstein in der langen Firmenhistorie.

Mitte der 1970er Jahre war der Stromverbrauch im Ort derart angestiegen, dass die herkömmliche 220/380V-Versorgung von der Mühle aus nicht mehr ausreichte. Hermann Geuder errichtete einen 20kV-Mittelspannungsring mit insgesamt vier Trafostationen, die den Strom von dort aus mit Niederspannungsleitungen verlustarm und in einer gleichmäßigen Spannungsqualität an die Haushalte lieferte.

Im Juni 1978 verstarb Herman Geuder unerwartet im Alter von 69 Jahren. Daraufhin musste die Mühle stillgelegt werden. Lydia Geuder führte den Betrieb zunächst alleine mit Unterstützung der gesamten Familie weiter; übergab 1992 den Betrieb dann an ihre Tochter Herta Nagel.

Die Liberalisierung des Strommarktes 1998 – die Trennung zwischen Netz und Vertrieb – stellte die Verwaltung der örtlichen Stromversorgung vor ganz neue Herausforderungen; ebenso ein paar Jahre später das Inkrafttreten des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG), unter dessen staatlichen Förderregime seit 2001 knapp 150 Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Ortschaft installiert worden sind.

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Seit 2010 führt Bernd Nagel das E-Werk in vierter Familiengeneration weiter. Wesentliche Meilensteine sind die Investitionen in die Erweiterung des Stromnetzes, der Anschluss des Neubaugebiets „Leitenäcker Süd“, die technische Gewährleistung des starken Zubaus an Photovoltaikanlagen, der Aufbau einer örtlichen Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität und das Energiedatenmanagement. – Ende 2024 wird der Betrieb nun eingestellt. bn/sabix

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