Tauberbischofsheim. Für das laufende Kindergartenjahr ist sowohl die Betreuung der angemeldeten Kinder in den Krippen als auch in den Kindertageseinrichtungen von Tauberbischofsheim gesichert. Das ist die positive Nachricht, die Hauptamtsleiter Michael Karle bei der Gemeinderatssitzung am Mittwoch im Gründerzentrum verkündete. Sorgen bereitet ihm hingegen das kommende Kindergartenjahr 2023/24. Die Plätze für Kinder ab drei Jahren, die einen Rechtsanspruch auf Betreuung haben, reichen dann nicht mehr aus.
Mehr Geburten
Zum Hintergrund
Die 535 Kindergartenplätze in Tauberbischofsheim und den Ortsteilen kosten 5,3 Millionen Euro im Jahr 2023.
Die Kosten werden zu 39 Prozent vom Land, zu 36 Prozent von der Stadt, zu 18 Prozent durch Elternbeiträge, zu sechs Prozent durch den Träger und zu einem Prozent durch sonstige Zuschüsse finanziert.
Ein Kindergartenplatz kostet rund 9800 Euro im Jahr.
Wurden 2014 noch 93 Kinder im Gebiet der Stadt Tauberbischofsheim geboren, waren es 2017 bereits 111, ein Jahr später 112. 2019 machten die Geburten mit 122 einen Sprung nach oben, erreichten ein Jahr später 120, um in den folgenden zwei Jahren um jeweils eine zufallen. 2022 wurden demnach 118 Kinder geboren.
„Das ist eine erfreuliche Entwicklung, aber die Statistik besagt, dass es um das Jahr 2030 einen Knick geben wird“, so Michael Karle. Deshalb müssten Lösungen zur Kinderbetreuung für die kommenden Jahre gefunden werden, um einerseits die Nachfrage zu befriedigen und die städtische Pflichtaufgabe zu erfüllen, ohne andererseits in der Kernstadt neu zu bauen.
Warteliste
Während die Krippenplätze bei einer derzeitigen Betreuungsquote von 27,8 Prozent rechnerisch auch im kommenden Kindergartenjahr ausreichen werden und die Kindertagespflege hier zusätzlich abfedert, stehen im Evangelischen Kindergarten und im Kindergarten St. Martin bereits ab September dieses Jahres Kinder auf der Warteliste – im Waldkindergarten ab Januar 2024, in St. Lioba ab Mai 2024. Bereits jetzt können 16 vorgemerkte Kinder aus Gemeinschaftsunterkünften nicht in Kindertageseinrichtungen in der Kernstadt aufgenommen werden.
Plätze fehlen
Auch wenn sich die Situation in den Kindertageseinrichtungen in den Ortsteilen entspannter darstellt, fehlen beim Blick auf die Gesamtstadt ab April kommenden Jahres zunächst fünf, im Juni dann aber schon 28 Kindergartenplätze. Bezogen auf die Kernstadt mit ihren drei kirchlichen Kindertagesstätten und dem Waldkindergarten fehlen im kommenden Kindergartenjahr in der Spitze 73 Plätze.
Auch wenn die Möglichkeit bestünde, Kinder in den Ortsteilen betreuen zu lassen, komme das für Eltern aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht in Frage, erläuterte Michael Karle. Einige seien schlichtweg nicht mobil, bei anderen besuchten Geschwisterkinder bereits einen Kindergarten in der Kernstadt, so dass der Nachwuchs aus Elternsicht zusammenbleiben sollte.
Der Bedarf für mindestens zwei zusätzliche Kindergartengruppen besteht damit ohne Frage. In enger Kooperation mit den Kindergartenträgern habe man nach Lösungen gesucht, so Karle. Die Idee: Die Einrichtung zweier Naturkindgruppen mit verlängerten Öffnungszeiten und einer Betreuungsdauer von 32,5 Stunden pro Woche. Trägerin der ersten Gruppe wird der Evangelische Kindergarten sein, für die Trägerschaft der zweiten Gruppe werden derzeit noch Gespräche geführt.
Im Gemeinderat notiert
Kurz vor der konstituierenden Sitzung des am 5. Februar neu gewählten Gemeinderats stellte das amtierende Gremium fest, dass keine Hinderungs- oder Ablehnungsgründe bei den gewählten Bewerbern vorliegen.
Bei vier Nein-Stimmen und einer Enthaltung stimmte der Gemeinderat mehrheitlich zu, das Vorkaufsrecht für vier Flurstücke in der Badgasse nicht in Anspruch zu nehmen. Dabei handelt es sich um Grundstücke mit einer Größe von 42 bis 62 Quadratmetern, die fast vollständig bebaut sind. Die Häuser, von denen zwei bewohnt sind, weisen deutliche Mängel auf, eines steht unter Denkmalschutz.
Weil eine Zaunhöhe rund um einen Kindergarten einen Meter betragen muss, der am Kindergarten St. Martin aber nur 90 Zentimeter misst, muss er ausgetauscht werden. Daran beteiligt sich die Stadt Tauberbischofsheim mit einem Zuschuss von knapp 11 000 Euro, was 90 Prozent der veranschlagten Kosten entspricht. Das beschloss der Gemeinderat einstimmig.
Auch bei der Förderung des Cafeteriavereins am Matthias-Grünewald-Gymnasium war sich das Gremium einig. Es beschloss einhellig, den Verein vom 1. August bis Ende Dezember mit 7100 Euro und im darauffolgenden Jahr 2024 mit 17 000 Euro zu bezuschussen. Vorausgesetzt wird der Weiterbetrieb während der Generalsanierung. In dieser Zeit – ab Februar – steht dem Verein die Cafeteria für rund 20 Monate nicht zur Verfügung. Geplant ist, auch in dieser Zeit eine warme Mahlzeit sowie Snacks anzubieten. Gekocht werden soll in der Küche der Stadthalle.
Die Musiklehrerinnen und Musiklehrer an der Richard-Trunk-Musikschule erhalten ab dem Schuljahr 2023/24 mehr Geld.Für Lehrkräfte mit Diplom erhöht sich der Stundensatz von 25,70 auf 29 Euro, für Lehrer ohne Diplom von 23,70 auf 27 Euro. Das beschloss der Gemeinderat einstimmig.
Geschlossen vergab das Gremium die EMSR-Technik im Zuge der Sanierung des Rücklaufschlammpumpwerks und des Neubaus der Gebläsestation an das Grafenhausener Unternehmen Eliquo-Stulz zum Angebotspreis von rund 570 000 Euro. Ebenfalls einstimmig erfolgte die Vergabe der Maschinen- und Verfahrenstechnik an die Kuhn GmbH in Höpfingen in Höhe von rund 1,15 Millionen Euro.
Die Sanierung der Brunnen 3 und 6 in Impfingen vergab der Gemeinderat einhellig an die Brunnenbaugesellschaft Keller und Hahn in Insingen zum Angebotspreis von rund 391 000 Euro.
Bürgermeisterin Anette Schmidt gab bekannt, dass die Stadt der Nachbarschaftshilfe 1000 Euro zugedacht hat.
Michael Karle berichtete von konstanten Schülerzahlen an den Grundschulen. An der Realschule gebe es 62 Anmeldungen und damit 14 weniger als im Vorjahr. Es bleibe aber bei drei Klassen. Die Werkrealschule werde eine Klasse weniger haben. Positiv merkte er die Entwicklung am Matthias-Grünewald-Gymnasium an, das seit 1991 erstmals wieder die Vierzügigkeit erreiche. hvb
Ziel der Stadt ist es, den Kindern, die derzeit auf den Wartelisten stehen, eine Betreuungsperspektive zu bieten. Ein spezieller Bauwagen für die erste Gruppe soll angeschafft werden. Wie der Hauptamtsleiter berichtete, seien Flyer erstellt und im Evangelischen Kindergarten verteilt worden. Einige Eltern seien von dem Projekt so begeistert, dass sie überlegten, ihre Kinder vom Kindergarten in die neue Gruppe zu geben.
In der Natur lernen
Mit und in der Natur sollen Kinder neue Erfahrungen sammeln, einen respektvollen Umgang mit der Natur entwickeln, die Tier- und Pflanzenwelt kennenlernen und für Nachhaltigkeit und Umweltschutz sensibilisiert werden. Mit allen Sinnen sollen sie die verschiedenen Jahreszeiten erleben, toben, basteln und bauen mit und in der Natur. Geplant ist eine Gruppengröße von 20 Kindern.
Der Gruppe im Evangelischen Kindergarten soll im September zunächst im Container auf dem Kindergartengelände starten und nach Ostern kommenden Jahres in die Natur umziehen. Ein genauer Standort wird noch gesucht. Eine zweite Gruppe soll folgen.
Bürgermeisterin Anette Schmidt sprach von einer „Riesenherausforderung für die Stadt“. Sie ist sich sicher, dass mit den Naturkindgruppen eine gute Lösung erarbeitet wurde.
Fachkräfte sind rar
Kurt Baumann (CDU) sprach mit Blick auf die vielen Nationen, die in Kindertageseinrichtungen zusammenkämen, von einer „echten Herausforderung“. Das Hauptproblem bei neuen Gruppen sehe er in der Rekrutierung von Fachkräften. Bernd Mayer (Bürgerliste) fragte an, ob es bei immobilen Eltern nicht sinnvoll sei, Fahrdienste in die Kindergärten der Ortschaften zu organisieren. Anette Schmidt räumte ein, nachzusteuern, wenn Bedarf bestehe.
Christian Stolz (Freie Wähler) sieht die Stadt im Defizit bei den Kindergartenplätzen in der Kernstadt falsch aufgestellt. Millionenbeträge würden nicht richtig investiert, monierte er, und spielte damit auf die Neubauten in Hochhausen und Dittwar an. Die Lösung mit schnell verfügbaren Bauwagen erachtete er allerdings als gut.
Leonhard Haaf (Bürgerliste) gab sich als Befürworter von Kindergärten in den Ortsteilen zu erkennen. Er regte an, die dortigen freien Kindergartenplätze mit dem Argument einer noch besseren Betreuung zu bewerben. „Die Kindergärten in den Ortsteilen sind keine Kindergärten zweiter Wahl“, so sein Argument. Einige Eltern hätten sich bereits für einen solchen Schritt entschieden, so Anette Schmidt.
Letztlich stimmte der Gemeinderat einstimmig für die Bedarfsplanung und die präsentierte Lösung von zwei Naturkindgruppen.
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