Odenwald-Tauber. Bei derzeit 299 Wahlkreisen in Deutschland sollte der Deutsche Bundestag eigentlich aus 598 Abgeordneten bestehen, die sich je zur Hälfte über Direktmandate und die Landeslisten rekrutieren. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Zahl der Überhangmandate jedoch kontinuierlich nach oben geschraubt. Die Folge davon waren zunehmende Platzprobleme im Plenarsaal des Reichstages und ein dadurch für viele aufgeblähtes Parlament.
Gedanken bislang ohne Erfolg
Seit Jahren machen sich die Parteien Gedanken dahingehend, diese Entwicklung einzudämmen und umzukehren – bislang ohne Erfolg. Jetzt aber scheint die Wahlkreiskommission dabei zu sein, Nägel mit Köpfen zu machen. Denn zumindest bei der Korrektur der Wahlkreise scheint schon mal Licht am Ende des Tunnels zu sein – mit einer endgültigen Entscheidung dürfte zeitnah zu rechnen sein. Demzufolge soll der bisherige Wahlkreis Odenwald-Tauber, übrigens der einzige Regierungsbezirk übergreifende in Baden-Württemberg, aufgelöst werden. Der Main-Tauber-Kreis würde dann künftig mit dem Hohenlohekreis gemeinsame Sache machen, der Neckar-Odenwald-Kreis dem Kreis Rhein-Neckar zugeschlagen.
„Die Wahlkreiskommission hat am 15. Juni ihre Arbeit aufgenommen. Sie hat ihren Bericht mit Änderungsvorschlägen zur Wahlkreiseinteilung dem Bundesministerium des Innern und Heimat bis spätestens 26. Januar 2023 vorzulegen“, teilt Pressesprecher Sascha Lawrenz auf FN-Anfrage mit. Sein Haus leite den Bericht dann unverzüglich an den Bundestag weiter.
„Der Bericht der Wahlkreiskommission enthält fachliche Empfehlungen zur Neueinteilung der Wahlkreise, an die der Bundestag jedoch nicht gebunden ist“, sagt Lawrenz weiter. Die Entscheidung über die Wahlkreiseinteilung treffe der Bundestag selbst durch Gesetz. Mit Inkrafttreten eines solchen Gesetzes ersetzten die neuen Wahlkreisabgrenzungen die alten und fänden für künftige Bundestagswahlen Anwendung.
„Das diesbezügliche Gesetzgebungsverfahren ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eingeleitet; dementsprechend steht auch kein Termin für die Endabstimmung des Bundestags über einen entsprechenden Gesetzentwurf fest. Die Wahlkreiseinteilung für die Wahl des 21. Deutschen Bundestages muss rechtzeitig vor der Bundestagswahl 2025 und dem vorangehenden Verfahren der Bewerberaufstellung feststehen“, erklärt der Ministeriumssprecher.
Mehrere Gesichtspunkte
Ziel der Arbeit der Kommission ist es, bundesweit die Zahl der Wahlkreise auf 280 zu beschränken – nach folgenden Gesichtspunkten: Der Wahlkreis soll ein zusammenhängendes Gebiet bilden. Die Grenzen der Kommunen sollen nach Möglichkeit eingehalten werden. Wahrung regionaler Besonderheiten einschließlich Übereinstimmungen mit Wahlkreiseinteilungen zu Landtagswahlen. Kontinuität der Wahlkreiseinteilung.
Im Ländle würde es bei Realisierung der Pläne ab 2025 zwei Wahlkreise weniger geben.
Nach Auffassung der Wahlkreiskommission biete es sich an, den einzigen Regierungsbezirk übergreifenden Wahlkreis 276 aufzulösen. Somit könnten dann in allen Fällen die Grenzen der Regierungsbezirke eingehalten werden. Die Auflösung der Konstrukts Odenwald-Tauber ließe sich dabei vergleichsweise gut und Landkreise respektierend umsetzen.
Durch die Auflösung des bisherigen Wahlkreises 276 resultierten auch gewollte Änderungen im Regierungsbezirk Karlsruhe, so die Auffassung der Kommission. Der Landkreis Neckar-Odenwald würde zum Wahlkreis 277 (Rhein-Neckar) hinzugefügt. Um einwohnermäßig nicht allzuweit von der Größe eines durchschnittlichen Wahlkreises entfernt zu sein, müssten einige Kommunen von Rhein-Neckar abgezwackt und dem neuen Wahlkreis 278 (Bruchsal-Schwetzingen) zugeordnet werden.
Bislang handelt es sich hierbei um Vorschläge der Wahlkreiskommission. Die zuständigen Gremien auf Bundes- und Länderebene werden sich zeitnah mit der Thematik befassen, nachdem das endgültige Resultat auf dem Tisch liegt, um so den Weg zu ebnen für eine rasche Entscheidung des Bundestages in Berlin.
„Der Deutsche Bundestag ist in den vergangenen Wahlperioden aufgrund der größeren Parteienvielfalt und der besonders dadurch bedingten Ausgleichs- und Überhangmandate erheblich gewachsen“, äußert sich Christoph Schauder, Landrat des Kreises Main-Tauber, gegenüber unserer Zeitung. Es sei sicher sinnvoll, wenn das Parlament einen neuen Mechanismus beschließe, der diese Entwicklung stoppe und die Größe des Bundestags wieder maßvoll verringere. Auch mit einem etwas kleineren Parlament könnten alle demokratischen politischen Auffassungen und alle Regionen gut vertreten werden – aber bei geringeren Kosten und damit mit einer mutmaßlich höheren Akzeptanz in der Bevölkerung.
Eng zusammengewachsen
„Wichtig ist mir, dass der Main-Tauber-Kreis auch in Zukunft mit einer starken Stimme in Berlin vertreten wird, unabhängig von der konkreten Lösung, die das Parlament letztendlich beschließen wird“, meint Schauder weiter. „Betonen möchte ich aber, dass der bestehende Wahlkreis Odenwald-Tauber in den vergangenen Jahrzehnten eng zusammengewachsen ist. Insoweit würde ich es natürlich sehr begrüßen, wenn der gemeinsame Wahlkreis mit dem Neckar-Odenwald-Kreis erhalten bliebe.“
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