Photovoltaikanlagen auf dem Dach - Verbraucherschützer Matthias Bauer warnt vor unseriösen Anbietern, die Hausbesitzer zum schnellen Geschäftsabschluss drängen

Main-Tauber-Kreis: Betrügern nicht auf den Leim gehen

Der Landtag hat das Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht. Es sieht vor, künftig Photovoltaikanlagen auf Dächern zu installieren. Aber bereits jetzt mehren sich bei den Verbraucherzentralen Klagen über unseriöse Anbieter – auch in der Region.

Von 
Klaus T. Mende
Lesedauer: 

Odenwald-Tauber/Stuttgart. Nach der Entscheidung der Landesregierung steht nun fest, dass die Bürger verpflichtet sind, PV-Anlagen auf Dächer von Nicht-, aber auch von Wohngebäuden und – in einem weiteren Schritt – auf Gebäuden von grundlegend zu sanierenden Hausdächern zu installieren. Der Fahrplan: 1. Januar 2022: Nichtwohngebäude; 1. Mai 2022: Wohngebäude; 1. Januar 2023: grundlegend zu sanierende Dachflächen.

Schon jetzt sei, trotz aller politischer Vorgaben, höchste Vorsicht geboten, wenn sich designierte Bauherren oder Hausbesitzer konkret mit diesem Thema befassen, erklärt Matthias Bauer (kleines Bild), Abteilungsleiter Bauen, Wohnen, Energie bei der Verbraucherzentrale in Stuttgart, auf Anfrage den Fränkischen Nachrichten. „Immer wieder fallen bei Anfragen und Beschwerden von Verbrauchern die gleichen Unternehmensnamen auf. Auffällig sind Hahn Solar GmbH, Sun Xpress GmbH, die auch schon unter dem Namen MG Solar GmbH arbeitete, @utark24 GmbH und Jesag.“ Gegen die Firmen Hahn Solar und SUN Xpress liefen derzeit gar Abmahnverfahren wegen grob benachteiligenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Immer informiert sein

Die wichtigsten News des Tages

FN Mittags Newsletter - Jetzt anmelden!

Mehr erfahren

„Firmen rufen Verbraucher an oder bewerben ihre Angebote. Nach dem Erstkontakt schicken sie Vertriebsmitarbeiter zu den Leuten nach Hause, dort erfolgt der Vertragsschluss“, zeigt der Verbraucherschützer auf. Die Mitarbeiter seien geschickt geschult. Oft würden Hausbesitzer zum schnellen Geschäftsabschluss gedrängt. „Die Vertriebsmitarbeiter lassen den Käufern gar keine große Chance zum Überlegen und locken zudem mit Schnäppchenpreisen und hohen Rabatten.“

Alles andere als seriös

Besondere Vorsicht sei auch deshalb geboten, da die Unternehmen oft vorgäben, im Auftrag von lokalen Stadtwerken oder gar der Landesregierung anzurufen. „Das ist aber gar nicht der Fall – sie sind nicht seriös.“

Es werde dem Konsumenten zunächst verschwiegen, dass mit Arbeiterkolonnen aus dem Ausland gearbeitet werde. „Die auffälligen Solarteure sind in der Regel nur Dienstleister oder Vertriebsfirmen. Sie regeln den Einkauf der Module, des Befestigungsmaterials, DER Wechselrichter und so weiter“, gibt Matthias Bauer weitere Einblicke in die Branche. Für die Montage und den elektrischen Anschluss bedienten sie sich Monteure und Elektriker. Richtige Ladenlokale oder eine Werkstatt gebe es hingegen nicht.

„Für Verbraucher ist es daher sehr wichtig, vorab mehrere Angebote einzuholen und die Firmen genau zu prüfen“, teilt der Experte weiter mit. Die Firma Hahn Solar etwa agiere aus einem Wohngebiet heraus.

Zudem falle beim Vertragsschluss auf, dass Vorkasse verlangt werde. „Wir gehen von einem Werkvertrag aus, der gesetzlich eine Vorkasse nicht vorsieht. Gerade, da die Installation einer PV-Anlage eine Mischung aus Werkvertrag und Dienstleistungen ist, die sich aus der Lieferung und Installation der Solarmodule, der Verdrahtung der Anlage, des Einbaus des Wechselrichters, des Netzanschlusses mit der Meldung an den Netzbetreiber und der Meldung in das Marktstammdatenregister zusammensetzt, gehen wir von einem Werkvertrag aus, da dem Kunden der ,Erfolg’ wichtig ist. Er möchte eine funktionierende, Strom einspeisende Anlage erhalten“, sagt Bauer gegenüber unserer Zeitung.

Auch Bürger aus der Region Odenwald-Tauber scheinen auf diesem Gebiet bereits weniger erfreuliche Erfahrungen gemacht haben, wie Klaus-Bruno Fleck, geschäftsführender Geschäftsführer der Firma Tauber-Solar in Tauberbischofsheim, bestätigt. Solch fragwürdige PV-Anbieter „gibt es tatsächlich. Was wir bei Tauber-Solar mitbekommen, sind es zum einen Firmen, die ihren Vertrieb über das Internet machen und hier Solaranlagen anbieten“. Sie gingen mit aggressiven Preisen an den Markt, bauten die Anlagen „mehr recht als schlecht aufs Dach“ und suchten sich Fachfirmen, die die Anlagen elektrisch anschließen. Dies scheitere oft an Mängeln im Schaltschrank oder Ähnlichem, weil sich im Vorfeld kein Fachmann das Ganze angeschaut habe.

Mehr zum Thema

Tauberbischofsheim

Gegendarstellung

Veröffentlicht
Mehr erfahren
FN-Umfrage

Umfrage zu Anstand und Respekt: "Gesellschaft viel zu verwöhnt"

Veröffentlicht
Von
Klaus T. Mende
Mehr erfahren
Betroffener aus dem Taubertal

Daten- oder Identitätsdiebstahl: „Alarmglocken müssen sofort schrillen”

Veröffentlicht
Von
Klaus T. Mende
Mehr erfahren

Handschriftliche Angebote

Zum anderen gebe es auch in der Region Odenwald-Tauber Firmen, die von Haus zu Haus gingen und versuchten, PV-Anlagen zu verkaufen. Das Angebot erfolge meist handschriftlich auf einem „Bierdeckel“. „All dies ist völlig unseriös. Ohne dass sich eine Fachfirma Dach, Schaltschrank und Hausanschluss angeschaut, geprüft und ein vollumfängliches Angebot erstellt hat, ist das Errichten einer Solaranlage nicht möglich – und nicht seriös“, so Fleck weiter. Schließlich gebe es für Betreiber einer Solaranlage auch Pflichten, wie die vierjährige Anlagenprüfung. Werde sie nicht regelmäßig durchgeführt und es komme zum Schadensfall, werde sich hier eventuell die Versicherung querstellen.

Was die Solarpflicht auf Neubauten angeht, „sehen wir das Ganze grundsätzlich positiv, da wir hier enorm viel für den Klimaschutz erreichen können“. Es seien bereits jetzt Anfragen auch von Firmen eingegangen, die einen hohen Stromverbrauch hätten. Was Sorge bereite, sei, dass „wir bereits jetzt enorme Preissteigerungen haben, was Kabel und Solarmodule angeht – bis hin zu sich andeutenden Lieferengpässen“. Was ebenfalls zu schaffen mache, seien bei größeren Anlagen über 135 kwp die langen Zertifizierungszeiten, um die Anlagen später nachher anschließen zu können.

Verbraucherschützer Matthias Bauer kommt abschließend auf weitere Probleme zu sprechen, die nicht außer Acht gelassen werden sollten. „Verbraucher müssen wissen, dass der Bau einer PV-Anlage Pflichten mit sich bringt“, macht Bauer deutlich. „Sie gelten quasi als Kraftwerkbetreiber, der rechtliche Rahmen wird dabei durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt.“

Vor der Errichtung einer Anlage müsse die Anmeldung beim Netzbetreiber erfolgen (Netzverträglichkeitsprüfung). Die meisten Betreiber schlagen vor, einen Einspeisevertrag abzuschließen. Dieser sei nach dem EEG nicht nötig und könne für Anlagenbetreiber nachteilig sein, wenn er einseitige Haftungsbeschränkungen zugunsten des Netzbetreibers enthalte.

Eine Anmeldung zum Marktstammdatenregister bei der Bundesnetzagentur sei wichtig. Meldepflichtig seien die Inbetriebnahme, die Stilllegung, technische Änderungen oder ein Wechsel des Betreibers. Diese Pflicht bestehe im Übrigen auch für Bestandsanlagen. Zudem gebe es eine Steuerpflichtigkeit.

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten