Wallfahrt zum Heiligen Blut

Eine Haltung der Freundschaft pflegen

Bischof Dr. Gerber predigte beim Pontifikalamt

Von 
ds
Lesedauer: 
Bischof Dr. Gerber hielt die Predigt beim Pontifikalamt am Mittwoch in der Wallfahrtsbasilika. © Bernd Stieglmeier

Walldürn. Im Anschluss an den Einzug und die Begrüßung der Pilgerinnen und Pilger aus dem Baunatal, aus dem Eichsfeld und aus Fulda fand am Mittwochnachmittag in der Walldürner Wallfahrtsbasilika ein von Bischof Dr. Michael Gerber (Fulda) zelebriertes Pontifikalamt statt. Stadtpfarrer und Wallfahrtsleiter P. Josef Bregula, OFM Conv. sagte, die Walldürner Wallfahrt „Zum Heiligen Blut“ stehe unter dem Leitwort: „Ich will Euch eine Zukunft und Hoffnung sein“ (Prophet Jeremia, Kapitel 29, Vers 11). Diese Zusage Gottes durch den Propheten Jeremia dürfe uns Menschen in der aktuellen schwierigen Zeit von Kriegen, Naturkatastrophen, Epidemien und anderen besorgniserregenden Geschehnissen in der ganzen Welt begleiten und uns Trost und Zuversicht geben.

Nach der Lesung aus dem Buch Ezéchiel und nach der Verkündigung des Heiligen Evangeliums nach Matthäus stellte Bischof Dr. Michael Gerber in seiner Predigt das Leitwort in den Mittelpunkt seiner Predigt. Dieses Wort von Jeremia habe dem sehr bedrängten Volk Israel einst eine Perspektive aufgezeigt, nachdem Jerusalem zerstört und die Elite des Volkes damals ins Exil nach Babylon verschleppt worden sei. Für das Gottesvolk damals sei dies eine furchtbare Katastrophe gewesen.

Zugleich habe das Volk auf eine lange Geschichte geblickt, bei der sich gerade die Verantwortlichen des Volkes damals sehr unglaubwürdig verhalten hätten – manche Parallelen also zur gegenwärtigen Situation des Volkes Gottes heute, ja auch zur Kirche heute ließen sich hier erkennen. Gerade daher sei es von besonderer Bedeutung heute: Was passiere in diesem Moment äußerster Herausforderung und äußerer Zerschlagenheit, was passiert im Volk?

Mehr zum Thema

Wallfahrtstag für Köln

Besuch des Gottesdienstes spendet Trost

Veröffentlicht
Von
ds
Mehr erfahren
Wallfahrt zum Heiligen Blut

Pilgerziel voller Freude erreicht

Veröffentlicht
Von
ds
Mehr erfahren
Wallfahrt zum Heiligen Blut

„Zu den Wurzeln des Glaubens zurückfinden“

Veröffentlicht
Von
ds
Mehr erfahren

Da werde durch die Worte des Jeremia wie ebenso durch die Worte bei Jesaja dem Volk eine Vision geschenkt. Schaue man zurück in die Geschichte Israels, so könne man feststellen, dass das Volk damals nicht aus eigener Kraft den Weg zurück ins gelobte Land gefunden habe, und auch nicht aufgrund irgendeines übernatürlichen und spektakulären Ereignisses.

Vision von Zukunft

Israel mache mit der Vision von Zukunft und Hoffnung die Erfahrung: Gott ergreift die Initiative durch einen Menschen der selbst nicht unseren Glauben teilt. Und doch führe uns dies tiefer in unseren eigenen Glauben, führe uns dieses Handeln des Fremden buchstäblich wieder in unser Land und in das Haus Gottes. Er persönlich glaube, dass gerade in unserer Zeit darin eine wichtige Botschaft für die unsere Kirche von heute stecke – nämlich dass man zur Minderheit werde.

Menschlich sei die Reaktion verständlich, man ziehe sich zurück, sammle die letzten Getreuen , schirme sich ab gegenüber denen, die dem katholischen christlichen Glauben gegenüberstehen würden. Der Weg im Zeichen von Zukunft und Hoffnung, der Weg Israels zur Zeit Jeremias und Jesajas sei ein anderer gewesen. Israel habe erfahren: Unseren Weg um Glauben, unseren Weg zur Mitte des Glaubens finden wir wesentlich dadurch, dass wir erkennen, dass Gott handelt durch Menschen, die unseren Glauben und unsere Überzeugung nicht teilen.

Ihn als Bischof von Fulda persönlich bewege gerade in diesen Monaten, die man als Kirche einmal mehr als spannend im Sinne von schmerzhaft erfahre, das Zeugnis eines weiteren Märtyrers, der am 8. Dezember 2018 seliggesprochen worden sei: Christian de Chergé. Er glaube, dass ihm gerade dieser Märtyrer als Bischof von Fulda ebenso wie der ganzen Kirche von Fulda aufgrund seiner Lebensgeschichte hin bis zu seiner Seligsprechung etwas zu sagen habe und eine Richtung anzeigen könne.

Für ihn persönlich sei das eine ganz eigene Parallele zu dem, was man hier in Walldürn feiere mit der Heilig-Blut-Wallfahrt. Christian de Chergé werde durch das Blut, das ein Andersgläubiger für ihn als Freund vergossen habe, tief hineingeführt in das Geheimnis dessen, der am Kreuz sein Blut für uns Menschen vergossen habe.

Auch wenn die Situation, in der Christian de Chergé gelebt habe, vordergründig so anders zu sein scheine, tiefgründig zeige ihm das eine deutliche Spur auch für uns als Kirche heute auf. Hier zeige sich eine Haltung der Freundschaft, die Unterscheidendes benennen könne und zugleich das Verbindende erfahre. Und genau diese Freundschaft habe bei Christian de Chergé und später auch bei seinen Gefährden zu einer existenziellen Vertiefung der Christusbeziehung geführt.

Er glaube, dass bei aller Verschiedenheit der äußeren Umstände diese Lebensgeschichte uns jene Spur von Zukunft und Hoffnung aufzeige, die man bereits auch schon bei den Propheten des Alten Bundes gerade angesichts des Exils und der Rückkehr aus dem Exil finde: Keine Angst davor zu haben, mehr und mehr zur Minderheit zu werden, uns kritisch anfragen zu lassen angesichts der Schuld, die wir als Kirche mit uns herumtragen würden, sowie den vielen Menschen zu begegnen, die nicht verstehen könnten, was uns im Glauben bewege.

Tiefe Sehnsucht

Es sei eine tiefe Sehnsucht, die uns umtreibe, dass es endlich wieder aufwärtsgehe mit der Kirche. Das Wort aus der Heiligen Schrift „wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt“ zitierend, war Bischof Gerber fest davon überzeugt, dass wir als Kirche von heute in diese Dramatik des Wortes vom Weizenkorn hineingestellt seien, in die Dramatik des Blutes Jesu Christi, das er für uns Menschen vergossen habe. „Haben wir keine Angst, uns in diese Spannung hineinzustellen, nichtwissend, wohin uns dieser Weg führt, uns persönlich und als Kirche. Ich bin überzeugt, das ist das Gebot der Stunde für uns als Christen hierzulande. Dass wir angesichts wachsender Polarisierungen und Fragmentierungen unserer Gesellschaft in jene Haltung hineinwachsen, die uns das Evangelium aufzeigt, in eine tiefe Haltung der Freundschaft, in eine Haltung, die sich ehrlich berühren lässt vom Schicksal der Anderen, in einer Haltung, die genau dadurch tiefer hineinwächst in die Beziehung zu Jesus Christus“. ds

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten