Elpersheim/Schäftersheim. Das Elpersheimer Stromnetz wechselt zum 1. Januar 2025 den Besitzer. Das E-Werk Geuder stellt den Betrieb ein. Es übernimmt die Überlandwerk Schäftersheim GmbH & Co. KG (ÜWS) als neue Eigentümerin, die wiederum 100-prozentige Tochter der N-ERGIE AG aus Nürnberg ist.
Das ÜWS wird somit künftig Stromlieferant und Grundversorger für Elpersheim sein. Für den technischen Betrieb des Stromnetzes zeichnet künftig die N-ERGIE Netz GmbH verantwortlich.
Bürokratie und hohe Kosten
Bernd Nagel (53), geschäftsführender Inhaber des Hermann Geuder Elektrizitätswerkes in Elpersheim, erklärte im FN-Gespräch die vielfältigen Gründe für die Geschäftsaufgabe: „Mit viel Wehmut müssen wir leider der aktuellen Entwicklung Rechnung tragen, dass in unserer Betriebsgröße kein wirtschaftlicher Weiterbetrieb mehr darstellbar ist. Die politischen Rahmenbedingungen und die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere mit Beginn der Energiepreis-Krise, haben sich sehr stark verändert. Dazu kommen steigende Kosten für den erforderlichen Ausbau der Netzinfrastruktur und der Verwaltung, inklusive IT-Ausstattung. Der Einfluss plötzlich eintretender geopolitischer Ereignisse lassen eine vorausschauende Strombeschaffung schier unmöglich werden. Eine mittlerweile überbordende Bürokratie erschwert das tägliche Handeln zusehends. All dies führte nun zu unserem weitreichenden Entschluss.“
Bernd Nagel führt das E-Werk alleine. Es gibt keine Angestellten. Das Unternehmen besteht in vierter Generation. „Die Eltern und Großeltern meiner Mutter sind die Familie Geuder. Hermann Geuder war die zweite Generation und mein Großvater. Er hat nach dem Krieg die wesentlichen Weichen gestellt“, erzählt Bernd Nagel voller Stolz und führt weiter aus, dass zirka 400 Kunden ausschließlich in Elpersheim betroffen seien.
Volker Hofmann ist Geschäftsführer des ÜWS und freut sich, dass „Tradition auf Tradition“ folgt, denn das 115 Jahre alte E-Werk Geuder werde von der ÜWS mit 127-jähriger Geschichte übernommen: „Wir freuen uns, das Stromnetz in Elpersheim, das direkt an unser Netzgebiet angrenzt, nach zahlreichen guten und vertraulichen Gesprächen übernehmen zu können“, so Hofmann: „Wir danken für das Vertrauen, stehen zu unseren Verpflichtungen als bekannter Vertragspartner der Stadt Weikersheim und auch gegenüber den Elpersheimer Bürgern. Es ist unser Anspruch das Netz genauso weiterzubetreiben wie es das E-Werk lange Zeit vorbildlich getan hat.“
Veranstaltung am 23. September
Am Montag, 23. September, gibt es um 19.30 Uhr in der Taubertalhalle eine gemeinsame Informationsveranstaltung. Ende Oktober sollen die E-Werk-Kunden noch einmal persönlich vom ÜWS angesprochen werden und im November werden in der Ortsverwaltung auch noch Einzel-Beratungen angeboten, berichtet Hofmann. Er ist auch froh, dass Bernd Nagel noch für eine Übergangszeit erreichbar bleibe – gemeinsam stehe man dafür ein, dass der Strom zu jeder Zeit verfügbar sei.
Das Überlandwerk Schäftersheim hat aktuell schon 14 Strom- und vier Gas-Konzessionen. Das Versorgungsgebiet erstreckt sich im südlichen Teil des Main-Tauber-Kreises und im unterfränkischen Bereich bis Ochsenfurt – in Summe auf 384 Quadratkilometern mit über 20 000 Stromnetzkunden und rund 2000 Gas-Kunden. Zirka 35 Mitarbeiter sind beim ÜWS beschäftigt.
Preisentwicklung
Werden sich die Preise durch die Übernahme des E-Werkes verändern? Auf diese Frage antwortet ÜWS-Geschäftsführer Hofmann: „Die Lage sieht so aus, dass wir zum neuen Jahr die Strompreise senken könnten, jedoch steht erst Mitte Oktober die Entwicklung der Netzentgelte fest, dazu kommen Steuern- und Abgabenentwicklungen, die wir noch nicht ganz voraussehen können. Das alles ist zu beachten. Doch momentan gehen wir davon aus, dass der Strompreis 2025 sinkt.“
Und was gab den Ausschlag für das ÜWS, nachdem es auch andere Interessenten für die E-Werk-Übernahme gab? Dazu sagt Bernd Nagel: „Ich war sehr beeindruckt von der Offenheit, der Vertraulichkeit und den aufgezeigten Möglichkeiten. Das ÜWS ist unser direkt vorgelagertes Netz in Elpersheim. Es gibt eine direkte Nachbarschaft und das war schon ein wichtiger Faktor. Für den Ort gibt es damit gute Zukunftsoptionen. Dazu sind wir sehr ähnlich in der Kundenansprache.“
Der Konzessionsvertrag für das E-Werk hätte noch eine Laufzeit bis Ende 2029 gehabt, doch nun erfolgt der Ausstieg fünf Jahre früher. „Wir als Familie haben uns diese unwiderrufliche Entscheidung nicht leicht gemacht“, betont Bernd Nagel und räumt ein, dass der interne Prozess schon vor eineinhalb Jahren begann und man schließlich bestrebt war, das E-Werk „in gute Hände“ zu übergeben. Wie eingangs aufgezählt, gebe es zahlreiche Gründe für die Geschäftsaufgabe. Viele kleinere Einheiten im Strommarkt hätten zu kämpfen. „Die kleinen Unternehmen leiden unter der Bürokratie, zu hohen Anforderungen und Vorgaben – das lässt sich immer schwerer stemmen und wirtschaftlich darstellen“, sagt Bernd Nagel und dankt den Kunden für ihre Treue über 115 Jahre. Zufrieden ist er, dass er einen „guten Netzzustand und hohe Datenqualität“ übergeben könne und Volker Hofmann nickt zustimmend.
Netze überfordert
Hofmann blickt auf FN-Nachfrage noch auf die Entwicklungen in der Energiewirtschaft und bestätigt, dass es die kleinen E-Werke immer schwerer am Markt haben. Die N-Ergie übernehme gerade weitere vier kleine Stadtwerke. Große Herausforderungen seien zum Beispiel der Abtransport der Massen an Erneuerbaren Energien durch Windkraft- und Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Die Netze seien teilweise überfordert und der nötige Ausbau erhöhe die Netzkosten.
Und was macht Bernd Nagel in Zukunft? Der 53-Jährige sieht sich noch weit bis ins nächste Jahr hinein mit Abwicklungsarbeiten beschäftigt. Danach sei noch unklar „wie es beruflich weitergeht. Ich arbeite gerne und werde eine Aufgabe finden, die mir Spaß macht. Das Wasserkraftwerk werde ich zudem weiterbetreiben, es bleibt in Privatbesitz.“
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