Tauberbischofsheim. Die bekannte Profi-Bergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner berichtet am Donnerstag, 30. November, um 19.30 Uhr in der Stadthalle Tauberbischofsheim von ihren spannenden Besteigungen. Dabei wird die Alpinistin, die am 13. Dezember ihren 53. Geburtstag feiert, auch die psychischen Aspekte beleuchten.
Die Oberösterreicherin ist die erste Frau, der es zwischen 1994 und 2011 gelang, alle 14 Achttausender ohne zusätzliche Sauerstoffunterstützung zu besteigen. Die Krönung war dabei sicherlich die Besteigung des zweithöchsten Berges der Erde des K2, die ihr beim siebten Versuch 2011 gelang.
Der Erlös der Veranstaltung geht zur Hälfte an die Nepalhilfe Beilngries und zur anderen Hälfte in die regionalen sozialen Projekte des Lions Club Tauberbischofsheim.
Frau Kaltenbrunner, Sie sind gerade erst von einem zweimonatigen Aufenthalt in Nepal zurückgekehrt. Verraten Sie uns, was Sie dort gemacht haben?
Gerlinde Kaltenbrunner: Die ersten drei Wochen durfte ich mit meinem Partner und 15 berg- und yogabegeisterten Menschen ein wunderschönes Trekking mit einer 6000er- Besteigung durchführen. Danach sind wir mit einigen Freunden noch im Dolpo, im Westen von Nepal, unterwegs gewesen. Davon hatte ich schon lange geträumt.
Das Lower Dolpo ist wunderschön und touristisch nur sehr spärlich erschlossen.
In dieser sehr armen und strukturschwachen Region liegt auch unser aktuellen Schulprojekt, das wir über die Nepalhilfe Beilngries unterstützen.
Wie fühlt es sich für Sie an, aus einer völlig anderen Kultur in die eigene Welt zurückzukehren? Ist das immer so einfach?
Kaltenbrunner: Nach zwei Monaten in großartiger Natur, abgeschieden und weit weg von Medien aller Art, reduziert auf das Nötigste, brauche ich immer eine gewisse Zeit, um mich hier wieder einzufinden. Dieses Mal bewegt es mich noch ein wenig mehr.
Bei der Rückfahrt mit dem Jeep kamen wir durch Dörfer, die Anfang November beim Erdbeben zerstört worden waren.
Viele Menschen vor Ort, die sowieso sehr wenig haben und teilweise noch ohne Strom und nur mit einem Küchen-Ofen leben, müssen jetzt, nachdem ihre Häuser entweder völlig zerstört oder einsturzgefährdet sind, im Freien unter einfachen Planen übernachten.
Dieser Winter wird für viele eine sehr harte Zeit werden.
Was haben Sie über sich selbst im Laufe Ihrer vielen Bergbesteigungen gelernt?
Kaltenbrunner: Ich habe viel über meinen Körper erfahren – was er braucht, um gesund und fit zu bleiben und vor allem, was ihm bezüglich der Ernährung gut tut und was nicht.
Geistig habe ich mich mehr und mehr kennengelernt und verstanden, dass man sich nicht von seinen Emotionen, sondern von seiner Intuition leiten lassen darf.
Ich habe gelernt, dass man sich in einer meditativen Haltung ebenfalls sehr gut erholen kann, dass man negativen Gedanken keinen Raum geben muss – in manchen Situationen nicht geben darf – und man mittels Aufmerksamkeit Energie und Wärme trotz eisiger Kälte in verschiedenste Körperteile senden kann.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass die eigenen Gedanken und Glaubenssätze ausschlaggebend für ein erfülltes oder eben nichterfülltes Leben sind.
Lernt man in den Bergen auch Geduld?
Kaltenbrunner: Das war eine meiner ersten Lektionen, die ich an den hohen Bergen lernen durfte. Man muss den richtigen Zeitpunkt abwarten können, um zu starten und um auch wieder gut und sicher zurückkehren zu dürfen. Ohne Geduld kommt man auf den hohen Bergen nicht weit.
Als was für eine Art Mensch, als was für einen Charakter würden Sie sich bezeichnen?
Kaltenbrunner: Von anderen höre ich, dass sie mich menschenfreundlich, aufmerksam, teamorientiert, konsequent, beharrlich und begeisterungsfähig sehen. Ich selbst sehe mich als ganz normalen Menschen.
Worin liegt für Sie der Reiz, die höchsten Berge der Welt zu besteigen? Was empfindet man auf dem Gipfel? Freude, Demut, Dankbarkeit gepaart mit einer unglaublichen Erschöpfung?
Kaltenbrunner: Die hohen Berge und die Regionen, wo diese Majestäten stehen, begeistern mich ganz besonders. Das Reduziertsein auf ein Minimum ist besonders erleichternd. Mit dem Nötigsten ein großes Vorhaben zu verwirklichen, ist sehr faszinierend für mich. Schon beim Unterwegssein im Aufstieg empfinde ich neben der großen Anstrengung auch Freude und bin sehr dankbar, überhaupt unterwegs sein zu dürfen. Am Gipfel erfahre ich oft Stille und fühle eben diese tiefe Dankbarkeit. Trotz großer Anstrengung bin ich am Gipfel immer hellwach, bewusst und tief berührt. Das Naturschauspiel lässt mich oft Zeit und Raum vergessen. Hier darf ich ganz in den Moment eintauchen.
Was sind Ihre nächsten Ziele, wovon träumen Sie?
Kaltenbrunner: Im Moment freue ich mich auf einen hoffentlich schneereichen Winter. Ich träume davon, noch sehr vielen Menschen, zum Beispiel durch Schul- oder andere Unterstützungsprojekte, hilfreich dienen zu können.
Einlass ist um 18.30 Uhr. Vor dem Vortrag und in der Pause bewirtet der Förderkreis des Lions Clubs Tauberbischofsheim die Besucher mit alpenländischen Spezialitäten. Karten gibt es unter „vobamt.de/lionstbb“ oder an der Abendkasse.
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