Laudenbacher Wintertheater

Öffentliche Aufführungen: Am Berg liegen die Nerven blank

Zu schade – das neue Stück von Michael Weber-Schwarz gibt’s nur drei Mal. „Der Berg ruft“ wirft vor der Kulisse des legendären Watzmanns einen amüsant-kritischen Blick auf die Gegenwart

Von 
Inge Braune
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Laudenbach.. Ein vermeintliches Bergidyll, eine Gipfeltour und eine kletternde Gymnastikgruppe samt Beziehungsstress: Basiszutaten für die humorvolle Inszenierung von „Der Berg ruft“ in der Laudenbacher Zehnscheune.

Sie haben sich einiges vorgenommen, die Gipfelstürmer der Gymnastikgruppe des TSV Laudenbach. Zum sagenumwobenen oberbayerischen Watzmann wollen sie hoch beim Jahresausflug, vorzugsweise zur über 2700 hohen Mittelspitze. Nein, immerhin die Ostwand überm Königssee haben sie nicht als Ziel, aber bis zum Watzmannhaus und für einen Klettersteig sollten Power und Ausrüstung halbwegs reichen.

Die Truppe ist bunt gemischt: Das Rentnerehepaar Karl und Elisabeth (Michael Weber-Schwarz und Neuzugang Leonie Sturm), Siegfried, der Lehrer (Simon Euring – ebenfalls neu im 0815-Team) und seine Frau Trudi (Lara Oechsner), dazu Henner, der Spaßvogel (Matthias Sambeth), dessen Witzeleien seiner Frau Frieda (Katharina Reuß) schon mal gewaltig auf den Keks gehen können. Und auch ein Student ist mit von der Partie: Der Klima-Aktivist Robert (Lukas Schäfer, hier erstmals Bühne).

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Die Belastbarkeit: recht unterschiedlich. Karl und Elisabeth gehen es gemütlich an, die beiden anderen Paare zeigen Ehrgeiz, und Robert hat sich gar den Aufstieg per Rad vorgenommen.

Unterschiedlich sind auch die Charaktere: Karl, etwas schwermütig und auch am Berg einfach nicht imstande, die Alltagssorgen zu vergessen, sammelt unterwegs die Müllhinterlassenschaften anderer Wanderer auf, Elisabeth, ehemalige Krankenschwester, bewundert die Schönheit der Natur und wünscht sich für ihren Mann mehr Lebensleichtigkeit.

Etwas malade ist der schon etwas in die Jahre gekommene Lehrer Siegfried: Das Bergschuhwerk ist nicht recht eingelaufen, der Weg zu weit, zu steil, und überhaupt ist’s einfach Wahnsinn, sich derart anzustrengen, wenn doch im Tal im Wirtshaus was Gutes auf den Tisch kommt. Dem Ärger macht er tüchtig Luft – was Gattin Trudi nicht gerade glücklich macht. Für die Vegetarierin ist der Anstieg kein Problem, ebenso wenig wie für Henner. Gemeinsam steigen sie voraus, wobei das sich allerdings sein Sinnen mehr auf die fitte Lehrersgattin als auf den Gipfelsturm richtet.

Ins vertrauliche Wanderergespräch vertieft bleiben Frieda und Siegfried etwas zurück – und von Robert ist weit und breit gar nicht zu sehen. Muss man sich sorgen um den Bergradler? Auch im Watzmann-haus ist er noch nicht.

Da gibt’s statt Zivilisationskomfort beim Strom erst einmal Fehlanzeige, ansonsten Kachelofen, Gaskocher, an der Wand Hirschgeweih, Heilige, eine Watzmann-Idylle. Handy-Empfang? Fehlanzeige. Matratzenlager statt privater Zimmer – und unter einer Plane ein monströses Etwas.

Mit Wildhüterin und Bergrettern

Kaum ist die Truppe vollzählig – auch der Student und Klimaaktivist samt E-Bike – in der Hütte eingetroffen, wird’s da lebendig: Erst taucht Wildhüterin Luise Trenkle (Anna-Maria Feile, eine weitere 0815-Neue) auf, die’s aus dem Schwabenland ins Hochgebirge verschlagen hat, dann auch noch Bergretterin Janina (Larissa Gehringer, nach längerer Pause wieder dabei) und Rettungsassistent Matthias (Matthias Reuß) auf dem Rückweg von einem Einsatz.

Nix ist es mit der erhofften Privatsphäre in luftiger Bergeinöde, nicht allzu viel mit Wir und Friede, Freude, Eierkuchen: Da wird Fleischliebhabern Veganes vorgesetzt, nerven Fußgeruch, unterschiedlichste Ambitionen und Alleingänge. Wenn dann noch Seitensprünge im Spiel sind, ist im Hochgebirge Dramatik vorprogrammiert…

Die elf Darsteller, darunter – nicht mehr ganz überraschend – auch Weikersheims Rathauschef Nick Schuppert, präsentieren im Saal, vor und auf der Bühne ein heiteres Berg- und Lebensstück. Viele überraschende Wendungen, gekonnt ausgespielte Rangeleien, dramatische Zuspitzungen und köstlich alltagsnahe Situationskomik sorgten bei der Vorpremiere im Rahmen der Weihnachtsfeier des TSV Laudenbach für begeisterten Schlussapplaus.

Probleme mit Humor benannt

Mit humorgespitzter Feder hat Michael Weber-Schwarz das Stück „Der Berg ruft“ der Laudenbacher Amateurtheatergruppe 0815 auf den Leib geschrieben. Er pikst dabei nicht nur jede Menge alltäglicher Probleme und Problemchen auf, sondern es gelingt ihm und der Truppe auch, dem Publikum mit amüsanter Leichtigkeit den Klimawandel vorzuführen. Da ist es das Dosenpfand, das einen Wanderer zum Müllsammler macht, ist ein Klimaaktivist mit dem E-Bike auf Tour, da schimpft die Wildhüterin schwäbelnd über Wild- und Waldverlust und Bergretter schlagen sich mit wacklig werdenden Felsen herum. Ein altes Watzmann-Bild hängt an der Wand – ein Panorama, das sich Beobachtern von heute nicht mehr bietet: Das Gletscherweiß ist weg, entlang des alten Pfadidylls ist Wohlstandsmüll zu finden.

Zu schade, dass „Der Berg ruft“ nur kurz zu sehen sein wird: Aufgeführt wird der Dreiakter am Freitag, 5. Januar (19.30 Uhr), am Sonntag, 7. Januar (16 Uhr) sowie am Samstag, 13. Januar (19.30). Vor der Sonntagsaufführung (7. Januar) gibt es in der Zehntscheune bereits ab 14.30 Kaffee und Kuchen, bei den Aufführungen am 5. und 13. Januar öffnet der Saal eine Stunde vor Aufführungsbeginn. Für Bewirtung sorgt der TSV Laudenbach.

Info:

Karten gibt’s in der Volksbank in Laudenbach, Vorbestellungen sind auch telefonisch (dienstags und freitags von 18 bis 19.30 Uhr, Tel. 07934/8127) möglich.

Freie Autorin Berichte, Features, Interviews und Reportagen u.a. aus den Bereichen Politik, Kultur, Bildung, Soziales, Portrait. Im Mittelpunkt: der Mensch.

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