Feier in Merchingen

Rückblick auf eine Erfolgsgeschichte

Aus Anlass 50 Jahre Beispieldorfsanierung wurde eine Linde gepflanzt

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Pflanzen der Linde mit von links Fritz Bopp, Bernd Otterbach, Klaus Leimbach, Minister Peter Hauk, Landrat Dr. Achim Brötel, Bürgermeister Ralf Killian und Ortsvorsteherin Anne-Katrin Kämmer. © Helmut Frodl

Merchingen. 50 Jahre Beispieldorfsanierung in Merchingen – zu diesem Jubiläum bei den Feierlichkeiten Jubiläum „Schloss Merchingen“ trafen sich viele Bürgerinnen und Bürger und Ehrengäste, an der Kirchentreppe, um gemeinsam als Erinnerung für dieses große Projekt eine Linde zu pflanzen.

Bürgermeister Ralf Killian sagte in seiner Begrüßung: „Die beste Zeit diesen Baum zu pflanzen, war vor fünfzig Jahren. Die zweitbeste Zeit ist jetzt und heute“. Er wünschte sich, dass dieser noch junge Lindenbaum mit seinen Wurzeln fest in der Erde verankert und mit seinem Stamm gesund in Richtung Himmel wächst, seine Blätter Schatten spenden und immer an die Veränderungen im Laufe der Zeit erinnert.

Nach der Pflanzung blickte man im Saal des Schlosses auf 50 Jahre Beispieldorfsanierung in Merchingen zurück. Die Feier wurde vom Gesangverein Merchingen unter der Leitung von Dirigent Volker Graseck gesanglich umrahmt.

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Wie Killian sagte, stand in der damaligen Flurneuordnung die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion im Vordergrund. Die Aussiedlung von landwirtschaftlichen Betrieben und die Neuordnung der freiwerdenden Flächen im Innenbereich war auch in Merchingen ein Thema. Der Strukturwandel war Auslöser für die damalige Entscheidung. Die landwirtschaftliche Situation habe sich in den zurückliegenden Jahren gravierend verändert.

In den Ortslagen finden sich nahezu keine landwirtschaftlichen Betriebe mehr, auch die damaligen Ansiedlungen werden heute nur noch in geringem Umfang landwirtschaftlich genutzt. Um die Aussiedlungen erhalten zu können, seien die Eigentümer und die öffentliche Hand auch in Zukunft gefordert. Gleiches gilt auch für den Innenbereich, der sich weiterentwickeln wird. Die Grundlagen hierfür wurden geschaffen.

Friedrich Bopp, Leiter des Flurneuordnungsamtes in Buchen, gab dann einen Rückblick auf 50 Jahre Beispieldorfsanierung, die im Dezember 1964 durch eine Dreierkommission begann. Er ging auf die Hauptmängel der damaligen Agrarstruktur ein. Um den Wegzug aus dem Dorf in die Stadt aufzuhalten, war eine völlige Neuordnung und Umgestaltung des ländlichen Raumes und insbesondere der bebauten Ortslagen auf dem Lande notwendig. Die Ziele der Dorfsanierung in Merchingen waren etwa Verbesserung der Agrarstruktur, leistungsfähige Familienbetriebe und gesunde Nebenerwerbsbetriebe, Auflockerung des Dorfes, Bereitstellung von Bauland, Schaffung von Grünflächen innerhalb der bebauten Gebiete, Flächen für kulturelle Einrichtungen. Bopp zeigte dann in seiner Präsentation Bilder der städtebaulichen Situation vor der Erneuerung im Jahre 1960. Im Laufe der Veränderungen wurden von 488 Gebäuden im Bestand 252, davon 85 Wohngebäude und 167 Scheunen abgebrochen, 98 davon 61 Wohngebäude und 37 Scheunen umgebaut und 138 blieben unverändert.

Aufgaben waren die bauliche Umgestaltung und Erneuerung, die Neuordnung und Verbesserung der Verkehrssituation und der gemeindlichen Versorgungseinrichtungen und die Schaffung von Mittelpunkten städtebaulicher und kultureller Art. Der Bebauungsplan 1963 sah vor den Ortskern als Mittelpunkt des Lebens zu erhalten. Als Fazit sagte Bopp, dass sich die Dreierkommission bewährt habe. Die Bevölkerung hat tatkräftig mitgewirkt, der Bürgermeister und die Gemeindevertreter standen hinter den Planungen. Merchingen habe sich in den letzten 50 Jahren vor der Dorfsanierung bis heute mehr als positiv verändert. Merchingen sei attraktiv und lebenswert, steht aber vor neuen Herausforderungen.

Viel für die Gemeinde erreicht

Gedanken über sein Heimatdorf machte sich Bürgermeister a.D. Horst Weber. Merchingen habe sich von einem landwirtschaftlich geprägten Dorf schon lange verabschiedet und die gewerbliche Infrastruktur hat sich deutlich verändert. Die „Tante Emmalädchen“ sind schon lange Legende. Heute werde ein neuer großer Lebensmittelmarkt gebaut, Gaststätten sind geschlossen. Heute heiße das Gebot der Stunde, Potenziale im Dorf wieder zu nutzen. Die Merchinger brauchen sich nicht zu verstecken, sie hätten viel für ihre Gemeinde erreicht und die Entwicklung werde weitergehen.

Minister Peter Hauk bezeichnete Ravenstein als ein Musterbeispiel für Dorfentwicklung und Flurbereinigung für alle Stadtteile. In Merchingen speziell nannte Hauk die innerörtliche Sanierung von Gebäuden und Wegen einschließlich des neuen Kessachtalradweges.

Landrat Dr. Achim Brötel lobte, die Beispieldorfsanierung Merchingens wurde sehr erfolgreich umgesetzt und habe sogar Flurneuordnungsgeschichte für ganz Baden-Württemberg geschrieben. Merchingen sei die ungekrönte baden-württembergische Hauptstadt der Flurneuordnung, denn in allen sechs Stadtteilen läuft derzeit ein Verfahren, vier davon sind Ortslageverfahren. Das Beste seien aber die Menschen, die hier leben und das Ehrenamt hochhalten. Wer sich in Merchingen und in der ganzen Stadt mit offenen Augen umschaut, sieht wirklich auf Schritt und Tritt das Bild eines Ortes, das zwar in und mit seiner Geschichte lebt, aber trotzdem die Zukunft fest im Blick hat.

Die Abschlussrede der Feierstunde hielt Ortsvorsteherin Anne-Kathrin Kämmer. Einer beispielhaften Dorfsanierung von 1960 bis 1972 folgte eine beispielhafte Schlosssanierung von einem außerordentlich geprägten Bürgerengagement. Entscheidend dabei war, dass es die Kümmerer gab, ohne die kein Projekt gelingt. Es verdiene besondere Anerkennung, dass sich Bürgerinnen und Bürger mit viel Herzblut und Engagement auch heute noch für den Erhalt eines solchen historischen Kulturgutes einsetzen. Der Dienstleistungsbetrieb und das Schlosshotel sind unerlässlich und leisten einen entscheidenden Beitrag zum Gemeindeleben. F

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