Tauberbischofsheim. Das Wetter war trüb, die Stimmung jedoch heiter. Am Samstag versammelten sich auf dem Gelände der ZG Raiffeisen in Tauberbischofsheim am Dittwarer Bahnhof rund 800 bis 1.000 Menschen zu einer gemeinsamen Kundgebung. Unter dem Motto „Wir brauchen Zukunft!!!“ demonstrierten sie gegen die wegfallenden steuerlichen Vorteile für die Landwirtschaft. Aber nicht nur Landwirte, sondern auch viele Bürger, die ihre Solidarität mit den Bauern teilen wollten, waren gekommen.
Neben dem baden-württembergischen Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, bezogen weitere Redner Stellung zur Situation.
„Wir möchten, dass das hier heute alles friedlich verläuft“, betonte Veranstalter und Initiator Rainer Schreck zu Beginn der Kundgebung. Sein Wunsch ging in Erfüllung, denn der Nachmittag verlief durchweg friedlich und freundlich.
„Für uns Landwirte liegen zwei Monate hinter uns, die von Demos und Aktionen geprägt waren. Wir sind aber noch nicht müde geworden“, stellte Schreck klar. Zusammen mit Christian Honikel, ebenfalls Veranstalter der Kundgebung, habe man deshalb die Idee entwickelt, verschiedene Redner an einem Ort zusammenzubringen, um gemeinsam über die Zukunft der Landwirtschaft zu sprechen.
Landwirte nicht in "rechte Ecke drängen"
In einer kritischen Auseinandersetzung mit der aktuellen Lage der Landwirtschaft eröffnete Jürgen Maurer, Vizepräsident des Landesbauernverbands Baden-Württemberg, seinen Beitrag mit der Frage: „Wo steht der Berufsstand Landwirtschaft?“. Er monierte die politische und gesellschaftliche Marginalisierung von Landwirten, die seiner Meinung nach ungerechtfertigt „zu stark in die rechte Ecke gedrängt“ würden, während sie tatsächlich eine zentrale Rolle in der Mitte der Gesellschaft einnähmen.
„Kaum ein Beruf steht so sehr in der Mitte der Gesellschaft, wie der des Landwirts“, betonte Maurer, der auf die breite Präsenz von Landwirten in kommunalen Gremien, im Landtag und in Vereinen hinwies.
Ampel in der Kritik
Maurer kritisierte außerdem die agrarpolitischen Entscheidungen der letzten Jahre und die „Unfähigkeit der Regierung“, eine nachhaltige Unterstützung für die Landwirtschaft zu etablieren. „Es war notwendig, dass wir auf die Straße gegangen sind“, erklärte er, mit Verweis auf Protestaktionen als Ausdruck des demokratischen Rechts.
Die Politik konzentriere sich zu sehr auf Nebensächlichkeiten wie die Legalisierung von Hanfpflanzen, anstatt sich den Kernproblemen der Landwirtschaft zu widmen. „Seit zwei Jahren hat es die neue Regierung in der Hand und kriegt es nicht auf die Reihe, etwas zu ändern – etwas Vernünftiges hinzubringen“.
Wirtschaftlichkeit erhalten
Des Weiteren forderte Maurer eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, um eine Landwirtschaft nach guter fachlicher Praxis zu ermöglichen, ohne durch überzogene Regulierungen belastet zu werden.
Die ständige Anpassung an neue Normen erschwere das wirtschaftliche Leben erheblich. „So kann man nicht wirtschaften“, mahnte er und forderte eine dringende Überarbeitung der politischen Strategie in Berlin.
Tauberbischofsheims Bürgermeisterin Anette Schmidt betonte, dass zu viel Zeit in organisatorische Aufgaben investiert werden müsse. Das führe dazu, dass „Bürokratie die Notwendigkeit erstickt, sinnvolle Aufgaben auszuführen“, so Schmidt.
Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg, lobte die jüngsten, friedlich verlaufenen Protestaktionen der Landwirte und unterstrich deren Bedeutung für eine lebendige Demokratie. „Genau das ist eine Protestkultur in einem demokratischen Sinn“, betonte er und ergänzte: „Den Landwirten schlägt viel Sympathie entgegen.“
Weiter erläuterte der Minister, dass das geplante Wachstumschancengesetz, das grundsätzlich auf eine steuerliche Entlastung der Wirtschaft abziele, die Landwirtschaft bezüglich der steuerlichen Vorteile für Agrardiesel ausschließe. Hauk positionierte sich klar gegen das Gesetzesvorhaben: „Wir werden diesem Wachstumschancengesetz nicht zustimmen, wenn die Regierung nicht klar signalisiert, dass die Agrardieselbeihilfe erhalten bleibt.“
Fehler bei der Entscheidung
Der Minister übte scharfe Kritik an der aktuellen Gesetzgebung, welche die Landwirtschaft nicht berücksichtige. „Die Landwirte haben Respekt verdient. Das erwarten wir auch von der Bundesregierung.“
Hauk äußerte zudem den Wunsch, dass die „grüne Partei“ ihre Haltung zu den gestrichenen steuerlichen Vorteilen überdenken und offen für vorhandene Argumente sein müsse. „Wir wollen einen Staat, der ein Stück weit Vertrauen in seine Bürger setzt, der Vertrauen da hineinsetzt, was Landwirte und Forstwirte können“, plädierte Hauk in Bezug auf die Regularien. Außerdem kritisierte er: „Der Staat begegnet seinen Bürgern mit Misstrauen und will sie am liebsten auf Schritt und Tritt kontrollieren.“
Abschließend appellierte Hauk an die Verantwortung der Bürger, die Landwirtschaft durch bewussten Einkauf regionaler Produkte zu unterstützen: „Am Ende kann jeder einen Beitrag leisten, mit dem, was er einkauft. Wer auf regionale Produkte setzt und diese bewusst einkauft, trägt auch dazu bei, dass regional produziert wird.“
Weitere Redner bei der Kundgebung waren am Samstag der Vertriebsleiter der ZG Raiffeisen-Niederlassung Tauberbischofsheim, Patrick Knüll, Bio-Schweinehalter René König, Thomas Lehr (Weinbau, Jakobshof) und Lars Wölfelschneider (Landmaschinenwerkstatt).
Veranstalter der Demo in der Dittwarer Straße in Tauberbischofsheim waren die Landwirte der Großgemeinde Königheim, unterstützt vom Kreisbauernverband Main-Tauber.
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