Tageselternverein

Main-Tauber-Kreis soll noch attraktiver für Familien werden

Der Tageselternverein (TEV) traf sich mit Kommunalpolitikern aller Kreistagsfraktionen in Tauberbischofsheim. Der Verein ging auf die Vorteile von Tageseltern ein - denn viele Familien wissen gar nichts von dem Angebot.

Von 
Diana Seufert
Lesedauer: 
Zum offenen Austausch über die Tagespflege trafen sich Vertreter des Tageselternvereins mit Kommunalpolitikern in Tauberbischofsheim. © Seufert

Main-Tauber-Kreis. „Es ist eine unheimlich wichtige Aufgabe“, sagt Bianca Daniel. Die Oberbalbacherin ist seit sieben Jahren Tagesmutter und im Tageselternverein des Main-Tauber-Kreises sehr engagiert. Meike Heberlein kümmert sich als Tagesmutter um Kinder, deren Eltern in der Gastronomie arbeiten. Die beiden wissen, dass sowohl Betreuungskinder als auch eigene Kinder vom gemeinsamen Spiel profitieren.

Offener Austausch des Tageselternvereins

„Tagesmutter ist aber weit mehr, als nur zu spielen.“ Dass noch nicht alle Eltern dieses Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren kennen, ist einer der Gründe, warum sie zum offenen Austausch des Tageselternvereins (TEV) mit den Fraktionen des Kreistags und Vertretern der Kommunen ins Büro des Vereins in die Tauberbischofsheimer Bahnhofstraße gekommen sind. Unterstützung kam von Christine Jerabek, Vorsitzende des Landesverbands Kindertagespflege in Baden-Württemberg, aus Stuttgart.

Kreis attraktiver machen für Familien mit Kindern

So wie es Bianca Daniel vor Jahren ging, als sie eine Betreuung für ihr Kind suchte, ging es auch Betty Schiefermeyer. Die Vorsitzende des Tageselternvereins kam damals aus Berlin in den Main-Tauber-Kreis und war das dortige gute Betreuungsangebot für unter Dreijährige gewohnt. Als berufstätige Mutter mit zwei Kindern fiel ihr Urteil eindeutig aus: „Katastrophe“. Auch sie wurde dann selbst Tagesmutter – und hat sich in die Betreuungsform verliebt, wie sie bei dem offenen Treffen eingangs betonte.

Modell Tageseltern

In Baden-Württemberg hat sich das Modell der Tageseltern etabliert. Insgesamt nutzen Eltern von 22 000 Kindern diese Betreuungsform, so Christine Jerabek, Vorsitzende des Landesverbands Kindertagespflege mit Sitz in Stuttgart. 17 000 Kinder sind unter drei Jahren. 2500 Kinder werden außerhalb der Kita-Öffnungszeiten betreut, 2500 Schulkinder kommen nach Unterrichtsende in die Betreuung. Damit werden rund elf Prozent der Kinder in der Tagespflege betreut.

Der Tageselternverein (TEV) im Main-Tauber-Kreis besteht seit 2002, ist gemeinnützig, konfessionell und parteipolitisch ungebunden. Als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe ist er Mitglied im Landesverband.

Etwa 80 Tageseltern sind im Kreis nach Angaben des Tageselternvereins aktiv. Rund zehn Prozent davon sind Männer. Tagesmütter oder -väter dürfen allein bis zu fünf Kinder betreuen. In Großtagespflegen mit zwei Betreuenden können bis zu neun Kinder betreut werden.

Die Qualifizierung im Kreis erfolgt über den Tageselternverein selbst sowie über externe Referenten. Für die Landesvorsitzende ein wichtiges Zeichen auch für die Qualität. In 300 Unterrichtseinheiten werden die Interessenten ausgebildet, 250 Einheiten davon sind praxisbegleitend.

Weiterbildungen sind Pflicht, ebenso die Kooperation mit der Fachberatung.

Informationen gibt es unter www.tev-main-tauber.de dib

„Unser gemeinsames Ziel ist es, den Main-Tauber-Kreis zu einem attraktiven Ort für Familien mit Kindern zu machen“, so Schiefermeyer. Tageseltern ermöglichten es sehr gut, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, ist sie überzeugt. Deshalb hob sie deutlich die Aufgaben hervor: Qualifikation der Tageseltern, Vermittlung von Betreuungspersonen und deren Betreuung durch Fachberater. Von einer „sehr sinnvollen Aufgabe“ sprach auch Geschäftsführerin Bianca Deckert. „Das ist mehr als nur ein Job.“

Fachberater stehen zur Seite

Wie die Unterstützung durch die Fachberater aussieht, erläuterten Franziska Wolf und Dirk Attenhauser. Sie stehen den Tageseltern von der ersten Idee bis zur Umsetzung zur Seite, helfen bei Qualifizierung und rechtlichen Fragen, prüfen aber auch stellvertretend für das Jugendamt, ob die Interessenten als Tagespflegepersonen überhaupt geeignet sind.

Die Kleinsten auf dem Weg ins Leben zu begleiten, ist für die Landesvorsitzende Christine Jerabek das Ansinnen. „Die frühkindliche Bildung ist wichtig und fängt deutlich früher an, als bis das Kind einen Stift in der Hand halten kann.“ Den Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsauftrag nehme man wahr. „Wir erzielen teils bessere Werte als die Krippen“, verwies sie auf wissenschaftliche Evaluierungen dieser Betreuungsform. Der Bindungsaufbau in den Gruppen von bis zu fünf Kindern für eine Tagesmutter oder einen Tagesvater erfolge genauso wie mit Erzieherinnen.

Sprachförderung der Kinder

Sie machte den Gästen deutlich, worauf der Fokus bei der Betreuung durch die Tageseltern liegt: Die umfangreiche Qualifizierung der Betreuungspersonen und die Sprachförderung der Kinder. Mit 300 Unterrichtseinheiten zur Qualifizierung und weiteren Fortbildungen sowie der fachlichen und persönlichen Beratung durch Fachberater vor Ort würden die Betreuungspersonen für ihre Aufgabe fit gemacht. Wie ein roter Faden ziehe sich – angepasst – der Orientierungsplan in den Kitas auch in der Qualifizierung durch.

Mehr zum Thema

Jugendhilfeausschuss

Eltern Hilfen früh an die Hand geben

Veröffentlicht
Von
hvb
Mehr erfahren
Tageselternverein

Kindertagespflegepersonen fit gemacht

Veröffentlicht
Mehr erfahren
Gemeinderat

Hardheim: Höhere Beiträge für Kindergarten

Veröffentlicht
Von
Martin Bernhard
Mehr erfahren

Für die Eltern bedeute das Modell mehr Flexibilität. Eine Krankenschwester, die um 6 Uhr in der Klinik beginnen müsse, könne nicht warten, bis um 7.30 Uhr die Kita öffne, machte Jerabek deutlich. Gerade Schichtarbeitende profitierten sehr. Noch drastischer sei es bei Eltern, die am Wochenende arbeiten müssten, wo keine Kita zur Verfügung stehe. „Da springen die Tageseltern ein.“ Ein Augenmerk legte sie auch auf ältere Kinder, etwa außerhalb der Betreuungszeiten in den Kindergärten oder nach Schulschluss.

Politisch sei die Betreuungsform der Tagespflege für unter Dreijährige in Baden-Württemberg anerkannt. Froh ist Jerabek, dass man auch in Berlin erkannt habe, diese Säule weiterzuführen.

Gute Unterstützung

Wenn sich Kommunen in der Kindertagespflege engagieren, ist das eine Freiwilligkeitsleistung, während Land und Kreis die Finanzierung übernehmen. Was sie aber leisten könnten, machte Annegret Heim aus Neubronn deutlich. Der alte Kindergarten wurde in Eigenleistung umgebaut, die Miete für die Räume gestundet. „In Creglingen und Weikersheim bekommen wir sehr viel Unterstützung durch die Kommunen.“ Sie appellierte an die Kommunalpolitiker: „Macht die Ohren auf, hört die Wünsche. Die Tagesmütter werden gerade im ländlichen Raum gebraucht.“ Das will auch Margarete Schmidt für Freudenberg erreichen, die das Vorstandsteam einlud, die Vereinsarbeit vorzustellen.

Die Bedeutung der Tageseltern unterstrichen die Kommunalpolitiker aller Fraktionen. Sie erkundigten sich nach dem Aufwand und der Arbeitszeit von Tageseltern, die selbstständig agieren. „Das ist eine Herausforderung“, so Betty Schiefermeyer. Denn die fünf zu betreuenden Kinder kämen und gingen nicht alle gleichzeitig. Teilweise arbeite sie bis zu zwölf Stunden.

Die Flexibilität war nicht nur für Kreisrat Rainer Moritz (Grüne) ein großer Vorteil, der vor allem den Eltern zugute kommt. „Die Betreuung endet nicht um 16.30 Uhr, sondern geht weit darüber hinaus.“ Gerade die Randzeiten abzudecken, sei nicht immer einfach, bestätigten die Tagesmütter. Für Ottmar Dürr (CDU) ist jeder Euro in den TEV gut investiertes Geld. „Auch im ländlichen Raum wird die Notwendigkeit eines unterschiedlichen Betreuungsspektrums immer größer.“

Der Tageselternverein stellte keine finanziellen Wünsche an die Vertreter des Kreistags – auch wenn man sich über mehr Gelder freuen würde. Vielmehr war es dem Vorstandsteam ein Anliegen, die Betreuungsform darzustellen und zu informieren, dass es neben der Krippe in der Kita noch andere Varianten gibt. Gleichzeitig warb man um Unterstützung für die Tageseltern. „Wir wollen die Kommunen mit unserem Angebot auch in Sachen Kinderbetreuung entlasten“, ergänzte Bianca Deckert. Schließlich könnten nicht spontan neue Kitas gebaut werden, wenn Bedarf bestehe. Diesen könnten die Tageseltern aber abdecken, waren alle überzeugt.

Bianca Daniel ist als Tagesmutter für die nächsten Jahre bereits ausgebucht. Sie betreut fünf Kinder und kennt das Dilemma von berufstätigen Eltern aus Erfahrung. Aus ihrer Sicht sollte daher das Angebot der Kindertagesbetreuung erweitert werden. Und da könnten Kreis und Kommunen einen wichtigen Beitrag leisten.

Redaktion Hauptsächlich für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim im Einsatz

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke