Weikersheim. Weit über die Felder zwischen Hof Aischland und dem Jüdischen Friedhof hallten am Freitag Bläserklänge: Der Posaunenchor Elpersheim unter der Leitung von Rolf Müller umrahmte mit Beethovens „Ode an die Freude“, Carl Maria von Webers „Leise, leise, fromme Weise“ und dem Beatles-Song „Let it be“ zum Abschluss des Flurneuordnungsverfahrens „Weikersheim – Hof Aischland“ die Enthüllung des Gedenksteins.
Der Stein, der das 2004 begonnene Verfahren würdigt, hat keine weite Reise hinter sich: Kaum 200 Meter entfernt fand man den Muschelkalkblock, der hier wohl schon Zeuge der ersten Urbarmachung des Geländes war. Jetzt kündet der Uralt-Gefährte von einem Verfahren, das mit seiner insgesamt 18-jährigen Dauer wohl kaum einen Wimpernschlag markieren dürfte.
Ein Jahrhundertwerk
Und doch: Es ist, so wie die meisten Flurneuordnungsverfahren, ein regelrechtes „Jahrhundertwerk“, so Robert Jakob, Präsident des Landesamts für Geoinformation und Landentwicklung, der der Festgesellschaft in der neuen Taubertalhalle in Elpersheim Grüße vom Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk überbrachte. Flurneuordnungsverfahren, so Jakob, nähmen im Bereich der Infrastrukturmaßnahmen eine Sonderrolle ein: Aufgrund ihres umfassenden, ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatzes seien sie ein Instrument, das flexibel auf die Anforderungen der Zeit und der regionalen Entwicklungen reagieren könne.
So begegne man durch die Schaffung und Erhaltung von Biotopen sowie landschaftspflegerische und die Biodiversität fördernde Maßnahmen dem Klimawandel und könne zugleich gesellschaftlichen Ansprüchen etwa auf Naherholungsmöglichkeiten gerecht werden. Dass derzeit der Versorgungsaspekt der heimischen Landwirtschaft wieder stärker in den Fokus rücke, verdeutliche, wie wichtig es sei, arbeitserleichternde Strukturen zu schaffen und zugleich ökologische Belange zu beachten.
Statt 429 nun 230 Flurstücke
Die Gesamtkosten des Verfahrens bezifferte Werner Pflüger, der bei der Feier nicht nur das Vermessungs- und Flurneuordnungsamt, sondern in Personalunion auch Landrat Christoph Schauder vertrat, auf 920 000 Euro. Bund, Land und EU förderten die Maßnahme mit gut 700 000 Euro, die Kommune steuerte 100 000 Euro bei, rund 121 000 Euro wurden aus Teilnehmerbeiträgen aufgebracht. Das sei „richtig angelegtes Geld“, das die Flächen über Jahre und Jahrzehnte deutlich aufwerte, so Landesamtspräsident Jakob. Eingestiegen in das 165 Hektar umfassende Verfahren waren 92 Teilnehmer mit insgesamt 429 Flurstücken. Nach Bodenwertermittlung und der auf dieser Basis erfolgten Neuzuteilung verbleiben nur noch 240 von 80 Beteiligten genutzten Flurstücke.
Nach drei benachbarten Verfahren – Schäftersheim, Laudenbach/Haagen sowie Elpersheim/Honsbronn – war das Aischland-Verfahren auf Initiative des seinerzeitigen Bürgermeisters Klaus Kornberger 2004 angeordnet worden.
Auch wenn sich das Gesamtverfahren mit 18-jähriger Dauer in die Länge zog, wurden, so Rüger, die Arbeiten zügig umgesetzt. Nach dem ersten Spatenstich 2015 erfolgte die Zuteilung bereits 2019. In dieser Zeit wurden 2,8 Kilometer befestigte sowie 2,3 Kilometer unbefestigte Wege ausgebaut oder komplett neu errichtet, zwei Hektar Fläche für Naturschutzzwecke gesichert und gestaltet sowie 1593 neue Grenzpunkte gesetzt.
Angelegt wurden 70 Ar Saumbereiche, die etlichen Arten Schutz bieten und wie auch die teilweise verpflanzten Feldhecken der Biotopvernetzung dienen.
„Mehrwert für die Natur“
100 Ar Grünland wurde neu angelegt oder in eine extensive Mähwiesen-Nutzung überführt, die unter Auflagen gepflegt und genutzt werden können – in der Summe, so die Verfahrensdokumentation, ein „deutlicher Mehrwert für Natur und Landschaft“.
Zum Dank für ihre 2005 nach der Vorstandswahl aufgenommene ehrenamtliche Tätigkeit überreichte Landentwicklungsamtspräsident Jakob dem Vorstandsvorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft Helmut Dollmann, seinen beiden Kollegen Martin Striefler und Franz-Josef Dertinger sowie ihren drei Stellvertretern Norbert Beck, Wilfried Schüttler und Egon Blum ihre von Minister Hauk persönlich unterzeichneten Ehrenurkunden.
„Nicht hoch genug schätzen“
„Die in der Flurneuordnung erbrachte Leistung aller Beteiligten kann nicht hoch genug geschätzt werden“, sagte anschließend Weikersheims Bürgermeister Nick Schuppert, der seitens der Kommune ein großes „Dankeschön“ an alle Geldgeber, Teilnehmer sowie alle an Planung und Umsetzung des Verfahrens beteiligten Ausführenden zum Ausdruck brachte.
Musikalisch umrahmt wurde die Feier in der neuen Taubertalhalle vom Gesangverein Elpersheim. Unter der Leitung von Günter Krieger gratulierten die als Winzer auftretenden stimmstarken Sänger mit dem Weikersheim-Lied zum gelungenen Abschluss des Flurneuordnungsverfahrens. Mit Weinliedern luden sie zur heiteren und von den Elpersheimer Landfrauen reich bewirteten Feier ein.
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