Walldürn. Als Ralf Marker sein Redaktionsbüro am 19. November betrat, war es plötzlich kunterbunt. Luftballons, Luftschlangen und sonstige Zierden schmückten Wände, Schreibtisch und Bildschirm. Man hätte meinen können, „Ralle“, so wie er meist von seinen Kollegen genannt wird, feiere einen runden Geburtstag. Weit gefehlt. Ein Schriftzug, der quer durchs Zimmer gespannt wurde, verriet den Grund der Dekoration: „Alles Gute zum Ruhestand“ war dort zu lesen. Es war sein letzter Arbeitstag. Am 31. Dezember ist offiziell Schluss. Nach 36 Jahren FN. Das rote Herzchen direkt nach dem Schriftzug verriet: Die Kolleginnen und Kollegen mochten ihren „Ralle“. Sie mochten ihn sehr. Er wird nicht nur der Redaktion Buchen, sondern den gesamten Fränkischen Nachrichten fehlen – nicht nur als Kollege, sondern auch als Mensch.
Ralf Marker wird die familiäre Arbeitsatmosphäre vermissen
„Sie werden mir aber auch fehlen“, sagt der 63-jährige Redakteur kurz vor seinem letzten Arbeitstag. Die Redaktion Buchen ist seit Jahrzehnten von einem ganz besonderen Geist beseelt. Marker formuliert ihn so: „Trotz der vielen Arbeit ging es stets familiär zu. Alle haben immer zusammengehalten.“ Ralf Marker war aber eine, wenn nicht sogar die treibende Kraft dieser besonderen Arbeitsatmosphäre. Mit seiner ruhigen, souveränen und ausgleichenden Art nahm er jeder Hektik und jedem aufkeimenden Zwist den Wind aus den Segeln. „Ralf strahlte immer Ruhe aus.“ Das ist der Satz, den man von aktuellen und Ex-Kollegen am meisten hört, wenn man sie danach fragt, was sie am Bald-Ruheständler so sehr schätzten.
Ralf Marker zeichnete sich aber nicht nur als Regulativ in der Redaktion aus. Vielmehr war er 36 Jahre lang ein fleißiger und innovativer Journalist, der vor allem die Walldürn-Seite mit vielen, vielen guten, bunten, aber auch kritischen Themen füllte. Dabei galt seine Maxime: „Dem Leser etwas bieten, was er vorher nicht wusste und dabei schneller und besser sein als die Konkurrenz – mindestens aber gleich schnell und gleich gut.“ Den Reiz des Lokaljournalismus definiert der scheidende Redakteur so: „Man macht jeden Tag etwas anderes. Diese enorme Bandbreite hält auch den Kopf fit.“
Elber, Dunga – und Bürgermeister Hollerbach
Am 1. Januar 1989 begann Ralf Marker sein Volontariat in der Redaktion Buchen. Später wurde er dort stellvertretender Redaktionsleiter. Seit April 1990 ist er für die Berichterstattung aus der Wallfahrtsstadt zuständig. Als er dem damaligen Bürgermeister Robert Hollerbach erzählte, dass er die Walldürn-Berichterstattung übernehme, sei der ihm vor Freude um den Hals gefallen, erinnert sich Ralle. Die Berichterstattung über Walldürn lag zu diesem Zeitpunkt nämlich brach. Hollerbachs spontane Umarmung ist einer von den drei Punkten, die Ralf Marker nennt, wenn er über die „Top 3“ in seinem Berufsleben spricht. Als zweites Ereignis hebt er den Wechsel von Augustinern zu Franziskanern in der Wallfahrtstadt Walldürn hervor. „Das war 2007, und ich habe die Geschichte lange recherchiert und sie dann auch zuerst gehabt“, erinnert sich der 63-Jährige. Und als drittes? Tja. Carlos Dunga und Giovane Elber waren mal in Gerichtstetten. „Ralle“ durfte die VfB-Stars dort begleiten und sprechen. „Das war natürlich etwas ganz Besonderes“, sagt er heute. Dazu muss man wissen: Ralf Marker ist leidenschaftlicher VfB-Fan.
Für den Redakteur war es stets ein Privileg, über seine Heimatstadt berichten zu dürfen. „Mir war es immer wichtig, Privates von Geschäftlichem zu trennen; das ist mir auch gelungen“, formuliert Marker seine Maxime. Schnell erarbeitete er sich das Vertrauen bei Amtsträgern und Bürgern der Wallfahrtsstadt, und dies auch alles unter dem allgemein gültigen journalistischen Leitsatz: Nicht alles, was einem erzählt wird, landet in der Zeitung. Auf seinen Ruhestand (Rente hört er nicht so gerne, denn „da fühlt man sich so alt“) hat sich Ralf Marker mit einem speziellen Tagebuch vorbereitet. „Darin habe ich notiert, was ich zum letzten Mal in meinem Berufsleben gemacht habe. So steht da auch der 10. November. Es war der letzte Sonntag, an dem er Redaktionsdienst hatte.
„Der letzte von etwa 1000 Sonn- und Feiertagsdiensten in meiner Zeit bei den FN“, hat Marker hochgerechnet. Und Stefanie Cabraja, seine Nachfolgerin in der FN-Walldürn-Berichterstattung, fügt mit einem Lächeln an: „Ich hatte unheimlich viel Angst vor meinem ersten Sonntagsdienst. Den hatte ich zusammen mit Ralf, und er hat mir jede Angst genommen. Dementsprechend war es für mich quasi eine Ehre, an seinem letzten Sonntagsdienst mit ihm zusammen zu arbeiten.“
Neu-Ruheständler hat bereits Pläne für die Zukunft
Und was kommt jetzt? „Als erstes freue ich mich darauf, mal Zeit zu haben“, sagt Ralle. Was er tatsächlich noch zusammen mit seiner Frau Sigrid angehen möchte: die Laufchallenge von Fabian Greulich und Michael Fürst aus dem Frühjahr selbst versuchen. Das heißt: Zehn Kilometer in einer Stunde laufen. „Das wollen wir schaffen, aber nicht in 40 Tagen“, sagt er mit einem herzhaften Lachen.
Ja, es war auch sein herzhaftes Lachen, mit dem er die Kolleginnen und Kollegen ansteckte. An einem stressigen Tag die richtige Balance aus Spaß und Ernsthaftigkeit zu mixen – das konnte er, der Ralf. Nun benötigt die Redaktion Buchen also einen neuen Mixer, einen neuen Mixer der Emotionen.
Die Kollegen sagen übereinstimmend: „Danke für alles, Ralf! Wir wünschen dir zusammen mit deiner Frau Sigrid alles Gute und viel Freude im Ruhestand. Komm gerne mal wieder vorbei, wenn du im Buchener Städtle bist!“
FN-Chefredakteur Fabian Greulich, selbst viele Jahre Redakteur in Buchen, fügt noch hinzu: „Ich kenne und schätze Ralf Marker seit meinem ersten Tag bei den FN im Oktober 1999. Er hat mich geprägt, wie er die gesamte Redaktion geprägt hat. Ralf war nicht nur immer da, wenn man ihn brauchte, er behielt auch immer die Ruhe und Professionalität, die es in unserem Job braucht. Dass das auch gerne mal mit einem Lächeln und einer ordentlichen Portion Humor einherging, hat uns allen sehr gut getan. Im Namen der gesamten Redaktion wünsche ich unserem ,Ralle‘ für den Ruhestand alles Gute, vor allem aber Gesundheit, denn die ist und bleibt immer noch das Wichtigste.“
Übrigens: An seinem letzten Arbeitstag, zwischen all den Zierden, hat es „Ralle“ nicht einfach mal locker auslaufen lassen, sondern sein „Zeug“ weggeschafft. Auch das sagt viel über ihn aus.
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