Betroffener aus dem Taubertal - Maximilian V. hat mehrfach Inkasso-Schreiben bekommen – mit horrenden Forderungen / Verbraucherzentrale: „Augen offen halten“

Daten- oder Identitätsdiebstahl: „Alarmglocken müssen sofort schrillen”

Ein Mittvierziger aus dem Taubertal soll online mehrfach eingekauft und seine PayPal-Rechnungen nicht beglichen haben. Die Folge: Inkasso-Schreiben mit stattlichen Forderungen. Die Verbraucherzentrale Stuttgart rät zu großer Vorsicht.

Von 
Klaus T. Mende
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Wer bei einem mutmaßlichen Daten- oder Identitätsdiebstahl Inkasso-Schreiben mitstattlichen Forderungen erhält, sollte umgehend reagieren. © DPA

Odenwald-Tauber. Maximilian V. (Name von der Redaktion geändert) ist durchaus mal gerne digital unterwegs – und entdeckt beim Surfen auf diversen Plattformen das eine oder andere Schnäppchen, bei dem er zuschlägt. Er verfügt auch über ein PayPal-Konto. Doch er hat immer alle Transaktion im Blick und weiß stets genau, wann er was zu welchem Preis erworben hat, um das Konto rechtzeitig auszugleichen.

Mehrfach aufgeschreckt

Dieser Tage schreckte Maximilan V. allerdings gleich mehrfach auf. Denn innerhalb kürzester Zeit trudelten bei seiner Privatadresse mehrere Schreiben der Hamburger Rechtsanwaltskanzlei KSP ein – allesamt mit dem gleichen Inhalt. „Sehr geehrter Herr V., . . . , als Kontoinhaber sind Sie verpflichtet, einen negativen Kontostand gegenüber unserer Mandantin auszugleichen. Dieser Pflicht sind Sie nicht nachgekommen, obwohl PayPal den Ausgleich mehrfach bei Ihnen angemahnt hat, unter anderem mit Mail an die von Ihnen angegebene Adresse. Der Negativsaldo . . . beträgt 23 Euro.“ Und weiter heißt es: „PayPal hat uns beauftragt, diesen Negativsaldo gegen Sie geltend zu machen. Hierzu sind Verzugszinsen entstanden. Aufgrund Ihres Zahlungsverzuges sind Sie verpflichtet, die Verzugskosten zu tragen.“

Von 23 auf 100 Euro

Insgesamt kommen so stattliche 99,99 Euro zusammen – bestehend aus angeblichen Verzugskosten (23 Euro), Zinsen und kaufmännische Mahnkosten (0,55 Euro), Anwaltsgebühr (63,70 Euro) und Auslagenpauschale (12,74 Euro).

Soweit die Faktenlage. Das Ganze hat jedoch auf den ersten Blick schon mal drei ganz gravierende Fehler: Weder die persönliche E-Mail-Adresse von Maximilian V. noch die Daten des PayPal-Kontos entsprechen der Realität. „Und auch Mahnungen habe ich jeweils keine erhalten“, erklärt Maximilian V. im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten. Es steht also die Frage im Raum: Handelt es sich hierbei gar um Daten- oder Identitätsdiebstahl?

Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in der Landeshauptstadt Stuttgart mag dies zumindest nicht ausschließen. „In solch einem Fall ist es wichtig, die Augen offen zu halten und entsprechend zu reagieren.“ Er rät Betroffenen in solch einer Angelegenheit die Unterstützung eines Rechtsbeistandes in Erwägung zu ziehen und gegebenenfalls auch bei der Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten. Solch eine Masche sei nicht zu tolerieren.

Zweifelhafter Kanzlei-Ruf

Im Übrigen habe die genannte Anwaltskanzlei einen „zweifelhaften und grenzwertigen Ruf“. Wer von ihr Post erhalte, „bei dem sollten sofort die Alarmglocken schrillen“, so der Verbraucherschützer gegenüber unserer Zeitung, der in diesem Fall von einer „eigenartigen Geschichte“ spricht – und zwar in mehrfacher Hinsicht.

Nicht in Panik verfallen

Wer solche Schreiben bekommt, müsse nicht in Panik verfallen, sondern einen kühlen Kopf bewahren. Sticht zum Beispiel eine falsche E-Mail-Adresse ins Auge, sei dies allein schon ein Indiz dafür, dass jemand versuche, auf Kosten anderer Profit zu schlagen. „Betroffene, wie Herr V, sollten sofort dagegen vorgehen, indem sie die Anwaltskanzlei anschreiben mit der Forderung, sich zu legitimieren und deutlich darauf hinzuweisen, dass man keine Außenstände hat – und auf keinen Fall zahlen.“ Ebenso sei es wichtig, sich schnell dagegen zu verwehren, dass „Meldung an die Schufa gemacht wird, zumal dem Schreiben nicht eindeutig zu entnehmen sei, dass es sich hierbei um einen Inkasso-Brief handelt“. So fehle etwa der Hinweis auf die zuständige Überwachungsbehörde – ebenfalls ein Umstand, dass etwas faul sein dürfte.

Im Übrigen haben Inkassounternehmen keinerlei Sonderrechte. Sie sind deshalb weder berechtigt, Sachen einfach zu pfänden, noch Wohnungen oder Grundstücke zu betreten. Andernfalls machen sich die Mitarbeiter des Inkassobüros strafbar. Zum 1. Oktober tritt in Deutschland ein neues Inkassorecht in Kraft“, blickt der Verbraucherschützer nach vorn. Dies bringe für die Bürger einige Vorteile – unter anderem bei den Kosten – mit sich. Unabhängig davon sei es aber dennoch wichtig, wachsam zu sein und „das Ganze nicht auf die leichte Schulter zu nehmen“.

Drastische Steigerung

Die drastische Steigerung von 23 auf 100 Euro erscheint Matthias Bauer in Kombination mit der Art des angeblichen Inkassoschreibens „unbillig“. All das sei von Anfang an in Frage zu stellen. Bevor ein solcher Brief auf den Weg gebracht werde, sei es zunächst üblich, dass der Betroffene abgemahnt werde, so der Fachmann weiter. Und da dies in vorliegendem Fall wohl auch nicht erfolgt sei, spreche einiges dagegen, dass es mit rechten Dingen zugegangen ist. Grundsätzlich gelte der Tipp: „An Unbekannte, sei es am Telefon, via Briefverkehr, im Netz oder an der Haustüre, keinerlei persönliche Daten weitergeben.“ Denn dies öffne Lug und Betrug Tür und Tor.

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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