Tauberbischofsheim. Der Himmel präsentiert sich blitzblau-blankgewienert, als die FN sich im Rahmen der Serie „75 Jahre – FN on Tour“ mit Volker Baumann zum Gespräch über seine Stadt treffen. Doch dem 55-Jährigen gefällt sie auch bei bleischwerem Schmuddelwetter. Denn hier leben die Menschen, die ihm wichtig sind, die ihm längst zur Heimat in der Heimat geworden sind.
Man muss sofort an Enid Blytons Jugendbuch-Klassiker denken, wenn er seine besten Kumpel aus Kindheit und Jugend aufzählt. Es sind fünf. Fünf Freunde, die mit ihm durch dick und dünn gingen und allesamt ebenfalls noch aus Überzeugung in Tauberbischofsheim leben. Wir laufen über den sonnenüberfluteten Marktplatz hin an die Stelle, wo seine Großeltern früher ihr Friseurgeschäft hatten. Hier hat er als Kind viel Zeit verbracht. Heute steht da ein modernes Gebäude.
Berlin war keine Konkurrenz
Die Manggasse, wo er als Kind oft und gerne mit seinen Freunden spielte, gibt es immer noch. Baumann besuchte die Grundschule West und das Matthias-Grünewald-Gymnasium, bevor er auf die private Friseurfachschule nach Duisburg wechselte. Aber selbst von dort aus fuhr er fast an jedem Wochenende nach Hause, um sich mit seinen Freunden zu treffen. Warum er nicht einmal länger im Ruhrgebiet bleiben wollte, fragen wir ihn. „Irgendwie hat es mich immer wieder nach Hause gezogen“, antwortet er. Auch die Berufsjahre im aufregenden Berlin und im charmanten Würzburg konnten seiner Liebe zu Tauberbischofsheim nichts anhaben.
Übrigens ist er auch nicht – wie viele andere hier – in Würzburg geboren, sondern kam im damaligen Krankenhaus an der Tauberbischofsheimer Schmiederstraße auf die Welt. Getauft wurde Volker Baumann in der Stadtkirche St. Martin, wo er auch seine Erste Heilige Kommunion feierte. Er war eigentlich immer da. Der treue, durchaus auch kritische FN-Leser erinnert sich noch gut daran, wie es früher am Brenner aussah – als es oberhalb der Schillerstraße nämlich „nur“ Wälder und Wiesen gab. Und er weiß noch, wie die imposante Autobahnbrücke über das Taubertal gespannt wurde.
Wir laufen weiter in Richtung Hexenturm, zu dem kleinen ruhigen Fleckchen Erde am Mühlkanal. Hier „ballen“ sich seine Lieblingsplätze. Die von einst, die für ihn auch heute noch zu den Sahnestückchen von Tauberbischofsheim gehören: der Schlossplatz, der Krötenbrunnen – hier war er als Teenager oft mit seiner Clique und den Mopeds anzutreffen, auf die sie alle stolz waren wie Bolle. Natürlich gehörte auch das frühere Schlosscafé zum „Hotspot“ der fünf Freunde. Und so verwundert es auch nicht, dass Baumann in seinem „Bischeme“ sesshaft wurde. Als Friseurmeister wagte er hier den Schritt in die Selbstständigkeit. Doch es war ihm stets wichtig, nicht nur hier zu leben, sondern auch etwas für die Stadt zu tun.
Im Stadion groß geworden
Nächste Station ist das Stadion. „Hier bin ich quasi groß geworden“, sagt er und schaut über das weitläufige Gelände. Hier kickte er selbst, verfolgte die Spiele des TSV Tauberbischofsheim und – im Sportheim – auch nervenzerreißende Finals der deutschen Nationalmannschaft. Heute ist er Vorsitzender des „Freundeskreises Bischemer Fußball“. Zudem führte er über zehn Jahre lang die „Bischemer Kröten“ an, wobei er einst zur Fastnacht kam „wie die Jungfrau zum Kind“, wie er lachend hinzufügt.
Seit zehn Jahren ist Volker Baumann auch Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Altstadtfests. Dieses Fest – stets am ersten Juli-Wochenende – bildet eine feste und besondere Größe in seinem Leben. Es liegt ihm sehr am Herzen, weshalb er sich in diesem Verein gerne auch weiter einbringen möchte: „Ich will dabei sein und dabei bleiben.“
Nach Corona, ist er sicher, wird das Altstadtfest „anders“ sein: „Aber wie anders? Wie geht es weiter? Wie könnte eine andere Konzeption aussehen?“, sinniert er nachdenklich. Es macht ihn nach wie vor stolz, dass das Fest der Feste von den Vereinen organisiert und veranstaltet wird, auch wenn man es inzwischen im Verbund mit professionellen Gastronomen stemme. Wie sieht er denn ganz allgemein die Zukunft „seiner“ Stadt? Volker Baumann lehnt sich an das Fußballtor und schaut über den knackig grünen Rasen. „Tauberbischofsheim hat auf jeden Fall noch Potenzial“, sagt er dann. Der Mann mit der Kappe als Markenzeichen wünscht sich, dass die Bürger noch mehr einbezogen werden, dass sie motiviert werden, an einer positiven Weiterentwicklung der Stadt mitzuwirken und „Ideen nicht einfach erst einmal in einer Schublade verschwinden.“
Natürlich kommen wir auch auf die berühmten Töchter und Söhne der Stadt zu sprechen. Er erinnert sich noch gut daran, als 1976 der Autokorso mit den Tauberbischofsheimer Olympiasiegern im Fechten quasi „fast direkt“ durch das Haus seiner Großeltern fuhr, so nah hat er sie alle gesehen. Emil Beck sei zudem ein Kollege seines Großvaters gewesen. Und er findet es gut, dass Menschen wie Generalbundesanwalt Dr. Peter Frank und IOC-Präsident Dr. Thomas Bach solch eine Karriere hingelegt haben. Baumann: „Egal wie man zu ihm steht – Thomas Bach, der in Tauberbischofsheim aufgewachsen ist, hat es geschafft, der wichtigste Sportfunktionär der Welt zu werden.“
Zum Schluss fahren wir noch zu einem seiner ganz besonderen Lieblingsplätze. Im Tannenwald, hoch über Tauberbischofsheim, steht die „Volker-Kanzel“, die ein weiterer Freund, Hubert Hartnagel, als Dankeschön errichtet hat.
Volker Baumann atmet die frische Waldluft ein, schaut ins Tal hinunter und sagt: „Es ist doch wunderschön hier, oder?“
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