Tauberbischofsheim. Der Tag von Miriam Schreck ist durchorganisiert. Die 33-Jährige sitzt in ihrem Büro im Hela-Julier-Turnerheim und plant die „#BeActive Fitness Night“, die am 23. September als Auftaktveranstaltung zur Europäischen Woche des Sports in der Wörthalle stattfinden soll. Seit November ist sie hauptamtlich als Halbtagskraft bei der Turnabteilung angestellt. „Projekt Zukunft Turnabteilung“ heißt das Modell, das auf zwei Jahre angelegt ist. Von den 2500 Mitgliedern des TSV sind rund 40 Prozent in der Turnabteilung aktiv. Damit ist sie die größte Untergruppierung des Vereins und bietet von den Kleinsten bis zu den Senioren ein umfangreiches Programm und Kursangebot an.
Druck wegnehmen
Warum leistet sich die Turnabteilung eine hauptamtliche Mitarbeiterin? Diese Frage musste das Vorstandsteam um Marianne Rutkowski in einer kontrovers geführten Diskussion den Mitgliedern beantworten. Einen ganz wichtigen Aspekt sieht Schreck in der Entlastung des Ehrenamts. Für einen Ehrenamtlichen sei der Aufwand neben Beruf und Familie kaum zu stemmen. Die Mutter von zwei Kleinkindern weiß, wovon sie spricht, ist selbst noch als Übungsleiterin aktiv. Bei den vielfältigen Belastungen noch Interessenten für die Vorstandsarbeit zu finden, werde immer schwieriger. „Durch das Hauptamt wollen wir den Druck wegnehmen und für mehr Attraktivität sorgen.“ Zudem gehe es auch um die Zukunftsausrichtung: Bei einem Wechsel im Vorstand sei die Kontinuität gewahrt.
Marianne Rutkowski, die nicht nur beim TSV, sondern auch auf badischer Ebene im Verbandswesen aktiv ist und war, hat diesen Blick von außen genutzt und sich für die hauptamtliche Stelle eingesetzt. Miriam Schreck ist nun halbtags für die Belange der Turnabteilung aktiv, kümmert sich um Bewegungsangebote und Hallenbelegung, um Anfragen und den tagesaktuellen Internetauftritt, um Übungsleitersuche, Organisation von Veranstaltungen und Initiierung neuer Gesundheitskurse. „Ich sehe mich als Ausführer und Ideengeber – immer in enger Abstimmung mit den Ehrenamtlichen.“ Und als Sprachrohr zur Stadt, wenn Fragen auftauchen. Zudem ist die Geschäftsstelle häufiger als vorher geöffnet und somit die persönliche Kontaktaufnahme verbessert.
Welche Vorteile hat die hauptamtliche Kraft? Beispiel Gymwelt Special „Frühlingsworkout“: Dieses Angebot sei zwar schon vor ihrer Zeit entstanden, die Organisation lag aber in den Händen der Vorsitzenden, die sich vom Flyer über den Veranstaltungsort um alles kümmern musste. Mittlerweile hat die hauptamtliche Mitarbeiterin das übernommen. Die Vorsitzende hat mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben.
Besonders im Blick hat Miriam Schreck bei ihrer Planung der unterschiedlichen Sportangebote die 20- bis 45-Jährigen. „Wir bieten mit unserem großen Portfolio viel, vor allem für Kinder und die älteren Mitglieder.“ Aber gerade junge Eltern will sie als Zielgruppe fördern, weil diese meist für Familie und Beruf zurückstecken.
Corona bereitet auch der Turnabteilung des TSV Tauberbischofsheim einige Sorgen. Denn während der Pandemie kamen nur noch die Hälfte der Teilnehmer, mittlerweile sei man bei drei Viertel. Das werde sich aber noch bessern, zeigt sich Schreck überzeugt.
Anstoßen will die 33-Jährige auch so manche Zusammenarbeit, etwa zwischen Verein und Betrieben, Verein und Senioreneinrichtungen oder Verein und Schule. Zugute kommen ihr bei der Arbeit ihr Sportstudium, aber besonders ihre hauptamtliche Tätigkeit beim Deutschen Turner-Bund. „Davon profitiere ich und auch der Verein.“
Noch ist das Modell auf zwei Jahre befristet. Im März 2023 soll eine Evaluation vorliegen und eine erste Bilanz gezogen werden. In dieser Zeit sollen die Vorteile einer hauptamtlichen Stelle herausgearbeitet werden. Dabei ist Miriam Schreck nicht die einzige Kraft, die sich die Abteilung leistet. Um die Mitgliederverwaltung kümmert sich eine 450-Euro-Kraft. „Wir sind in der Abteilung sowohl im Ehrenamt als auch in anderen Bereichen gut aufgestellt“, sagt die Tauberbischofsheimerin, die selbst im Verein ihre ersten Erfolge gefeiert hat.
Ist die hauptamtliche Unterstützung die Zukunft eines großen Vereins? Für Miriam Schreck laufen beide Fäden parallel. „Ich glaube, dass es auf Dauer notwendig sein wird, weil es immer weniger Personen gibt, die sich für das Ehrenamt zur Verfügung stellen.“ Auf dem Land sei dieses Modell noch nicht so häufig, in größeren Städten dagegen schon. Pro 1000 Mitglieder gebe es dort eine hauptamtliche Vollzeitkraft. Für den TSV Tauberbischofsheim wären das also 2,5 Mitarbeiter.
Miriam Schreck will zusammen mit dem Vorstandsteam die Turnabteilung weiter voranbringen. „Dazu braucht es frische Köpfe“, betont sie. „Wenn beide Seiten – Hauptamt und Ehrenamt – auf Augenhöhe agieren, kann dieses Modell gelingen.“
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