Tauberbischofsheim. Das Altstadtfest kann sich in diesem Jahr mit einem besonderen Gast schmücken: Der vegane und vom Gault Millau „gekrönte“ Koch, Patissier, Buchautor, Speaker und Gastrocoach Thomas Glässing wird bei der Rock ’n’ Roll-Abteilung ausschließlich vegane Speisen zubereiten. Im FN-Interview verriet er allerhand Erstaunliches.
Herr Glässing, wie kommt es denn, dass Sie Ihre Kochkunst in Tauberbischofsheim beweisen wollen?
Thomas Glässing: Ich habe 16 Jahre in Taubertal gelebt, mein Sohn wohnt immer noch dort. Volker Baumann, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Altstadtfests, fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, auf dem Fest zu kochen – und ich sagte sehr gerne zu.
Wie kamen Sie denn zum Kochen?
Glässing: Ich stamme aus einer Gastronomenfamilie in Lauffen am Neckar. Auch meine Oma und Tante in Tirol hatten ein Restaurant. Oft habe ich meiner Oma über die Schulter geschaut und dadurch früh das Interesse fürs Kochen entwickelt. Ihre Tiroler Küche war sensationell, ihr Gulasch ein Gedicht.
Nach Ihrer Koch- und Konditorlehre in einem Sterne-Restaurant studierten Sie Musik und machten eine Ausbildung zum Tonmeister. Warum schlugen Sie dann diese Richtung ein?
Glässing: Eigentlich hatte ich das schon immer vor. Doch meine Eltern meinten, dass Musik eine brotlose Kunst sei und wollten, dass ich erst einmal ein richtiges Handwerk erlerne.
Dann kam ich zur Bundeswehr nach Tauberbischofsheim, arbeitete dort als Koch, danach studierte ich über die Bundeswehr in Hilden Musik und wurde Kapellmeister. Danach war ich 30 Jahre als Tonmeister tätig, arbeitete unter anderem mit Sting, Joe Cocker, Peter Hofmann, dem Glenn Miller Orchestra und dem „Musikantenstadl“ zusammen.
Und dann wurden Sie krank . . .
Glässing: Ich stand kurz vor einer Leukämie, meine Werte waren im Eimer. Von Musikerkollegen wusste ich, dass sie vegan leben. Die rieten mir, das vor der Chemotherapie noch auszuprobieren. Was sie mir erklärten, klang einleuchtend für mich. Und so habe ich mich für diesen Weg entschieden. Ich wusste natürlich nicht, ob er gut endet oder nicht. Heute kann ich sagen: Das war die beste Entscheidung meines Lebens.
Doch 2017 gab es noch nicht viele vegane Produkte. Ich wollte mich vegan ernähren, wusste aber nicht, wie ich das am besten anstelle. Und so kam ich wieder zum Kochen. Ein befreundeter Arzt, den ich durch mein Musikstudio in Sonthofen kannte, schrieb mir: „Mach’ doch eine vegane Kochschule auf!“ Ich hätte fast zurückgeschrieben: „Ich glaub’, du spinnst!“ Dann erstellte ich auf Facebook eine Veranstaltung daraus und hatte in kurzer Zeit 62 bezahlte Anmeldungen. Aber ich hatte immer noch keine Ahnung – ich hatte ja gerade erst angefangen, vegan zu kochen.
Aber es hat offensichtlich funktioniert.
Glässing: Ja, ich baute das Musikstudio zu einem Küchenstudio um, knüpfte Kontakte zu einem Küchenhersteller und ehe ich mich versah, war ich dessen Repräsentant für die vegane Küche und habe in zwei Jahren 60 Kochshows gemacht. Außerdem eröffnete ich in Sonthofen, Stuttgart und Aalen vegane Restaurants, die zu Selbstläufern wurden. Das alles hatte ich überhaupt nicht geplant.
Und ein Buch über die Jackfruit schrieben Sie auch.
Glässing: Ja, das hatte ich vorher ebenfalls noch nie gemacht. Heute kann ich sagen, dass die vegane Küche meine Gesundheit gerettet hat. Meine Blutwerte sind bestens, mir geht es sehr gut.
Wie reagieren Sie aber auf Leute, die lieber ein „richtiges“ Schnitzel mit Pommes auf dem Teller haben?
Glässing: Alles hat seine Berechtigung. Es darf jeder selbst entscheiden, was ihm schmeckt und was ihm gut tut. Für mich ist eben die vegane Küche gut. Natürlich tut es mir wegen des Tierleids weh, wenn ich ein Schnitzel auf einem Teller liegen sehe. Ich bin zwar überzeugter Veganer, aber das gibt mir nicht das Recht, über andere zu urteilen. Ich möchte auch nicht, dass andere über mich urteilen, nur weil ich einen anderen Lebensstil habe. Ich bin jedoch kein großer Fan veganer Fertigprodukte, aber sie sind eine Alternative. Ich kann allen nur sagen: Probiert es einfach mal, seid offen dafür!
Was hat Ihre Krankheit sonst mit Ihnen gemacht, außer, dass Sie nun vegan leben?
Glässing: Ich bin demütig geworden. Im September werde ich 60 und habe mich als Person zurückgenommen. Mit geht es um die Sache. Ich möchte die Leute für diese Art der Ernährung begeistern und sie darauf aufmerksam machen.
Was bieten Sie denn auf dem Altstadtfest an?
Glässing: Mit meinem Team bereite ich unter anderem gebratene Camembert-Käseknödel, gebratene Schupfnudeln mit Käse-Sahne-Soße und verschiedene Risotti an.
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